Therapiestunde Teil 7

Wie bringt man Fakten in die Politik, Herr Popper?

In der Serie „Therapiestunde“ befragt profil Menschen nach den Lehren, die sie der Politik mitgeben können. Letzter Teil: Der Simulationsforscher Niki Popper über beratungsresistente Politiker, neue Seuchen und seinen Optimismus in der Klimakrise.

Drucken

Schriftgröße

Als Wissenschafter sind Sie es gewohnt, strikt den Fakten zu folgen. In der Politik sieht man das nicht so eng. Verstehen Sie, dass Politikerinnen und Politiker manchmal von der Evidenz abweichen?

Popper

Ich verstehe das nicht nur, es ist eigentlich unumgänglich, wenn man sich das System Politik anschaut. Was lernen junge Politiker und Politikerinnen in ihrem Wahlkreis? Freibier auszuschenken und politische Gegner möglichst schlagzeilenträchtig zu kritisieren, wirkt sich schnell auf die Beliebtheit aus. Andererseits fehlt der Anreiz, zum Beispiel eine sinnvolle Raum- und Verkehrsplanung zu machen, weil die ja erst in zehn Jahren sichtbar wird. Da müssen Politikerinnen schon altruistisch sein, um Letzteres umzusetzen.

Gibt es für dieses Problem eine Lösung?

Popper

Was ich mit meinem Team machen kann, ist, den Menschen konsequent mit Freundlichkeit die Möglichkeit zu geben, die Auswirkungen ihres Handelns zu verstehen. Wir versuchen, die Welt in unseren Modellen so abzubilden, dass Menschen in Ministerien, Sozialversicherungen, in Unternehmen vernünftige Entscheidungen treffen können. Zum Beispiel: Wie verteilen wir Energie? Wie können wir Güter besser transportieren? Wie verbessern wir unser Gesundheitssystem? Es geht mit kleinen Schritten voran, manche Dinge, die vor 20 Jahren gang und gäbe waren, sind heute unmöglich.

Zum Beispiel?

Popper

Dass ein Landeshauptmann sagt, hier baut ihr ein Krankenhaus hin. Und wenn man ihn fragte, warum dort, sagte er mehr oder weniger direkt: „Weil ich das so will.“ Das könnten seine Nachfolger heute nicht mehr tun, weil eben transparente Modelle Kosten und Nutzen verständlich machen. Trotzdem werden sinnvolle Zusammenlegungen von Spitälern manchmal nicht gemacht, denn was würde dann aus Primarius XY?

Sie haben die Politik während der Covid-19-Pandemie beraten. Hat die damalige Regierung von Kanzler Sebastian Kurz auf Sie gehört?

In der Serie „Therapiestunde“ befragt profil Menschen nach den Lehren, die sie der Politik mitgeben können.

Franziska   Dzugan

Franziska Dzugan

schreibt für das Wissenschaftsressort, ihre Schwerpunkte sind Klima, Medizin, Biodiversität, Bodenversiegelung und Crime.

Elfi   Puchwein

Elfi Puchwein

ist seit 1999 als Fotoredakteurin bei profil.