Mikl-Leitner nach Wahl zur Landeshauptfrau: "Kompromiss ist keine Niederlage"
Mit dünner Zustimmung ist Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Donnerstag bei der konstituierenden Sitzung des niederösterreichischen Landtags als Landeshauptfrau bestätigt worden. Sie erhielt 24 von 41 gültigen Stimmen. In 15 Fällen wurde ungültig votiert, 14 dieser Stimmen dürften von der FPÖ gekommen sein, die Mikl-Leitners Wahl so ermöglichte. Zu LH-Stellvertretern wurden Stephan Pernkopf (ÖVP) und Udo Landbauer (FPÖ) gekürt. Vor Eröffnung der Sitzung gab es Proteste.
Auf sich vereint haben dürfte Mikl-Leitner letztlich nur die Stimmen ihrer 23 ÖVP-Parteikollegen samt einem weiteren Votum. SPÖ, NEOS und Grüne hatten bereits im Vorfeld grundsätzlich angekündigt, sie nicht zur Landeshauptfrau wählen zu wollen. Die Freiheitlichen gingen trotz des Arbeitsübereinkommens mit der Volkspartei - angekündigter Weise - den Weg der ungültigen Stimmen.
Mikl-Leitner war bisher völlig andere Resultate gewohnt. Als sie am 19. April 2017 die Nachfolge von Erwin Pröll (ÖVP) an der Landesspitze antrat, hatte sie 52 von 56 möglichen Stimmen eingefahren, nach der Landtagswahl 2018 waren es 53 gewesen.
Unwesentlich größer als jener für Mikl-Leitner war der Zuspruch am Donnerstag für FPÖ-Landesparteichef Landbauer als LH-Stellvertreter. Er fuhr 25 von 44 gültigen Stimmen ein. Pernkopf wurde durch das Votum von 37 Mandataren in seinem Amt bestätigt.
Bei der Wahl der weiteren Regierungsmitglieder erreichten in den Reihen der ÖVP die schon bisher amtierenden Ludwig Schleritzko und Christiane Teschl-Hofmeister jeweils 38 Stimmen. Für Susanne Rosenkranz, neue Landesrätin der FPÖ, votierten 37 Abgeordnete. Ebenso viele waren es bei ihrem Parteikollegen Christoph Luisser. Die Sozialdemokratin Ulrike Königsberger-Ludwig wurde bestätigt, 21 Mandatare votierten für sie. Nur 15 Stimmen gingen auf das Konto von Neo-SPÖ-Landesrat Sven Hergovich, dem designierten roten Landesparteivorsitzenden.
Die nunmehrige Mandatsverteilung im niederösterreichischen Landtag lautet: ÖVP 23 (bisher 29), FPÖ 14 (8), SPÖ 12 (13), Grüne 4 (3), NEOS unverändert 3. Die 56 Abgeordneten - 20 von ihnen sind neu - wurden am Donnerstag angelobt. Landtagspräsident Karl Wilfing (ÖVP) wurde indes mit 51 Stimmen im Amt bestätigt. Für den Zweiten Landtagspräsidenten Gottfried Waldhäusl (FPÖ), bisher Asyllandesrat, votierten 38 Mandatare. Alle 56 möglichen Stimmen erhielt die Dritte Landtagspräsidentin Eva Prischl (SPÖ), die zuvor dem Bundesrat angehört hatte.
Regierungserklärung von LH Mikl-Leitner
Mikl-Leitner und Landbauer verteidigten indes das schwarz-blaue Arbeitsübereinkommen. "Ein Kompromiss ist keine Niederlage", betonte die Landeshauptfrau. Hinsichtlich mehrerer medial kritisierter Punkte wie dem Corona-Fonds oder der Wirtshausprämie konstatierte Mikl-Leitner in ihrer Regierungserklärung: "Hier wird offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen."
Der frisch gekürte Landesvize Landbauer sah "konkrete Maßnahmen in allen Lebensbereichen" in dem Übereinkommen umgesetzt. In Richtung von Kritikern sagte er: "Vorverurteilung ist leichter als die Beurteilung der echten Arbeit für das Land."
Rede des LH-Stellvertreters Udo Landbauer
In der konstituierenden Sitzung wurden auch die Mitglieder des Bundesrats gewählt. Bei der ÖVP sind das Marlene Zeidler-Beck, Viktoria Hutter, Sandra Böhmwalder, Matthias Zauner und Margit Göll, bei der FPÖ Andreas Spanring, Michael Bernard und Klemens Kofler, bei der SPÖ Doris Hahn, Andreas Babler und Christian Fischer sowie bei den Grünen Simone Jagl.
Nach dem Stopp der anfänglichen Verhandlungen mit den Sozialdemokraten hat die Volkspartei ein Arbeitsübereinkommen mit der FPÖ abgeschlossen, das unter anderem einen Corona-Fonds in Höhe von 30 Millionen Euro beinhaltet. Die vergangenen Freitag präsentierte Zusammenarbeit trifft auf viel Tadel, auch aus Teilen der Volkspartei. Erneuert wurde die Kritik bei der ersten Landtagssitzung der aktuellen Legislaturperiode von SPÖ, Grünen und NEOS.
Vor der konstituierenden Landtagssitzung ging Donnerstagfrüh vor dem Landhaus eine von SOS Mitmensch und anderen Organisationen veranstaltete Protestkundgebung gegen das schwarz-blaue Bündnis in Szene. Die rund 400 bis 500 Teilnehmer demonstrierten lautstark gegen "den politischen Dammbruch in Niederösterreich".