profil-Morgenpost: Endloser Fasching
Guten Morgen!
Heute noch, dann ist es auch schon wieder vorbei mit dem Fasching, was uns aber eigentlich egal sein kann: „Realität und Satire sind nicht mehr zweifelsfrei zu unterscheiden“, pflegt der kluge Kollege Walter Gröbchen auf Facebook zu posten, wenn wieder einmal niemand so recht zu sagen vermag, ob gerade Politik gemacht oder Kabarett gespielt wird – also sehr, sehr oft und nicht bloß zwischen 11.11. und Aschermittwoch.
Somit findet der erdatmosphärische Klimawandel seine Entsprechung in der Sphäre des Politischen: Ersterer hat inzwischen die zweifelsfreie Unterscheidung zwischen Winter und Frühling aufgehoben (was unter anderem der Fichte, Österreichs wichtigstem Nadelbaum, den Garaus macht: Franziska Dzugan beschreibt das im aktuellen Heft sehr eindringlich) – zweiterer jene zwischen dem Fasching und dem ernsthaften Rest des Jahres.
Niemand weiß das so gut wie meine Kollegen aus der Investigativabteilung, die sich seit Jahren mit Affären und Skandalen aus dem politisch-wirtschaftlichen Komplex herumschlagen: Michael Nikbakhsh und Stefan Melichar. Manchmal hört man sie in ihren Zimmerchen kichern, manchmal kotzen, manchmal ist auch das nicht zweifelsfrei zu unterscheiden.
Wir wissen dann jedenfalls, dass bald wieder eine Geschichte wie das dieswöchige Cover erscheinen wird: Die Causa Eurofighter. Da geht es um unser aller Geld, das unter Umständen verjubelt wurde, die sich nur mit einem Faible für tiefschwarzen Humor ertragen lassen. Oder wie soll man sonst damit umgehen, wenn beispielsweise Rüstungslobbyisten ihre Einflussversuche auf Entscheidungsträger in Berichten zu verschleiern versuchen, indem sie ihnen so listig gewählte Tarnnamen wie „Dr. W. Lüssel, Dr. J. Laider und Dr. K.H. Lasser“ verpassen? Nein, das war jetzt kein besonders schlechter Witz aus dem Villacher Fasching, der TV-Konsumenten heute Abend droht. Es ist eine hochseriöse profil-Geschichte aus dem Jahr 2017. In der aktuellen Ausgabe werden übrigens nicht nur zwei dieser drei Pseudonyme weltexklusiv enttarnt (ok, das war jetzt ein noch schlechterer Witz), sondern auch insgesamt 24 Personen, die im Eurofighter-Fall Geld kassiert haben.
Bei Betrachtung der Gesamtlage ist es also kein Wunder, dass einige Investigativ-Kollegen, die in ihrer professionellen Funktion gebotenem Ernst an den Tag legen müssen, zwecks Emotionskontrolle nebenberuflich ins Kabarettistenfach wechseln: Nikbakhsh füllt inzwischen gemeinsam mit Klaus Oppitz und dem Programm „Niemand nennt uns Mitzi“ Säle in Österreich und Deutschland, Florian Klenk vom Falter hat sich mit dem gleichvornamigen Florian Scheuba unter dem Titel „Sag Du, Florian …“ zusammengetan. Und Rainer Nikowitz hat das Anbrechen dieser Epoche der Dauer-Übergangszeit als erster erkannt und zum Prinzip seines Schaffens erhoben. Bei ihm können Sie heute schon lesen, was Heinz-Christian Strache in seiner morgigen Aschermittwochsrede sagen wird.
Denn eines ist gewiss: Auch wenn der Fasching morgen offiziell endet, wird es weiterhin viel zu lachen geben. Ob das auch wirklich lustig sein muss, ist eine andere Frage.
Trotzdem einen fröhlichen Tag!
Martin Staudinger
P.S. Gibt es etwas, das wir an der "Morgenpost" verbessern können? Das Sie sich von einem Newsletter in aller Herrgottsfrüh wünschen würden? Das Sie ärgert? Erfreut? Wenn ja, dann lassen Sie es uns unter der Adresse [email protected] wissen.