Mindestsicherung: Wien wird Entwurf in dieser Form nicht umsetzen
Wien wird den vorliegenden Regierungsentwurf zur Mindestsicherung - falls er in dieser Form kommt - nicht umsetzen. Denn dies sei nicht möglich, wie der Wiener Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) und die designierte Grüne Spitzenkandidatin Birgit Hebein am Donnerstag bei der Präsentation der Wiener Stellungnahme zum Entwurf erklärten.
Kritisiert werden nicht nur die vorgesehenen Kürzungen etwa bei Familien, auch rechtliche Mängel werden ins Treffen geführt. Das Gesetz sei in vielen Punkten unklar, hieß es. Zudem befürchtet Rot-Grün massive Mehrkosten durch die Vielzahl neuer Bestimmungen.
"Echter Wahnwitz"
Peter Hacker hielt zu Beginn seines Statements fest, dass er als Sozialstadtrat für die soziale Sicherheit in der Stadt verantwortlich sei - und diese auch garantiere. Zweifel an dem Entwurf hätten sich schon beim ersten Querlesen gemeldet: "Beim detaillierten Durchlesen ist es nicht besser geworden." Das Gesetz sei ein "echter Wahnwitz", unterstrich er.
Wien hält dieses aus mehreren Gründen für undurchführbar. Zum einen verliere das unterste soziale Netz die Aufgabe der Existenzsicherung. Zugleich würden mit der Regelung aber etwa fremdenpolizeiliche und arbeitsmarktpolitische Aufgaben den Ländern "untergejubelt" - obwohl der Bund dafür zuständig sei.
Für den Ressortchef lässt der Entwurf auch jegliche Transparenz vermissen: "Das Gesetz ist nicht in der Lage, eine bundesweite Vereinheitlichung zu erreichen." Auch würden sich eine Reihe von Bestimmungen widersprechen. Hacker wunderte sich etwa über den laut seinen Angaben verwendeten Begriff "anrechenfreie Freibeträge". Nach Ansicht Wiens fehlt auch eine klare Festlegung, ob Mindestsicherungsempfänger sozialversichert sind. Die Tatsache, dass zwar Höchstbeträge, aber keine Mindestbeträge im Gesetz enthalten sind, lasse zudem auch die theoretische Möglichkeit offen, die Sozialhilfe auf null zu senken.
Landau fordert Überarbeitung
Caritas-Präsident Michael Landau forderte die Regierung indes auf, ihren Gesetzesentwurf zu überarbeiten. Er warnt, dass zu große Ungleichheit zu sozialen Spannungen führen könne. Explizit abgelehnt werden etwa die Regelungen für subsidiär Schutzberechtigte oder, dass die geplanten Unterschiede in den Kindersätzen zu groß sind.
Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hat auf die Ankündigung der Stadt Wien demonstrativ gelassen reagiert. Man werde sich jetzt in Ruhe die Begutachtungsstellungnahmen ansehen und eine Regierungsvorlage erarbeiten. Darin kann sich die Sozialministerin auch Änderungen vorstellen, wie sie am Rande der Regierungsklausur in Mauerbach zur APA sagte.
Auf die heutigen Ankündigungen Wiens angesprochen, meinte sie, "es wird nichts so heiß gegessen, wie gekocht wird, wir schauen uns das alles in Ruhe an". Danach werde die Regierung einen Entwurf vorlegen. Sollte Wien diesen nicht umsetzen, sei eine Verfassungsklage seitens des Bundes denkbar, sagte Hartinger-Klein.