Causa Nationalfonds: Rosenkranz nimmt erstmals Stellung
Droht dem Land eine peinliche und unwürdige Debatte über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus? Es ist zu befürchten. Am Donnerstag beschloss der Nationalrat mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Neos und Grünen eine Änderung des Nationalfonds-Gesetzes. Bisher war der jeweilige Präsident des Nationalrats auch Vorsitzender des Kuratoriums des Nationalfonds. Die Israelitische Kultusgemeinde beschloss allerdings im vergangenen November, an Sitzungen des Nationalfonds nicht teilzunehmen, sollte der von jüdischen Organisationen und Opferverbänden kritisierte Nationalratspräsident Walter Rosenkranz, FPÖ, den Vorsitz führen.
Die jetzigen Änderungen ermöglichen es Rosenkranz, den Vorsitz auf Dauer dem Zweiten Nationalratspräsidenten Peter Haubner (ÖVP) beziehungsweise der Dritten Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) zu übertragen. Tut er das nicht, könnte der Hauptausschuss des Nationalrats Peter Haubner statt Rosenkranz zum Kuratoriumsvorsitzenden wählen.
Die FPÖ kritisierte die Novelle in der Parlamentsdebatte als „Anlassgesetzgebung“. Der freiheitliche Abgeordnete Markus Tschank sah eine „ideologische Instrumentalisierung historischer Verantwortung“. Der stellvertretende Klubobmann der Neos, Nikolaus Scherak, replizierte, es pervertiere die Aufgaben des Fonds, wenn ausgerechnet die Opfervertreter aufgrund ihrer Vorbehalte gegenüber Rosenkranz an Sitzungen des Fonds nicht teilnehmen könnten. Und er erinnerte Rosenkranz an dessen Rede am Tag seiner Wahl zum Nationalratspräsidenten am 24. Oktober des vergangenen Jahres. Da hatte Rosenkranz versöhnlich und einsichtig festgehalten, zugunsten seiner Stellvertreter Haubner oder Bures „zur Seite zu treten“, sollte es bei Holocaust-Gedenkveranstaltungen im Parlament Vorbehalte gegenüber seiner Person geben.
Nationalratspräsident Rosenkranz äußerte sich bisher nicht. Gegenüber profil gab er allerdings schon am Tag vor der Abstimmung eine Stellungnahme zur Novelle des Nationalfonds-Gesetzes ab. Dabei ließ er offen, ob er sich vom Kuratoriumsvorsitz zurückzieht, oder es darauf ankommen lässt, vom Hauptausschuss abgewählt zu werden: „Ich habe in meiner ersten Rede angekündigt, zur Seite zu treten. Jetzt stelle ich die Frage: Ist Zur-Seite-Treten dasselbe wie Zurücktreten?“ Er wolle nun zuwarten, bis das Gesetz nach der Beurkundung durch den Bundespräsidenten in Kraft tritt.
Den Beschluss der Kultusgemeinde, keinen Umgang mit ihm zu pflegen, „respektiert“ Rosenkranz, wie er zu profil sagt: „Ich kann die Gesprächsbereitschaft eines Gegenübers nicht erzwingen. Daher nehme ich zur Kenntnis, dass ich von der Israelitischen Kultusgemeinde kein Entgegenkommen ernte.“
Die Novelle des Nationalfonds-Gesetzes könnte in der Umsetzung möglicherweise zu Komplikationen führen, wie der Rechts- und Legislativdienst der Parlamentsdirektion dem Nationalratspräsidenten schon vor einiger Zeit mitteilte. Wird etwa Haubner Vorsitzender des Kuratoriums, steht er zwar formal an der Spitze des Nationalfonds, die dienstrechtliche und budgetäre Kompetenz liegt aber weiterhin bei Rosenkranz als Nationalratspräsidenten. Vereinfacht dargestellt: Benötigt Haubner Personal oder Geld für die Verwaltung des Fonds, müsste er unter Umständen erst höflich bei Rosenkranz anfragen. In der Praxis werden sich die zwei wohl einigen. Ihr Verhältnis zueinander wird als positiv und kollegial beschrieben.