profil-Morgenpost: Haben Sie Handschlagqualität?

Guten Morgen!

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An dieser Stelle räsonierte Ihr Morgenpostler vor einem Monat über vernachlässigte Kulturtechniken wie Schuhputz, regelmäßiges Rasieren und Lateingebrauch. Zu den Kulturtechniken, die überdauern, durfte man bisher den Handschlag zählen. Doch nun ist diese Begrüßungsgeste in Verruf geraten. Schuld daran ist das Coronavirus. Händeschütteln kann Ihre Gesundheit gefährden! Wer je Donald Trump begrüßte, wusste das wahrscheinlich schon. Im WWW, wo vieles sich noch viraler verbreitet als im richtigen Leben, gibt es Videos, die zeigen, wie unterschiedlich Spitzenpolitiker sich gegen Trumps Brutalo-Handshakes (gleichzeitiges Schütteln und Ziehen) wehren. Die eleganteste Technik hat natürlich der kleine Franzose.

Das Coronavirus wirkt beim Handschlag nicht brachial wie Trump sondern schmierig. Der Handshake unter Politikern wird dennoch erhalten bleiben. Was sollte man bei einem Gipfeltreffen, etwa in Brüssel, sonst fotografieren? Slowakische Medien spekulierten in den vergangenen Tagen, ihr Premierminister Peter Pellegrini sei an Corona erkrankt. Nicht weil er wie ein Italiener heißt, sondern nachdem er mit hohem Fieber in ein Krankenhaus eingeliefert worden war. Dies geschah nach seiner Rückkehr vom jüngsten EU-Gipfel in Brüssel. Man mag es sich kaum vorstellen: Alle Regierungschefs der 27 EU-Mitgliedstaaten landen in gemeinsamer Quarantäne, weil sie einander per Handschlag ansteckten. Boris Johnson in London hätte einen „jolly good laugh“.

Den besten Beitrag zum Thema „Händeschütteln in der Politik“ verfasste der frühere ÖVP-Abgeordnete Franz-Joseph Huainigg („Meine Füße sind der Rollstuhl“), 53, der seit einer Impfung im siebenten Lebensmonat gelähmt ist. In einem Gastkommentar beschrieb er die Reaktionen seiner Abgeordneten-Kollegen, „die mir die Hand entgegenstreckten und deren Begrüßung ich aufgrund der Behinderung nicht erwidern konnte“. Am Ende wich aber „Unsicherheit der Normalität“. Gab es Würstel, wurden sie für ihn püriert.

Früher war der Handschlag ein Qualitätsmerkmal. Das Schwechater Bier wurde sogar mit dem Slogan „Ein Bier wie ein Handschlag“ vermarktet. Dazu merkte profil-Zeichner Rudi Klein luzide an, ein Handschlag könne auch „warm und feucht“ sein. So mag wahrscheinlich Boris Johnson sein Bier.

Bleiben Sie gesund!

Gernot Bauer

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist seit 1998 Innenpolitik-Redakteur im profil und Co-Autor der ersten unautorisierten Biografie von FPÖ-Obmann Herbert Kickl. Sein journalistisches Motto: Mitwissen statt Herrschaftswissen.