profil-Morgenpost: Auf, auf, satteln wir den Dackel!
Es gibt bekanntlich wunderbar altmodische Wörter, die nicht nur im Journalismus, sondern auch im täglichen Leben viel zu selten verwendet werden: Depeschen etwa sind eilige Nachrichten, die diesen Namen noch verdienen, und der sich an die Gesetze nicht recht haltende Strolch spielt in vielen von ihnen unrühmliche Hauptrollen; wer blöd schaut, hält Maulaffen feil, wer sich davonmacht, echappiert. Und wenn man nicht ganz satt wird, war wohl wieder ein gewisser Schmalhans Küchenmeister. Im innenpolitischen Diskurs – zumal in verbal übervorsichtigen Sondierungszeiten – würden sich ein paar eingestreute Archaismen da und dort ganz fein machen – und sei es nur, um den sanften Schlummer, in den einen das Regierungsfindungs-Heißluftgebläse zuverlässig versetzt, unsanft enden zu lassen. Wäre es nicht schön, wenn die sprachliche Kreativität im öffentlichen Raum sich um die eine oder andere Nuance erhöhen ließe? Dann könnte man dem politischen Mitbewerber in den Koalitionsgesprächen ein gut gelauntes „Auf, auf, satteln wir den Dackel!“ entgegenschleudern, wie es in der epochalen deutschen Synchronfassung der Seventies-Comedy „Die Zwei“ (mit Tony Curtis und Roger Moore) in anderen Zusammenhängen so treffend hieß. So ließe sich – „damit mir bei der rasanten Unterhaltung hier nicht die Socken platzen“ – sarkastisch auch eine gewisse rhetorische Schärfe einmahnen.
Feminismus und Patriarchat
Um Schärfe nicht verlegen sind die beiden Protagonistinnen eines unlängst konzipierten Theaterabends: Ein Projekt „unter erwachsenen Frauen“ habe man im Sinn gehabt, sagt Burgtheaterstar Caroline Peters in dem profil-Videointerview, das Angelika Hager aus Anlass des „Theblondproject“ (derzeit im Kasino am Schwarzenbergplatz zu sehen) hergestellt hat. Mit der Berliner Autorin und Regisseurin Gesine Danckwart steht Peters nun also auf der Bühne, um ein experimentelles Spiel um Feminismus und Patriarchat zu veranstalten. Sie fragt sich da unter anderem, ob „eine junge Frau, die heute sagt, sie muss ja gar nicht arbeiten, vielleicht einfach nur clever“ sei. Man könnte ja damit beginnen, auch dies zur Abwechslung cool zu finden.
Degenerierende Zeiten
Austro-Songwriter Rainhard Fendrich gibt sich, in einem anderen aktuellen profil-Interview, ebenfalls sozial- bis selbstkritisch: „Ich bin optimistisch, dass jetzt eine Generation heranwächst, die weiß, was auf diesem Planeten verkehrt läuft. Andererseits bin ich beschämt, dass meine Generation nichts dazu beigetragen hat.“ Eines seiner neuen Lieder nennt sich „Heiße Luft“, und es passt leider nur allzu gut in klimatisch und politisch degenerierende Zeiten.
Wir wünschen Ihnen, in diesem Sinne, einen ersprießlichen Dienstag. Stefan Grissemann