Mindestsicherung und Co.: Wer bekommt wie viel?

In den letzten Wochen wurde in der Regierung viel über die sozialen Sicherheitsnetze in Österreich debattiert. Während eine Reform des Pensionssystems auf sich warten lässt, wollen einige Minister nun bei jenen Leistungen sparen, die auch Flüchtlingen, Asylwerbern und Ausländern zukommen. Aber wer bekommt jetzt wirklich was und wie viel? Ein Überblick.

Drucken

Schriftgröße

Wer hat Anspruch auf Mindestsicherung?

Einen Anspruch auf Mindestsicherung haben jene Menschen, die sich durch eigene Mittel nicht mehr finanziell absichern können, sei es durch ihr Einkommen, Unterhalt oder Vermögen. Die Mindestsicherung ist sozusagen der "letzte Strohhalm" im österreichischen Sozialsystem, nach Arbeitslosengeld und Notstandshilfe (siehe unten).

Bürger aus anderen EU-Ländern haben nur dann uneingeschränkten Anspruch auf Mindestsicherung, wenn sie hier arbeiten (wenn auch nur kurz) oder seit mehr als fünf Jahren in Österreich wohnen. Menschen aus Drittstaaten müssen ebenfalls mehr als fünf Jahre legal in Österreich leben, um einen Anspruch zu haben.

Anerkannte Flüchtlinge und sogenannte "subsidiär Schutzberechtigte" haben je nach Bundesland Anspruch auf mehr oder weniger Mindestsicherung.

Im Jahr 2015 bekamen insgesamt 284.374 Personen bzw. 168.447 "Bedarfsgemeinschaften" Mindestsicherung. Über zehn Prozent mehr als 2014.

Wie viel Geld bekommt man?

Die Bund-Länder-Vereinbarung, die die Mindestsicherung regelte, ist seit Jahresbeginn ausgelaufen. Nun können die Bundesländer eigene Modelle verhandeln, sollte nicht bald eine bundesweite Regelung gefunden werden. Von dieser Möglichkeit haben schon einige Länder Gebrauch gemacht, zum Beispiel Oberösterreich, die Steiermark und Tirol. Dort weichen die Regelungen also zum Teil ab.

Zunächst muss für den Erhalt der Mindestsicherung das eigene Vermögen bis auf 4188,80 Euro (2016) aufgebraucht sein. Ausgenommen sind davon Wohnungseinrichtungen und Eigentumswohnungen, sofern man darin lebt. Hat man ein Auto, muss man dieses auch verkaufen. Außer man braucht es unbedingt, um zur Arbeit zu kommen.

Grundsätzlich muss man außerdem arbeitsbereit, also grundsätzlich für eine Jobvermittlung verfügbar sein. Hier gibt es Ausnahmen zum Beispiel für Pensionisten, pflegende Angehörige oder Mütter von Kindern unter drei Jahren.

Die bedarfsorientierte Mindestsicherung besteht aus zwei Teilen: Rund 628 Euro Grundbetrag und rund 209 Euro Wohnkostenanteil, also insgesamt 837 Euro. Personen in einer Lebensgemeinschaft bekommen mehr, nämlich rund 1257 Euro zu zweit. Für jedes Kind gibt es zusätzlich rund 151 Euro. Je nach Bundesland gibt es Ergänzungsleistungen. Gibt es ein Einkommen aus anderen Quellen - sei es Unterhalt für Kinder oder Arbeitslosengeld (das aber unter der Höhe der Mindestsicherung liegt) - werden diese Beträge von der Mindestsicherung abgezogen.

Zum Beispiel:

Eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern, wohnhaft in der Stadt Salzburg, Wohnkosten € 600,00, Arbeitslosengeld € 500,-; Einkommen Kinder € 300,- (jeweils € 150,- Unterhalt).

Lebensunterhalt Mutter: .... € 633,35 Lebensunterhalt Kind 1: .... € 177,34 Lebensunterhalt Kind 2: .... € 177,34 Unterstützung Wohnen: .... € 600,00 abzüglich AL-Geld: .... - € 500,00 abzüglich Unterhalt: .... - € 300,00 Leistung: .... € 788,03

In Wien erhalten 89 Prozent der Bezieher unter 1000 Euro, so zitiert wien.orf.at einen Rechnungshofbericht, dazu kommt noch die Kinderbeihilfe. Bei verschiedenen Aufwendungen wie Rundfunkgebühr oder öffentlicher Verkehr gibt es außerdem Vergünstigungen für Mindestsicherungsbezieher.

