Die Corona-Lage: Einkaufszentrum ohne Einkauf

profil-Morgenpost: Ein Loblied auf die Konsumgesellschaft

Guten Morgen!

Drucken

Schriftgröße

Irgendjemand muss es tun: der Konsumgesellschaft, wie wir sie kannten, ein Loblied singen.

Wie lange wird es noch dauern, ehe uns die Kinder fragen: „Papa, Mama, was ist eigentlich ‚shopping’“? Ach ja, werden wir sagen, da bummelt man durch die Einkaufsstraßen und Shopping-Center, also große Gebäude, in denen die Geschäfte sind… Und die Kleinen werden mit der Erklärung wenig anfangen können. Einkaufsstraßen? Bummeln?? Geschäfte???

Fragwürdige Reputation

So schlimm muss es nicht kommen. Wenn alles gut geht, wird die Regierung in Bälde dies und das „hochfahren“, und wir werden zumindest in homöopathischen Dosen wieder allerlei Güter gegen Geld erwerben. Kon-sum-ier-en! Der Begriff hatte in den vergangenen Jahren eine zusehends fragwürdige Reputation bekommen, siehe dazu: „Konsumgesellschaft“, „Konsumwahn“, „Wachstumsgesellschaft“ usw. Nachdenkliche, unzufriedene Leute formulierten starke Einwände gegen den Drang der etwas weniger nachdenklichen Leute, dauernd etwas kaufen zu müssen.

Ohne ihre Argumente jetzt leichtfertig verwerfen zu wollen: Der Konsum fehlt. Nicht nur individuell, weil der Einzelne irrsinnig dringend etwas kaufen möchte (ich gestehe!), sondern auch volkswirtschaftlich. Wie eine Gesellschaft ohne Konsum und ohne Wirtschaftswachstum zu krachen und zu stöhnen beginnt, wissen wir nach drei Wochen Shutdown bereits besser, als wir es je wissen wollten.

Eine schöne Welt

Das, was jetzt wie ein riesiges Museum dasteht, mit Schaufenstern als irritierende Kunst-Installationen und Preisschildern als sinnentleerte Beschriftungen, und bis vor kurzem Shopping-Mall und Einkaufsmeile genannt wurde, war irgendwie doch eine schöne Welt.

Wird sie genau so wiederkehren? In der aktuellen profil-Ausgabe machen sich viele Köpfe darüber Gedanken, was sich in unserer Welt – nicht bloß in der Konsumwelt – alles ändern wird, soll oder sogar muss. Sebastian Hofer und Angelika Hager in „Im Jahr der Ratte“, der Historiker Philipp Blom im Interview und viele andere.

Ohne allzu viel zu verraten: Kultur-Redakteur Wolfgang Paterno streift dieser Tage durch Wien und hält mit der Kamera fest, wie eine Großstadt aussieht, deren Vitalfunktionen lahmgelegt wurden. Beim Betrachten der Bilder in der kommenden Ausgabe werden wir uns fragen: Was von all dem, was hier fehlt, wollen wir unbedingt wieder haben – und was nicht?

Schönen Tag! Robert Treichler

P.S. Gibt es etwas, das wir an der „Morgenpost“ verbessern können? Das Sie sich von einem Newsletter auf jeden Fall erwarten? Das Sie ärgert? Erfreut? Wenn ja, lassen Sie es uns unter der Adresse [email protected] wissen.

Robert   Treichler

Robert Treichler

Ressortleitung Ausland, stellvertretender Chefredakteur