Mindestsicherung: Weiter Kritik an Hartingers 150-Euro-Sager

Armutskonferenz verwies auf schlechte Lebenssituation von Mindestsicherungs-Beziehern - Initiative fordert Ministerin zu "Wette" auf, ein Monat von nur 150 Euro zu leben.

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Die Aussagen von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) zur Mindestsicherung, wonach man (abgesehen von den Wohnkosten) von 150 Euro im Monat leben könne, sorgen weiter für Kritik. Am Montag meldete sich die Armutskonferenz zu Wort und verwies auf die ohnehin schlechten Lebenssituationen von Mindestsicherungs-Beziehern.

Die NGO appellierte an die Verantwortungsträger, die reale Lebenssituation von Menschen in sozialen Krisen "ernst zu nehmen": "Unser gemeinsames Ziel muss sein, Existenz und Chancen zu sichern, nicht Leute weiter in den Abgrund zu treiben", hieß es in einer Aussendung.

Die aktuellen Daten der Mindestsicherung würden sehr hohe Raten bei gesundheitlichen Einschränkungen, chronischer Krankheit und Behinderung zeigen. Doppelt so viele in Mindestsicherung seien chronisch krank, viermal so hoch sei die Zahl der Behinderten, dreimal so hoch die Anzahl der Menschen mit Pflegegeldbezug, so die Armutskonferenz. Auch seien in Österreich 80.000 Kinder auf Mindestsicherung angewiesen. "Die anvisierten Kürzungen treffen alle Paare mit Kindern und mehr als die Hälfte der Kinder von Alleinerzieherinnen." Massiv seien auch die Verschlechterungen für Menschen mit Behinderungen. Die Regierenden würden auf "die Flüchtlinge" zeigen, die Bedingungen aber für alle verschärfen, so die NGO.

Hartinger-Klein sieht sich auch mit einer "Wette" von einer Gruppe teils SP- und Grün-naher Wirtschaftstreibender konfrontiert. Bereits am Sonntag forderte die von PR-Berater Stefan A. Sengel initiierte "150-Euro-Challenge" die Ministerin dazu auf, einen Monat lang ohne fremde Hilfe von 150 Euro zu leben. Sollte sie dies schaffen, so spenden die Wirtschaftstreibenden ein Ministerinnengehalt in Höhe von 17.511 Euro an eine karitative Organisation, die Hartinger-Klein aussuchen soll, so die Wettbedingung. Zur Wett-Aufforderung wollte man sich im Büro der Ressortchefin auf Anfrage der APA am Montag vorerst nicht äußern.

Kann man von 150 Euro leben?

Kann man von 150 Euro leben, sollten die Kosten fürs Wohnen gänzlich vom Staat übernommen werden? Zu dieser Frage entbrannten über das Wochenende zahlreiche Diskussionen.

Für Ernährung und alkoholfreie Getränke gaben laut der Statistik Austria Konsumerhebung 2014/15 österreichische Ein-Personen-Haushalte durchschnittlich rund 210 Euro aus. Mit 150 Euro lässt sich also schon kaum der Essensbedarf einer Person abdecken, geschweige denn die vielen Zusatzkosten, die sich im Alltag kaum vermeiden lassen. Von einer Beteiligung am gesellschaftlichen Leben oder kultureller Teilhabe ist hier noch gar nicht die Rede.

Auch Gesundheitsausgaben müssten von diesen 150 Euro bestritten werden. Auch wenn man keine Brille oder Kontaktlinsen trägt und auch sonst keine Behandlungen braucht, die von der Krankenkasse nicht bezahlt werden, muss man immer noch die Kosten für Medikamente tragen. Frauen haben aufgrund ihrer Periode unverzichtbare Mehrausgaben für Tampons und Binden. Die "Huffington-Post" rechnete für Binden, Tampons, Schmerz- und Verhütungsmittel durchschnittliche Kosten von rund 28 Euro pro Monat aus, jedoch basierend auf dem US-amerikanischen Preisniveau.

Hat man eine Wohnung, lässt es sich kaum vermeiden, auch eine Haushaltsversicherung abzuschließen. Telefonisch erreichbar zu sein, wird wohl auch die Ministerin als Selbstverständlichkeit sehen, billige Handy-Tarife sind laut Arbeiterkammer (AK) ab fünf Euro pro Monat zu haben. Um zum Beispiel bei der Jobsuche aktiv zu sein oder online Einblick in sein Konto zu nehmen ist auch ein Internetzugang mittlerweile unvermeidbar. 18 Euro muss man laut AK für einen günstigen Tarif pro Monat auslegen. Ein Laptop oder ein Handy sind da noch nicht angeschafft. Auch Fernsehen und die Rundfunkgebühren sind hier nicht eingerechnet.

Wer mobil sein möchte, zum Beispiel um zum Arzt oder zu Vorstellungsgesprächen zu fahren, muss entweder für den öffentlichen Verkehr bezahlen oder sich ein Auto anschaffen. Um 150 Euro kann man sich momentan circa zwei Diesel-Tankfüllungen (zu je rund 60 Litern) pro Monat leisten. Versicherung und Reparaturen sind da noch nicht abgedeckt. Die Öffis kommen da schon billiger, sofern eine Verbindung verfügbar ist. Die Jahreskarte der Wiener Linien kostet etwas über 30 Euro pro Monat.

Bekleidung, Wohnungsausstattung oder gar Hobbys? Fehlanzeige. Obwohl österreichische Ein-Personen-Haushalte durchschnittlich 21,5 Prozent ihres Geldes dafür ausgeben.

Die aktuelle Armutsgefährdungsschwelle für einen Einpersonenhaushalt liegt laut Statistik Austria übrigens bei 1238 Euro monatlich.