Parteichefs verfestigen bekannte Positionen
Die Frist ist noch nicht verstrichen. Und doch scheint das Ergebnis bereits festzustehen. Es bleibt auch nach den ersten Gesprächen der Parteichefs dabei: Niemand will mit der FPÖ regieren. Die Gewissheit beziehungsweise die Empörung darüber richteten einander die Vorsitzenden dieser Tage in getrennten Pressekonferenzen aus.
Nach ihrem von Bundespräsident Alexander Van der Bellen beauftragten klärenden Gespräch über die Möglichkeiten einer Regierungsbildung, bekräftigten FPÖ-Chef Herbert Kickl und ÖVP-Chef Karl Nehammer die bereits bekannten Positionen. Die Freiheitlichen wollen mit Kickl als Kanzler regieren, die Volkspartei sieht sich ebenfalls in den nächsten Regierung – allerdings nicht mit einem FPÖ-Kanzler Kickl. Daran änderte auch das erste Vieraugengespräch nichts.
Kein „Steigbügelhalter“ für Kickl
ÖVP-Chef Nehammer betonte im Anschluss an das Gespräch gestern einmal mehr, dass sich an seiner Haltung gegenüber Herbert Kickl nichts geändert habe: „Ich werde als Bundeskanzler genauso wenig wie als Bundesparteiobmann den Steigbügelhalter für Herbert Kickl machen.“ Das sei „keine Frage der Sympathie zwischen uns beiden, es ist nicht die Frage, ob der eine den anderen mag“. Es gehe um die Frage „des politischen Tuns“, und da habe Kickl in der Vergangenheit oft bewiesen, „dass er nicht bereit ist, Verantwortung zu übernehmen“, sagte Nehammer, und führte dessen Auftreten während der Covid-19-Pandemie ins Treffen.
Darüber hinaus habe sich Kickl mit seinem Handeln mehrfach gegen die Interessen der Österreicher und Österreicherinnen gestellt. „Mit seiner Zuneigung zu Pferden und Investitionen in diesem Bereich“. Außerdem habe der FPÖ-Chef das Einfallstor für russische Interessen geöffnet und verbreite Verschwörungstheorien, etwa in Bezug auf die Weltgesundheitsagentur WHO. Letzter aktueller Beweis, dass sich Kickl gegen die Sicherheit in Österreich stelle, sei dessen Behauptung, durch das Luftverteidigungssystem Sky-Shield werde die Neutralität gefährdet. „Er schürt dadurch Angst.“
Buhlen um den „beleidigten Verlierer“
Gänzlich anders klang FPÖ-Chef Herbert Kickl nach dem Gespräch mit Nehammer. Er ist immer noch bereit für eine blau-schwarze Regierung und wirbt weiter um die Gunst der Volkspartei. „Unsere Hand bleibt ausgestreckt“, sagte er Mittwoch in einer Pressekonferenz und präsentierte die beim Treffen am Dienstag vorgelegten Unterlagen, die Schnittmengen mit der ÖVP betonen.
Kickl kritisierte nicht nur, dass ein noch immer „beleidigter“ Nehammer dieselbe „Wahlkampfrhetorik“ verwende wie vor der Wahl. Der Text für die unmittelbar nach dem Gespräch erfolgte Stellungnahme des ÖVP-Chefs sei offenbar schon vorher geschrieben worden, mutmaßte der FPÖ-Obmann. „Man hat das Gefühl, dass jemand versucht, den Sack schnell zumachen zu wollen“, mutmaßte Kickl, dass andere Koalitionsvarianten bereits ausgedealt sein könnten.
Ganz umsonst war das Treffen mit Nehammer laut Kickl aber nicht, „sondern auf eine gewisse Art und Weise sehr erhellend“. Persönliche Befindlichkeiten dürften in einer Regierung jedenfalls keine Rolle spielen, betonte der FPÖ-Chef, der sich schlicht Professionalität für eine Regierung wünscht. Aber auch einen „Versuch, auf Beziehungsebene eine gewisse Entkrampfung herbeizuführen“ habe er unternommen. Fakt sei aber auch: „Die FPÖ hat gewonnen, die ÖVP hat verloren.“
Weitere Gespräche bis Ende der Woche
Mit dem Treffen zwischen Karl Nehammer und Andreas Babler stand heute Mittwoch das zweite der von Alexander Van der Bellen angeordneten Gespräche der Parteichefs an. Wie erwartet drang von den Inhalten nichts nach außen, lediglich dass die beiden den Bundespräsidenten in den kommenden Tagen beziehungsweise der kommenden Woche darüber informieren werden, teilten ÖVP und SPÖ in nahezu wortgleichen Statements mit. Wie das Treffen am Dienstag zwischen Nehammer und Kickl fand auch jenes an einem unbekannten Ort statt.
Ein informelles Treffen fand zwischen dem ÖVP-Chef und dem SPÖ-Chef bereits vor einer Woche statt. Nehammer traf sich am Mittwoch aber nicht nur mit Babler, sondern auch mit NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger, die ihn in einer Schwarz-Rot-Pinken Koalition erneut zum Kanzler machen könnte.
Am Donnerstag steht das letzte von Van der Bellen angeordnete Treffen zwischen Babler und Kickl an, der SPÖ-Chef trifft dazu Meinl-Reisinger. Ende der Woche sollen Kickl, Nehammer und Babler Van der Bellen berichten, „welche Zusammenarbeit vorstellbar wäre“.