Franceschini
Die Corona-Pandemie 2020 war ein absoluter Notfall, das war jedenfalls ein Faktor. Aber es gab so viele Hinweise auf Ungereimtheiten: Auf Kartons aus China stand etwa ursprünglich nur „civil use“. Die waren nicht für einen medizinischen Einsatz gedacht – genau dafür hatte es die Republik aber eingekauft. Daraufhin wurden schlicht die Verpackungen geändert. Da gehen wir schon in die Nähe strafrechtlicher Verfehlungen. Sowohl auf der Seite der Verkäufer als auch der Käufer.
Nun sieht sich Österreich getäuscht: Die Einkaufsgesellschaft des Roten Kreuzes und die Südtiroler Firma „Oberalp“ hätten gemeinsame Sache gemacht, um der Republik mangelhafte Ware zu verkaufen. Stimmt das?
Franceschini
Dieser Vorwurf muss erst vor Gericht bewiesen werden. Es fällt aber auf, dass bei der Einkaufsgesellschaft des Roten Kreuzes ein großes Entgegenkommen in Richtung „Oberalp“ gegeben war. Man verkehrte über private E-Mail-Accounts, um nicht ins Visier der Ermittler zu geraten, sah über klare Vertragsverletzungen hinweg – und gab „Oberalp“ Tipps, wie die Firma mit Österreich im Geschäft bleiben könnte.
Was hatte das Rote Kreuz davon?
Franceschini
Die Tochterfirma des Roten Kreuzes arbeitete mit Geldern des Bundes und erhielt für jeden Kauf 1,5 Prozent Deckungsbeitrag. Gab der Staat viel aus, verdiente das Rote Kreuz auch viel. Das könnte Einfluss auf Entscheidungen gehabt haben.
Sind nicht die chinesischen Hersteller schuld an der mangelhaften Ware?
Franceschini
Ich glaube nicht. Die Chinesen haben offen kommuniziert und immer darauf hingewiesen, was sie liefern können und was nicht. Sie haben etwa nie behauptet, eine EU-Zertifizierung zu haben. „Oberalp“ hat dann etwas verkauft, das man nicht bekommen hat. Ob aus Unwissenheit oder Vorsatz, wird sich klären.
Gibt es neue Entwicklungen in Italien?
Franceschini
Es gibt seit Kurzem ein Ermittlungsverfahren gegen mich und meinen Co-Autor, weil wir in unserem Buch geheime Akten offengelegt hätten. Es erschreckt mich, dass man gegen uns Journalisten vorgeht und die eigentliche Geschichte auf die lange Bank schiebt: Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bozen gegen die Firma „Oberalp“ ziehen sich nun seit vier Jahren. Ob es zu einer Anklage kommt, ist noch immer offen.