Martin Kocher: Parteiloser Experte übernimmt das Arbeitsministerium

Der Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS) und Leiter des Fiskalrates, Martin Kocher, wird neuer Arbeitsminister. Er folgt der wegen Plagiatsvorwürfen zurückgetretenen Christine Aschbacher nach.

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Mit Martin Kocher übernimmt ein parteiloser, ausgewiesener Wirtschaftsexperte die Nachfolge der zurückgetretenen Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP). Während Aschbacher über eine Plagiatsaffäre gestolpert ist, kann der Ökonom und Hochschullehrer eine tadellose wissenschaftliche Karriere vorweisen. Der 47-jährige, gebürtige Salzburger leitet seit September 2016 das Institut für Höhere Studien und ist seit Juni 2020 auch Präsident des Fiskalrates.

Kocher ist zwar kein ÖVP-Mitglied, die ÖVP bediente sich aber mehrfach seiner Expertise. Auch bei einer Regierungsklausur trat er schon auf. Während Aschbacher aus der steirischen ÖVP stammt, hat Kocher seine Wurzeln in Altenmarkt im salzburgischen Pongau.

Derzeit bringt Kocher drei Jobs unter einen Hut. Neben der Leitung des IHS und des Fiskalrates, womit er quasi Wächter über Österreichs Staatsschulden ist, lehrt der Verhaltensökonom auch an der Universität Wien. In seiner Forschung beschäftigt sich Martin Kocher mit zahlreichen Themen aus dem Gebiet der experimentellen Verhaltensökonomie, die sich mit den psychologischen Grundlagen des ökonomischen Verhaltens befasst. Dazu hat er auch zahlreiche Bücher und Artikel verfasst. Er gilt als einer der aktivsten Forscher auf dem Gebiet der experimentellen Wirtschaftsforschung in Deutschland. So veröffentlichte er beispielsweise Arbeiten zum Einfluss von Zeitdruck auf individuelle Entscheidungen oder die Entwicklung von Präferenzen bei Kindern und Heranwachsenden. Auf dem Gebiet der Sportökonomik zeigte Kocher beispielsweise mit seinem Koautor Matthias Sutter, dass Schiedsrichter häufig zugunsten der Heimmannschaft urteilen, wenn diese zurückliegt.

Der am 13. September 1973 in der Stadt Salzburg geborene Kocher hat seine Wurzeln immer noch in Altenmarkt im Pongau, wo er seine Kindheit und Jugend verbracht hat und wohin es ihn regelmäßig zurückzieht. Der begeisterte Sportler läuft nicht nur gern Marathon, es zieht ihn auch immer wieder auf die Berge, im Sommer zum Bergwandern, im Winter zum Skifahren. Als Sohn zweier Skilehrer stand er schon mit drei Jahren erstmals auf Skiern, später auch im örtlichen Skikader. Es habe sich jedoch bald gezeigt, dass es für eine Karriere als Skifahrer nicht reichte, erzählte Kocher im Vorjahr den "Salzburger Nachrichten". Zudem gab es harte Konkurrenz, "Hermann Maier war in der Schule eine Klasse über mir, Michael Walchhofer zwei Klassen unter mir".

Nachdem er in der Schule eine vorwissenschaftliche Arbeit über Adam Smith geschrieben hatte, war sein Weg zur Ökonomie vorgezeichnet. Nach journalistischen Versuchen bei den "Pongauer Nachrichten" zog es Kocher nach Innsbruck zum Studium der Volkswirtschaftslehre. Dort lernte er seine Frau kennen, mit der seit 2003 verheiratet ist.

Seine Karriere führte Kocher über die Uni Innsbruck für zwei Jahre nach Amsterdam und 2010 ins englische Norwich an die University of East Anglia, bevor er dem Ruf der renommierten Ludwig-Maximilians-Universität in München folgte. Dort lehrte er als Professor für Verhaltensökonomik und experimentelle Wirtschaftsforschung, daneben war er Gastprofessor in Göteborg und an der University of Queensland im australischen Brisbane. 2016 ging Kocher ans IHS nach Wien. Seit 2017 unterrichtet er zudem an der Universität Wien, weil ihm die Verbindung zur Wissenschaft und die Betreuung von Doktoranden wichtig sei. Und seit Juni 2020 ist er auch Präsdient des Fiskalrates.