Integration

Lehrer zum geplanten Kopftuchverbot: „Sollen wir es den Mädchen runterreißen?“

Die neue Regierung will das Kopftuch für Mädchen bis 14 verbieten. Besonders an Mittelschulen fragen sich Lehrerinnen und Direktoren, wie sie das im Klassenzimmer durchsetzen sollen.

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„Ich würde das Scheiße finden. Ich trage das Kopftuch, seit ich 12 Jahre alt bin. Ja, es gibt auch Mädchen, die es tragen müssen. Mich hat aber mein Vater nicht gezwungen. Außerdem trägt es die Lehrerin auch.“

„Ich bin eh schon 14 Jahre. Tragen tu ich es seit der Volksschule.“

„Wallah*, wenn das kommt, trage ich ab morgen Kopftuch!“

*arabischer Jugendslang für: „Ich schwöre.“

Dienstagnachmittag, Wien, Favoritenstraße. Mittelschülerinnen schlendern nach Schulschluss in Gruppen durch die Fußgängerzone. Die einen tragen Kopftuch, die anderen nicht. Auf die Frage, was sie vom geplanten Kopftuchverbot bis 14 halten, solidarisieren sich auch jene dagegen, die ihr Haar offen tragen.

Im Regierungsprogramm von ÖVP, SPÖ und Neos heißt es: „Ehrkulturelle Entwicklungen, wie das Tragen eines Kopftuches von Kindern, lehnen wir ab. Zum Schutz vor Segregation und Unterdrückung von unmündigen minderjährigen Mädchen wird ein verfassungskonformes gesetzliches Kopftuchverbot erarbeitet.“

Diese kurze Passage birgt gesellschaftspolitischen Zündstoff. Denn minderjährige Mädchen mit Kopftuch sind in urbanen Mittelschulen längst keine Einzelfälle mehr. Die Verschleierung beginnt teils schon im Volksschulalter. 

Die Regierung will dieser Entwicklung einen Riegel vorschieben und verhindern, dass unmündige Mädchen direkt oder indirekt zur Verschleierung gezwungen werden.

Doch wie werden Mädchen auf das Verbot reagieren, die das Kopftuch vom Selbstbild her freiwillig tragen? Wie erwachsene Muslime, die es als zentrales Symbol ihrer Religion sehen? Und wer setzt das Verbot durch zwischen Park und Schule?

Ein erster Stimmungstest unter den zuständigen Politikern, verunsicherten Lehrern und Direktoren sowie den betroffenen Muslimen selbst.

Clemens Neuhold

Clemens Neuhold

Seit 2015 Allrounder in der profil-Innenpolitik. Davor Wiener Zeitung, Migrantenmagazin biber, Kurier-Wirtschaft. Leidenschaftliches Interesse am Einwanderungsland Österreich.