Was kostet das den Steuerzahler?

Rund 808 Millionen Euro wurden 2015 für die Mindestsicherung aufgewendet. 2016 dürfte der Betrag noch weiter angestiegen sein. Angesichts der gesamten Staatsausgaben 2015 von 175,4 Milliarden sind das jedoch nur rund 0,5 Prozent. Außerdem dürfte eine nicht unerhebliche Zahl jener, die anspruchsberechtigt wären, die Mindestsicherung gar nicht beantragen, aus Unwissenheit oder Scham.

Wird die Mindestsicherung missbraucht?

Der Missbrauch der Mindestsicherung wird immer wieder thematisiert. Dabei stellt sich die Frage, was man als Missbrauch versteht. Vielen Kritikern geht es wohl eher um die Höhe und die Zahl der Anspruchsberechtigten, als um den tatsächlichen Missbrauch. Zu dem gibt es nur wenige Zahlen. In Wien, wo die meisten Bezieher leben, wurden 2015 laut Standard 8050 Bezieher sanktioniert. Seit 2011 wurden jährlich fünf bis sechs Prozent aller Bezieher gesperrt.

Neben tatsächlichem Missbrauch gibt es auch Missstände in der Bewilligung. Vor allem Wien wurde hier vom Rechnungshof kritisiert. Zur Kontrolle vorgeschriebene Akten seien hier unzureichend geprüft worden, ebenso die Lichtbildausweise der Bezieher. Die Chefin der zuständigen MA 40 trat angesichts der Kritik zurück.

Oft verwechselt: Mindestsicherung, Sozialhilfe, Notstandshilfe, Grundversorgung

Die bedarfsorientierte Mindestsicherung hat die Sozialhilfe ersetzt, die beiden Begriffe werden aber oftmals noch synonym verwendet.

Unter Notstandshilfe versteht man hingegen eine Anschlussleistung an das Arbeitslosengeld. Sie kann unbegrenzt ausgezahlt werden und beträgt bis zu 95 Prozent des vorherigen Arbeitslosengeldes, maximal aber 1038 Euro als Grundbetrag. Die Person, die Notstandshilfe beantragt, muss sich in einer wirtschaftlichen Notlage befinden. Bei der Bewilligung wird daher auch das Einkommen des Partners einberechnet. Man muss sich außerdem der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellen. Um Notstandshilfe zu beziehen, muss man also, wie auch für das Arbeitslosengeld in Österreich gearbeitet haben, und zwar 52 Versicherungswochen in den vergangenen zwei Jahren.

Die Grundversorgung bezeichnet die Versorgung hilfs- und schutzbedürftiger Fremder, dazu gehören insbesondere AsylwerberInnen, Asylberechtigte aber auch Menschen, die nicht abgeschoben werden können. Genau das ist aktuell besonders Innenminister Wolfgang Sobotka und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil ein Dorn im Auge. Sie wollen die Grundversorgung für jene streichen, die einen negativen Asylbescheid haben und nicht an ihrer Ausreise mitwirken.

Die Grundversorgung wird von Bund und Ländern gemeinsam finanziert. Was diese Grundversorgung beinhaltet ist jedoch von Bundesland zu Bundesland verschieden. In Wien zum Beispiel gibt es die folgenden Leistungen: Krankenversicherung, Information, Beratung und Betreuung, Übernahme von Fahrtkosten bei behördlichen Vorladungen oder Überstellungen, Schulbedarf für Kinder (max. 200 Euro pro Schuljahr) und Bekleidungshilfe (max. 150 Euro pro Jahr).

Wohnt man in einer betreuten Unterkunft, gibt es 5,50 Euro Lebensmittelgeld pro Tag, plus 40 Euro Taschengeld pro Monat. Wohnt man in einer privaten Unterkunft, gibt es einen Mietzuschuss von maximal 150 Euro für Einzelpersonen und 300 Euro für Familien. Für Lebensmittel und andere Verpflegung gibt es maximal 215 Euro für Erwachsene und für Minderjährige 100 Euro pro Monat. In anderen Bundesländern können sich die Leistungen unterscheiden.