FPÖ-Finanzskandal

Ein Abend am Würstelstand, eine Razzia bei einem Toten und die FPÖ

Die steirischen Blauen müssen bald eine Landtagswahl schlagen. Nach der Verurteilung eines Ex-FPÖ-Gemeinderates wegen Kindesmissbrauchs-Bildern spitzen sich die Ermittlungen um die Finanzen zu. Im Zentrum: Ein Gespräch am Würstelstand.

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Wenn Herbert Kickl und Mario Kunasek Samstagabend die Bühne der Messe Congress Graz betreten, geht es um die Wurst: Kickl will „Volkskanzler“ werden, Kunasek steirischer Landeshauptmann. Helfen soll ein Foodtruck, aus dem Kunasek Getränke, Popcorn, Frankfurter und Bratwürstel reicht. Dabei ist Grazer Wurst für die Freiheitlichen ein schlechtes Omen.

„Würstelstand-Ibiza“ nennt der „Standard“ jene kalte April-Nacht, die frischen Wind in die Finanzaffäre der steirischen Freiheitlichen brachte. Rund 1,8 Millionen Euro an Steuergeld könnte im Umfeld der Grazer Stadtpartei veruntreut worden sein, vermutet die Staatsanwaltschaft (StA) Klagenfurt. Bereits im November 2021 gestand der frühere Finanzreferent der Grazer Freiheitlichen, Matthias Eder: Er habe zwischen 2014 und 2021 bis zu 710.000 Euro veruntreut – im Alleingang. Eder will damit wohl tätige Reue zeigen.

Wirbel am Würstelstand

An einen Einzeltäter glauben die Ermittler nach fast drei Jahren Ermittlungen nicht. Neben Eder werden vier Vereine im Umfeld der FPÖ, vier Burschenschaften und sieben (Ex-) Freiheitliche verdächtigt, sich an Parteigeldern bereichert zu haben. Darunter: Der Spitzenkandidat für die steirische Landtagswahl am 24. November und Kickl-Intimus Kunasek. Die Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Unfreiwillige Unsicherheit in die „Einzeltäter-Theorie“ brachte Eder Mitte April selbst: An einem Würstelstand direkt vor dem Grazer Rathaus traf er gegen 22 Uhr zufällig auf Alexis Pascuttini und drei seiner Mitarbeiter. Die einstigen Weggefährten sind nun juristische Rivalen: Pascuttini vertritt als Obmann des früheren FPÖ-Gemeinderatsklubs ein potenzielles Opfer von Eders eingestandener Untreue – und inszeniert sich als Aufdecker in der freiheitlichen Finanzcausa. Nach wenigen Minuten schalteten Pascuttinis Mitarbeiter die Aufnahmefunktion ihrer Handys ein.

Max Miller

Max Miller

ist seit Mai 2023 Innenpolitik-Redakteur bei profil. Schaut aufs große Ganze, kritzelt gerne und chattet für den Newsletter Ballhausplatz. War zuvor bei der „Kleinen Zeitung“.