POLIZEILICHE AMTSHANDLUNG, TABORSTRASSE WIEN: „Ich filme Sie auch einmal bei der Arbeit.”
Lob der Beschwerde

Maßnahmenbeschwerden gegen die Polizei: Lob der Beschwerde

Warum ein Rechtsanwalt "Fan" von Maßnahmenbeschwerden gegen die Polizei wurde.

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Der Wiener Rechtsanwalt Clemens Lahner führte schon viele Maßnahmenbeschwerden gegen die Polizei. Mal ging es um eine unerlaubte Ausweiskontrolle, mal um eine Wegweisung oder eine Festnahme, die nicht rechtens erschien. Vor dem Verwaltungsgericht wiederholen sich mitunter die immer gleichen Dialoge, so Lahner: Die Polizei argumentiere, die Amtshandlung sei in Wahrheit völlig anders abgelaufen. Oder – Variante zwei – sie hätte dem Gesetz genügt. Überraschungen kommen immer wieder vor.

Vor etwa einem halben Jahr saß profil-Redakteurin Edith Meinhart in einem Gastgarten im 2. Wiener Gemeindebezirk, als sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine Amtshandlung entspann. Neun Polizistinnen und Polizisten umringten einen Schwarzen. Meinhart filmte mit ihrem Handy von der gegenüberliegenden Straßenseite aus die Szene ein paar Minuten lang mit – und musste sich danach ausweisen.

profil berichtete darüber am 11. August 2019; Lahner reichte eine Maßnahmenbeschwerde ein. Es war ein Allerweltsfall, nichts Aufregendes war passiert, gerade deshalb eignete er sich als Lehrstück. Die Judikatur ist inzwischen eindeutig: Es ist verboten, die Polizei bei der Arbeit zu stören, Amtshandlungen zu filmen, ist jedoch erlaubt – und per se noch kein Grund für eine Identitätsfeststellung. Die Landespolizeidirektion sah das – zur Verblüffung des Anwalts – in diesem Fall auf Anhieb genauso. Man habe, so Lahner, „bei der ersten Gelegenheit zugegeben, dass die Identitätsfeststellung stattgefunden hat, obwohl dafür kein Grund vorlag, und sich dadurch wesentlich höhere Verfahrenskosten erspart“.

Der Wiener Rechtsanwalt ist inzwischen so etwas wie ein bekennender Fan der Maßnahmenbeschwerde, weil – anders als bei einem Strafverfahren – am Ende niemand verurteilt wird, niemand sein Gesicht oder gar seinen Job einbüßt. Im günstigsten Fall stößt sie sogar einen Lernprozess an. „Wenn das Verwaltungsgericht der Exekutive immer wieder auf die Finger klopft, führt das irgendwann dazu, dass sich etwas ändert“, glaubt Lahner. Dass die Wiener Polizei heute „wesentlich besser als vor 30 Jahren“ arbeite, liege auch daran, „dass sich Menschen über Ungerechtigkeiten beschwert haben“. Und dass sie – wie im Fall der profil-Redakteurin – auch Recht bekommen haben.