Menschen 2014: Ex-"ZiB"-Moderator Eugen Freund
Es war kein gutes Jahr für Werner Faymann. Am deutlichsten sieht man das an jenen Projekten, die der Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzende ursprünglich für eine Bombenidee gehalten hatte - die EU-Kandidatur von Eugen Freund zum Beispiel.
Der ehemalige "ZiB"-Moderator sollte ein wenig Glamour in den für gewöhnlich drögen Europa-Wahlkampf bringen. Da er gerade pensioniert worden war, stand er zur Verfügung. Eugen Freund war bekannt und beliebt, galt als seriös und politisch bestens informiert. Was, bitte schön, sollte mit einem solchen SPÖ-Spitzenkandidaten schiefgehen?
Es lief dann leider nicht optimal. Bei der Wahl zum Europaparlament gewann die SPÖ knickrige 0,4 Prozentpunkte dazu. Insgesamt 24,1 Prozent der Stimmen reichten wieder nur für den zweiten Platz hinter der ÖVP. Und im Wahlkampf hatte weder Eugen Freund der Partei gutgetan - noch umgekehrt.
"Ich weiß es nicht - ungefähr 3000 Euro?"
Dass man sich die eigenen Spitzenkandidaten vor deren Kür etwas genauer ansehen sollte, bemerkte die SPÖ schon recht bald. Eugen Freund hatte in seinem Leben viele Interviews gemacht - aber stets in der Rolle des Fragestellers. Die Erfahrung auf der anderen Seite des Tisches fehlte ihm. Und so geriet sein Antrittsinterview in profil ungewollt zur großen Beichte. Die Öffentlichkeit erfuhr unter anderem, wie unglaublich eitel man beim ORF werden kann. "In Amerika werden mit Gesichtern wie meinem Autobusse plakatiert, um für den Fernsehsender zu werben. Sage ich in aller Bescheidenheit", erklärte Freund. Außerdem stellte sich heraus, dass er vom Leben der einfachen Leute - immerhin die Kernklientel der Partei - wenig Ahnung hatte. Auf die Frage, wie viel ein Arbeiter im Schnitt verdiene, musste Freund schätzen. "Ich weiß es nicht - ungefähr 3000 Euro?" Den Hinweis, dass es nur 2000 seien, und auch das nur brutto, quittierte er lapidar: "Das ist sehr wenig. Aber ich glaube nicht, dass ich etwas dafür kann."
Nach diesem heftigen Stolperer zum Auftakt schleppte sich Eugen Freund durch den Wahlkampf. Bei jedem Auftritt sah man ihm an, wie unwohl ihm in dieser Rolle war. Das fiel auch den Genossen auf. Josef Broukal, ebenfalls Ex-ORF-Star und Ex-SPÖ-Mandatar, pflanzte den Kollegen bei einer Veranstaltung genüsslich: "Gell, das glaubt man nicht, wenn man auf dem Küniglberg in ein schwarzes Loch schaut, dass es Menschen aus Fleisch und Blut gibt."
Als EU-Parlamentarier dürfte sich der 64-Jährige dem Vernehmen nach aber recht wohl fühlen. Wenigstens für ihn hat sich das Abenteuer gelohnt.