Niederösterreich

Landesinitiative "Natur im Garten" machte Wahlwerbung für Mikl-Leitner

Ein Brief zeigt, wie die vom Land Niederösterreich finanzierte Initiative „Natur im Garten“ Wahlwerbung für die ÖVP machte.

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Wie man den Acker bestellt, so trägt er, lautet eine Bauernweisheit. Dieses Prinzip ist auch in Niederösterreich bekannt, oder besser gesagt bei der ÖVP, die dort seit acht Jahrzehnten regiert.

Ein Beispiel dafür, wie Landesmittel für parteipolitische Zwecke genutzt werden, ist die Initiative „Natur im Garten“. profil berichtete ausführlich darüber, dass es bei der Aktion nicht bloß um die Liebe zur Umwelt geht. Nun liegt profil ein Brief vor, der diesen Verdacht weiter erhärtet.

„Natur im Garten“ wurde 1999 vom damals aufstrebenden Umweltlandesrat Wolfgang Sobotka (ÖVP) gegründet. Gemeinden und Hobbygärtner sollten ermuntert werden, auf Torf und chemische Pestizide zu verzichten. So weit, so löblich. „Natur im Garten“ bescherte dem heutigen Nationalratspräsidenten Auftrittsflächen – bei Gartenmessen, Preisverleihungen für die besten Gärtner des Landes und Kooperationen mit Gemeinden. Und „Natur im Garten“ sicherte Sobotkas Parteifreunden Jobs. Auffällig viele Positionen der inzwischen 50 Mitarbeiter zählenden „Natur im Garten GmbH“ sind mit ÖVP-Funktionären besetzt.

Offenbar trieb Sobotka bald die Frage um, ob ihm diese Initiative auch politisch nützt. Wie berichtet, erhob die Meinungsforscherin Sophie Karmasin in mehreren Studien fürs Land, wie bekannt und beliebt die Initiative ist. In einer der Umfragen, die mit öffentlichen Geldern bezahlt wurden, fragte sie die niederösterreichischen Hobbygärtner auch: „Verbinden Sie ,Natur im Garten’ mit einem politischen Repräsentanten? Mit welchem?“ Das Ergebnis fiel aus Sobotkas Sicht durchwachsen aus. Nur ein knappes Fünftel der Gärtner verband die Aktion mit einem Politiker. Immerhin unter diesem Fünftel erreichte er eine Mehrheit: „Wolfgang Sobotka“ (64 Prozent), „Erwin Pröll“ (23 Prozent) und „jemandem von ÖVP“ (17 Prozent).

Der Schweige-Präsident

Warum das Land für Fragen bezahlte, die nur parteipolitisch relevant sind, will Wolfgang Sobotka auch zwei Wochen nach der Enthüllung nicht beantworten.

Nun zeigt ein neues Schriftstück, warum es parteipolitisch von Vorteil sein kann, wenn schwarze Landesräte jahrelang Steuergeld über einer höchst populären Garten-Initiative aussäen.

profil liegt ein Schreiben vor, das allem Anschein nach im Vorfeld der niederösterreichischen Landtagswahl, die im Jänner 2018 stattfand, verschickt wurde. Inhaltlich handelte es sich dabei um eine klare Wahlempfehlung für die Volkspartei beziehungsweise deren Spitzenkandidatin Johanna Mikl-Leitner.

Gleich vorneweg: Der Unterzeichner des Briefs bestreitet auf profil-Anfrage gar nicht, die Wahlwerbung unter die Leute gebracht zu haben. Es handelt sich um Christian Rädler – seines Zeichens enger politischer Weggefährte Sobotkas, früher Obmann des Vereins „Natur im Garten“ und nun Aufsichtsratschef der „Natur im Garten GmbH“ des Landes.

Wahlaufruf für Mikl-Leitner

Als Vereinsobmann teilte Rädler damals auf „Natur im Garten“-Briefpapier mit, es gehe bei der Landtagswahl auch darum, die Zukunft der Initiative zu sichern: „Unsere Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner hat sich stets zur Aktion bekannt und nur mit ihr an der Spitze Niederösterreichs wird ,Natur im Garten’ jedenfalls auch in den nächsten fünf Jahren einen wichtigen Platz in Niederösterreich einnehmen können“, behauptete Rädler kühn: „Darum bitte ich Sie, Ihre Wahlentscheidung auch im Sinne von ,Natur im Garten’ zu treffen.“

Das Schreiben dürfte zumindest an die sogenannten „Schaugärtner“ der Initiative gegangen sein – eine dreistellige Zahl an Personen mit Multiplikatorenwirkung. Wie breit die Wahlempfehlung tatsächlich gestreut wurde, ließ Rädler auf Anfrage unbeantwortet. Nur so viel teilte er mit: „Als Obmann eines Vereines, der sich über 18 Jahre für Klimaschutz, Umweltschutz und die Ökologisierung von Gärten engagiert, unterstütze ich selbstverständlich alle Persönlichkeiten, die sich ebenfalls für diese Werte einsetzen.“

Christa Lackner, der Geschäftsführerin der „Natur im Garten GmbH“, war auf Anfrage noch wichtig zu betonen, dass die Initiative „für ALLE [sic!] Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher“ da sei, denn Umwelt und Klimaschutz kenne „keine Parteigrenzen“. Ob sich das bereits zu den politisch Verantwortlichen durchgesprochen hat?

Die Landtagswahl 2018 geriet aus Sicht der ÖVP jedenfalls zum Erntedankfest: Johanna Mikl-Leitner verteidigte die absolute Mehrheit. Erst im heurigen Jahr brachen dürrere Zeiten an – nun teilt sie sich die Macht mit der FPÖ.

Stefan   Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ).

Jakob Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef bei profil und leitet den Faktencheck faktiv.