Eine Welt voller Smileys

profil-Morgenpost: Bewerturteile

Sternchen für Lehrer, Smileys am Flughafenklo sowie eine wichtige Frage zur Zufriedenheit unserer Leserinnen und Leser.

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Guten Morgen!

Na, wie haben Sie geschlafen? Sie können uns das auf einer Skala von 1 bis 5 mitteilen; gerne mit Emojis (grün/fröhlich: „Super!“; gelb/neutral: „Gähn!“; rot/grantig: „Grmpf!“); oder auch nach dem Rating-Agentur-System, also von AAA („Wie Liechtenstein. Und das unter meinen Augen sind übrigens Geldsäcke“) bis D („Schau’ns mich an – Sie können Venezuela zu mir sagen“).

Nicht, dass es uns etwas angehen oder Ihre gegenwärtige Befindlichkeit ändern würde, aber mittlerweile wird ja alles bewertet. Das Zimmer im Hotel, das Essen im Restaurant, die Sonnenuntergangsfotos der Facebook-Freunde. Ärzte, Amazon-Verkäufer, inzwischen sogar – „Geht’s noch?“, würde man im Social-Media-Jargon tadeln – Lehrer, und zwar mit Sternchen. Dass die Bewertungs-App für Pädagogen im App-Store ganz schlechte Bewertungen bekommt, wie die Website Futter herausgefunden hat, spricht für sich selbst.

„Flutscht!“

Überhaupt erschließt sich Sinn der Übung manchmal nicht so ganz. Zum Beispiel, wenn man nach dem Aufsetzen umgehend Zufriedenheitszensuren auf dem Flughafenklo abgeben soll: Ja, danke, fein war’s, und darauf ein Smiley (grün/lachend: „Flutscht!“). Aber irgendwie machen alle brav mit und sich gegenseitig ganz wurlat (der Ausdruck hat im „Österreichischen Volkswörterbuch“ übrigens vier Likes bekommen).

Der Umstand, dass am Flughafenklo immer noch zumindest ein Papierhandtuchspender leer ist, die Wartezeit beim Hausarzt eher mehr als weniger wird und die generelle Zufriedenheit hierzulande überhaupt nicht merklich steigen will, weckt einen furchtbaren Verdacht: Möglicherweise wird der Großteil der Bewertungen von gewissenlosen Bewertungsempfängern unbenutzt entsorgt und in einer illegalen Sondermülldeponie des kollektiven Gedächtnisses abgeladen (gar nicht auszudenken, wenn sie einmal freigesetzt werden oder in das gesellschaftliche Grundwasser sickern sollten).

Ganze Sätze

Das Mediengeschäft wäre ohne Bewertungen freilich undenkbar. Wir halten uns aber zugute, das im Sinne der Verbesserung der Welt, konstruktiv und in ganzen Sätzen zu betreiben. Christian Rainer nimmt sich diese Woche beispielsweise der Casino-Affäre an, Franz Schellhorn der Idee von Mietobergrenzen.

Wer bewertet, muss sich aber gefälligst auch bewerten lassen. Deshalb würden wir Sie gerne etwas fragen: Die „Morgenpost“ erscheint inzwischen seit ziemlich genau einem halben Jahr. Gibt es etwas, das wir verbessern können? Das Sie sich von einem Newsletter in aller Herrgottsfrüh wünschen würden? Das Sie ärgert? Erfreut? Wenn ja, dann lassen Sie es uns unter der Adresse [email protected] wissen.

Wir versprechen: Ihre Bewertung landet nicht im Mistkübel der Meinungen.

Einen schönen Tag!

Was ich heute lese: Zuerst den Krimi um die Meinl-Bank, den mein Kollege Michael Nikbakhsh als Mitglied eines internationalen Journalistenkollektivs aus profil, ORF und dem Rechercheverbund OCCRP (Organized Crime and Corruption Reporting Project) aufgeschrieben hat: ein umfassendes, düsteres Sittenbild des Abwege geratenen Geldhauses mit dem großen Markennamen und dem frisur-originellen Eigentümer Julius V. Meinl.

Und wenn mir danach noch nach Kriminalfällen ist: ein paar Kapitel aus „Slow Horses“ von Mick Herron (Diogenes, 471 Seiten, € 13,40) – dem fulminanten Auftakt zu einer Reihe von bislang sieben Spionageromanen über eine Truppe von Agenten des britischen Inlandsgeheimdienstes MI-5, die als Versager in ein heruntergekommenes Bürogebäude abgeschoben wurden; nur, um dann doch mit irrwitzigen Einsätzen konfrontiert zu werden. Rangiert auf meiner Bewertungsskala in gleicher Höhe wie John Le Carré, also sehr weit oben.