FPÖ-Nationalratspräsident Rosenkranz holt im Parlament einen Nazi-Künstler vor den Vorhang
Vertreter der österreichischen Floristen, das Valentinspärchen der HBLFA Schönbrunn oder Botschafter aus Japan, Serbien und Vietnam: Sie alle posierten in den letzten Wochen mit Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ) in seinem Büro im Wiener Parlament. Was die meisten Gäste nicht gewusst haben dürften: Die Wand hinter ihnen wurde von einem NSDAP-Mitglied und einem der Lieblingsmaler von Adolf Hitler bemalt.
Frühere Nationalratspräsidenten hatten das Wandbild „Wappenschild“ des umstrittenen NSDAP-Künstlers Rudolf Eisenmenger daher überhängen lassen. Rosenkranz nutzt es als repräsentativen Hintergrund, berichtet das Onlinemedium „tag eins“.
Eisenmenger war 1933 der NSDAP beigetreten, Joseph Goebbels hatte den Maler auf der Liste der sogenannten „gottbegnadeten Künstler“ geführt, die vom Wehrdienst in der NS-Diktatur befreit waren. Im Jänner 1945 fertigte Eisenmenger einen Wandteppich als Geburtstagsgeschenk für Adolf Hitler an. Nach dem Krieg wurde ein zweijähriges Berufsverbot über den Künstler verhängt – 1951 durfte er dann bereits das 4,2 mal 2,6 Meter große Wandgemälde „Wappenschild“ im Wiener Parlament gestalten.
Frühere Nationalratspräsidenten wollten laut „tag eins“ das Bild des NS-Malers nicht in ihrem Büro sehen: Als Heinz Fischer die Räume als zweiter Nationalratspräsident nutzte, überhängte er es mit einem roten Schüttbild von Hermann Nitsch. „Ich habe das Bild nur einmal gesehen und sofort entschieden, das kann so nicht bleiben“, wird Wolfgang Sobotka zitiert. Er hing ein Bild des zeitgenössischen Künstlers Hubert Scheibl über die Wand – das dem Parlament bis Ende 2024 geliehen wurde. Doch Rosenkranz will offenbar lieber NS-Kunst sehen: In einem Facebook-Posting vom 27. November ist das Eisenmenger-Bild bereits zu sehen, wie „tag eins“ berichtet. Die Entscheidung, welche Bilder in seinem Büro hängen, obliege allein Walter Rosenkranz. Einzige Einschränkung sei der Denkmalschutz.
Auf Rosenkranz Social-Media-Kanälen findet sich kaum ein Bild aus dem Büro des Nationalratspräsidenten, in dem das Gemälde des NS-Malers nicht zu sehen ist. Vier Gitarren hat Rosenkranz an der Wand aufgereiht, kommt es zu einer Foto-Gelegenheit, müssen sie Platz machen, denn der Freiheitliche posiert am liebsten vor dem „Wappenschild“.
„Walter Rosenkranz entscheidet selbst, wie er sein Amt und damit die Republik repräsentiert. Dass er sich anscheinend bewusst vor dem Werk eines ausgewiesenen Nazis und eines Lieblingsmalers Adolf Hitlers inszeniert, anstatt das Bild wie seine Vorgänger zu verhängen, ist entlarvend”, sagt Lukas Hammer, Rechtsextremismus-Sprecher der Grünen, zu „tag eins“: „Es reiht sich ein in eine viel zu lange Liste an braunen Einzelfällen in seinem Umfeld.“
Lange Liste an Einzelfällen
Tatsächlich steht Rosenkranz seit seinem Amtsantritt für seine Nähe zum Rechtsextremismus in der Kritik: Rosenkranz verfasste Beiträge für die als rechtsextrem eingestufte Zeitschrift „Aula“. 2009 bezeichnete er für einen Sammelband seiner Burschenschaft „Libertas“ mehrere ehemalige Nationalsozialisten als „Leistungsträger“ der Ersten Republik, darunter Johann Karl Stich, der als NS-Generalstaatsanwalt zahlreiche Widerstandskämpfer hinrichten ließ.
Als Rosenkranz im November als Nationalratspräsident den Opfern der Shoah gedenken wollte, wurde er aufgrund seiner Vergangenheit durch eine Menschenkette der „Jüdischen Hochschüler:innenschaft“ gehindert. Der Nationalratspräsident bat erst die Polizei, den Weg freizumachen, „beugte“ sich dann aber der „Gewalt“ der friedlich Protestierenden. Als die Staatsanwaltschaft Wien im Dezember gegen die FPÖ-Abgeordneten Harald Stefan, Martin Graf und Norbert Nemeth wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das NS-Verbotsgesetz ermitteln wollte, ging das Auslieferungsbegehren der Staatsanwaltschaft laut Rosenkranz im parlamentsinternen Postweg verloren.
Und von seinem ehemaligen Bürochef René Schimanek trennte sich der Nationalratspräsident nicht, als an seiner Meldeadresse NS-Material und 30 Kilogramm Munition gefunden wurde, sondern erst, als auch Mails öffentlich wurden, die Schimanek unter anderem mit dem „üblichen Gruß“ unterzeichnete.
Warum holt Rosenkranz nun also, anders als seine Vorgänger, das Gemälde eines NS-Künstlers vor den Vorhang? Auf Anfrage von „tag eins“ sagt der Pressesprecher von Rosenkranz: „Es gibt keinen Bruch mit einer Tradition. Mittels Recherche in der Mediathek auf der Website des Parlamentes kann man einsehen, dass das besagte Wandgemälde, das unter Denkmalschutz steht, bei mehreren Vorgängern, die in diesem Raum ihr Büro hatten, nicht verhängt war.“ Tatsächlich ist das Wandbild laut auf einzelnen Fotos aus 2011 oder 2017 sichtbar. Der frühere zweite Nationalratspräsident Karlheinz Kopf posierte 2017 gar mit Sternsingern davor.
Weiters betont der Pressesprecher von Rosenkranz laut „tag eins“: „Derzeit ist das Wandgemälde kontextualisiert zu sehen.“ Damit widerspricht das Büro des Nationalratspräsidenten jedoch dem Sprecher der Parlamentsdirektion, Karl-Heinz Grundböck, laut dem eine Kontextualisierung erst in Ausarbeitung ist: „Für die Besucherinnen und Besucher im Büro des Nationalratspräsidenten wird ein Informationsblatt über das Gemälde ‚Wappenschild‘ und Rudolf Eisenmenger aufgelegt.“ Der Text sei gerade „noch in Abstimmung“.