Sause für die Volksanwälte: Achitz (li.), Amon (2.v.li.), Rosenkranz (re.)
Bauer sucht Politik: Staffel III, Folge 4

Nach Corona: Ein Fest für den Volksanwalt

Ist ein 45-jähriges Jubiläum ein Missstand? Und wie kommt man vom Häfen in den Hafen? Eindrücke von einer Party im Parlament.

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Vergangenen Mittwoch gönnt sich die Volksanwaltschaft im Großen Redoutensaal der Wiener Hofburg, dem Ausweichquartier des Parlaments, einen Festakt. Durch das Programm führt Margit Laufer von der „ZIB-2“, für die musikalische Umrahmung sorgt die „Rottalsche Kammermusik“. Man kann Feste auch feiern, wenn sie eigentlich nicht fallen. Denn die Volksanwaltschaft wird nicht 75 oder 50 Jahre alt, sondern 45. Vielleicht war nach zweieinhalb Jahren Corona-Stille endlich einmal eine Sause fällig. Oder die drei Volksanwälte befürchten, beim 50-jährigen Jubiläum im Jahr 2027 nicht mehr im Amt zu sein. Wertfrei betrachtet sollte zumindest einer von ihnen bis dahin ausscheiden. Denn alle drei Volksanwälte (Bernhard Achitz, Werner Amon, Walter Rosenkranz) sind männlich, was heutzutage ein ziemlicher Missstand ist.

In seiner Begrüßungsrede sagt ÖVP-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, die Volksanwaltschaft würde „Finger in die Wunde legen, die den einzelnen schmerzen“. Genau genommen würde sie damit die Schmerzen des einzelnen noch erhöhen, aber so meinte es der Nationalratspräsident wahrscheinlich nicht. Statt Finger irgendwohin zu legen, ist es die Aufgabe der Volksanwaltschaft, der heimischen Verwaltung auf die Finger zu schauen. Sie ist eine Ombudsstelle für die kleine Frau und ihren Mann im Kampf gegen bürokratische Missstände und zur Herstellung von Gerechtigkeit.

Wer sich von einer Behörde schlecht behandelt fühlt, kann sich bei der Volksanwaltschaft beschweren. Pro Jahr tun das etwa 24.000 Bürgerinnen und Bürger. In der Fachsprache der Volksanwaltschaft heißen sie „Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer“, wobei „Beschwerende“ wesentlich kürzer und sprachlich wohl auch korrekt wäre. Sitz der Ombudsstelle für den kleinen Mann und seine Frau ist das prächtige Palais Rottal in der Wiener Innenstadt. Beschwerden dazu sind nicht bekannt.

Einen besonderen Fall für den Volksanwalt schildert in ihrer Begrüßungsrede ÖVP-Bundesratspräsidentin Christine Schwarz-Fuchs. Ein Strafgefangener beschwerte sich, weil er im Knast seine Lebensgefährtin nicht heiraten konnte. Die Volksanwaltschaft griff ein und brachte den Mann vom Häfen in den Hafen. Dazu hat die Bundesratspräsidentin ein Zitat von Victor Hugo vorbereitet: „Es ist leicht, gut, aber sehr schwierig, gerecht zu sein.“ 

Nach der Bundesratspräsidentin spricht der Bundespräsident, allerdings nur per Videobotschaft. In Zeiten von Corona hat man sich an so etwas schon gewöhnt. Danach redet in Fleisch und Blut der derzeitige Vorsitzende der Volksanwaltschaft, Walter Rosenkranz. Er erklärt, warum fast ausschließlich Politiker Volksanwälte werden: Erstens kennen sie sich mit Behörden aus und zweitens mit der Vertretung der Bürger. Und drittens – aber das erwähnt Rosenkranz nicht – werden die Volksanwälte vom Nationalrat nach der Größe der Fraktionen gewählt, weil die Volksanwaltschaft formal dem Parlament untersteht. Ein Außenstehender hat da nur geringe Chancen. Es ist eben sehr schwierig, gerecht zu sein.

Platz im Palais

Werner Amon war jahrelang ÖVP-Abgeordneter und für kurze Zeit sogar Generalsekretär seiner Partei. Bernhard Achitz war hochrangiger SPÖ-Gewerkschafter. Und Walter Rosenkranz fungierte als Klubobmann der FPÖ. Bei der Festveranstaltung im Parlament zeigt Rosenkranz, dass Volksanwälte sparsam sein können, auch wenn sie in einem Innenstadt-Palais logieren. In der „Rottalschen Kammermusik“ spielt er – durchaus virtuos – die Gitarre.

Nach Rosenkranz sprechen seine Kollegen Amon und Achitz. Danach ist Chris Field an der Reihe, Präsident des International Ombudsman Institute, das insgesamt 205 Ombudsstellen in 106 Staaten vertritt. Fields ist Australier und seine Teilnahme eine Ehre, auch wenn die Anreise verhältnismäßig kurz war. Das International Ombudsman Institute hat seinen Sitz bei der Volksanwaltschaft in Wien. In so einem Innenstadt-Palais ist ja auch reichlich Platz.

Sie lesen die vierte Folge der dritten Staffel einer Serie von Gernot Bauer über die heimische Innenpolitik. Alle bisher erschienen Teile von “Bauer sucht Politik” können Sie hier nachlesen.

 

Gernot Bauer

Der profil-Redakteur ergründet seit 20 Jahren Wesen und Unwesen der österreichischen Innenpolitik. 

Alle bisher erschienen Folgen von "Bauer sucht Politik" können Sie hier nachlesen. 

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist seit 1998 Innenpolitik-Redakteur im profil und Co-Autor der ersten unautorisierten Biografie von FPÖ-Obmann Herbert Kickl. Sein journalistisches Motto: Mitwissen statt Herrschaftswissen.