profil-Morgenpost: Als Kurz baden ging

Guten Morgen mit einem Vorgriff aufs nächste Heft.

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Clemens Neuhold

Angstmache war Teil der Strategie. Aber die schwarze Pädagogik hat Nebenwirkungen“, schreibt Rosemarie Schwaiger in ihrem Kommentar über das türkis-grüne Corona-Regime. Eine Nebenwirkung: Großer Ärger, wenn die Strategen Distanz predigen und selbst ein Bad in der Menge nehmen, wie beim Besuch von Bundeskanzler Sebastian Kurz im Vorarlberger Kleinwalsertal am Mittwoch geschehen. Im Gegensatz zum Bundeskanzler und seiner Entourage im Grenzort, hält sich – zweiter Vorgriff aufs kommende Heft – die Bevölkerung noch recht penibel an das Abstandsgebot (zeigt unsere Umfrage). Und nicht wenige tragen im Unterschied zum Kanzler und seiner Entourage im Kleinwalsertal selbst im Freien eine Maske. Auch das ist der „schwarzen Pädagogik“ geschuldet: Masken tragen wurde in diversen Spots und unzähligen Pressekonferenzen zum Prinzip erhoben, aber nicht im Detail erklärt. Wie zuvor das Prinzip des Daheimbleibens oder der Freizeit ohne Freunde. Der Zweck einer raschen Eindämmung des Virus, koste es, was es wolle, heiligte die Mittel. Nun stellt sich heraus: Masken im Freien zu tragen war von Beginn an eher sinnlos, wie AGES-Spezialist Franz Allerberger im aktuellen Heft erläutert; Freunden und Verwandten hätten wir ruhig einmal live ins Gesicht schauen dürfen; und Spazierengehen hat auch am Corona-Peak der Gesundheit mehr genutzt als geschadet (die Schließung der Bundesgärten suggerierte freilich das Gegenteil). Mit der spontanen Straßen-Party im Kleinwalsertal machte Kurz zumindest diese neuen Freiheiten amtlich.

Er und sein Team hätten umgehend den Rückzug aus der Menge antreten müssen, im Sinne des Anstands vor dem eigenen Abstands-Gebot. Nun werden ihn die Bilder und gewieften Video-Montagen (Innenminister Karl Nehammers Rede über „Lebensgefährder“, die nicht Abstand halten, in das Video vom Kurz-Auftritt geschnitten) lange verfolgen und seine Hochglanz-Bilanz der ersten Corona-Phase trüben.

Vielleicht war so ein Politiker-Bad in der Menge nach Wochen der Isolation selbst für den kontrollierten Kurz zu verlockend – wie für viele die Rückkehr ins Stammbeisl. Heute ist es soweit. Die Gastronomie öffnet. Schon reserviert? Es könnte eng werden. Sofern sich die Wirte noch an die Abstandsregeln halten.

Clemens Neuhold

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Clemens   Neuhold

Clemens Neuhold

Seit 2015 Allrounder in der profil-Innenpolitik. Davor Wiener Zeitung, Migrantenmagazin biber, Kurier-Wirtschaft. Leidenschaftliches Interesse am Einwanderungsland Österreich.