Nationalratswahl: Das war das Gespräch mit Sebastian Kurz
Sebastian Kurz über ...
Integration
"Wenn man sich die Flüchtlingsbewegung der letzten Jahre ansieht, war ich einer der ersten, der gesagt hat, dass das so nicht funktionieren wird. Ich bin jetzt eher überrascht, dass genau die Leute, die vor zwei Jahren gesagt haben, die Grenzen müssen offen sein, jetzt sagen: Warum sind diese Menschen noch nicht integriert? Warum sind sie noch immer gläubige Muslime? Warum behandeln sie die Frauen nicht so, wie wir sie wünschen? Warum sind sie nicht so gebildet und aufgeklärt, wie wir das erwartet haben?"
"Ich glaube, dass ich einen Beitrag geleistet habe, den Zustrom zu reduzieren. Diesen Weg möchte ich auch fortführen. Heißt: Den Zustrom weiter reduzieren, vor allem von Menschen aus anderen Kulturkreisen und von bildungsfernen Schichten. Auf der anderen Seite müssen wir die Migration von Menschen, die wir brauchen, ermöglichen und dafür sorgen, dass die Integration bestmöglich funktioniert."
Umfragen / mögliche Regierungsbildung
"Ich glaube, dass grundsätzlich drei Konstellationen möglich sind: Rot-Blau, Schwarz-Blau, oder Rot-Schwarze beziehungsweise Schwarz-Rot."
"Ich glaube, dass es nach der Wahl eine extreme Herausforderung wird, unsere Themen auch umsetzen zu können. Wenn ich eines gelernt habe, dann das, dass ich mit Gegenwind umgehen kann. Ich bin mir bewusst, dass es hart wird, aber dass wir es schaffen werden."
"Ich suche jetzt nicht groß den Austausch mit anderen Parteien. Ich habe nie jemanden ausgeschlossen und werde es weiterhin nicht machen."
"Ich stehe noch immer zu meiner Neuwahl-Entscheidung. Ich wollte der Bevölkerung einen eineinhalbjährigen Dauerwahlkampf ersparen."
"Die Weltanschauungen von Christian Kern und mir sind sehr unterschiedlich."
"Ich bin ein Anhänger von einem kurzen, fairen, intensiven Wahlkampf."
das Geilomobil
"Ich glaube, dass es durchaus einen großen Unterschied gibt, wenn man an der Spitze steht und die mediale Aufmerksamkeit hat und der Situation, in einer Jugendorganisation tätig zu sein. Unsere Herausforderung vor zehn Jahren war: Mein ganzes Umfeld und ich hatten die Meinung, wir haben gute Ideen, aber es war schwierig, die medial zu transportieren. (...) Da neigt man dann manchmal dazu, die eine oder andere recht laute, schrille Kampagne zu machen, um Aufmerksamkeit zu generieren. In der Hoffnung, dass man über die eigenen Themen und Vorstellungen reden kann. In der Spitzenfunktion gibt es diese Notwendigkeit nicht."
den bisherigen Wahlkampf
"Ich würde sagen, der intensive Wahlkampf hat noch nicht begonnen. Mal schauen, was da noch alles auf uns zukommt. Wir wollen uns nicht am Anpatzen beteiligen. Wir haben nicht vor, andere schlecht zu machen. Wir wollen mit unseren eigenen Ideen überzeugen. (...) Ich glaube auch nicht, dass sich die Bevölkerung allzu sehr davon beeinflussen lässt. Nur weil man fünfmal sagt, wie dumm die anderen sind, glaubt das die Bevölkerung nicht. Ich glaube nicht, dass es erfolgsgekrönt sein wird, bei denen, die das machen."
Tal Silberstein
"Kontakt hatte ich indirekt mit Silberstein, weil viel von seiner Arbeit in meine Richtung gerichtet war. Persönlich kenne ich ihn nicht. Er ist sicher einer der Besten in seinem Gebiet. Er ist international sicher einer der Besten auch im Dirty Campaining. (...) Dass jetzt die Verhaftung stattgefunden hat, ist keine große Überraschung. Ich hoffe, dass das eine Chance ist, dass die Methoden aus Amerika nicht so sehr nach Österreich hereinschwappen."
"Wenn man Sebastian Kurz gegoogelt hat in den letzten Monaten, waren die ersten Seiten, die man gefunden hat, Fake-Seiten, die pseudojournalistisch die Wahrheit aufdecken. Natürlich produziert jemand diesen Inhalt. (...) Nachdem Homepages offenlegen müssen, wer sie betreibt, wissen wir eh von wem das kommt. Ich habe aber nicht das Gefühl, dass es mir allzu sehr geschadet hat."
Donald Trump
"Ich sehe viele seiner Ansichten problematisch. Ich habe eine klare Meinung zu Antisemitismus und zu dem, was in den letzten Tagen in den USA stattgefunden hat und wie die Reaktionen des Weißen Hauses dazu waren. Wäre in Österreich so nicht denkbar und das ist auch gut so."
"Was die Außenpolitik betrifft, ist die Situation eine sehr angespannte, nicht nur mit Nordkorea. Die Ankündigung, ein besseres Verhältnis mit Russland pflegen zu wollen – das funktioniert gar nicht. (...) Wir haben eine angespannte Situation mit Nordkorea, teilweise gibt es Konflikte, die überhaupt nicht nachvollziehbar sind, wie jetzt mit dem Iran. (...) Außenpolitisch ist die Situation eine querdurch angespannte, das ist schlecht für alle Beteiligten, auch für uns."
den Brexit
"Großbritannien ist eins der wirtschaftlich wichtigsten Länder in der EU, ist militärisch wahrscheinlich das stärkte Land Europas, Großbritannien zu verlieren schwächt uns als EU massiv. (...) In erster Linie schwächt das die EU, in zweiter Linie ist es ein irrsinniger Aufwand diesen Brexit abzuwickeln. (...) Das Positive könnte sein, dass die längst überfällige Diskussion, wie es in der EU weitergeht, an Dynamik gewinnt."
Viktor Orban
"Orban würde ich gerne je nach Thema beurteilen. (...) Wenn wir über die Flüchtlingsfrage reden, stehe ich dazu, dass das Weiterwinken 2015 ein Bruch von Dublin war. Und Grenzschutz eigentlich das war, was das europäische Recht vorsieht. Das heißt nicht, dass man Flüchtlinge schlecht behandeln soll. (...) Wenn gegen europäisches Recht verstoßen wird, dann ist das schlecht, da sollten wir auch nicht zusehen. Das gilt genauso für Ungarn, wie für Polen und alle anderen."
sein ausstehendes Programm
"Sie können mich ja eh alles fragen. (...) Der Bundeskanzler, der seit über einem Jahr Parteichef ist, hat nach einem dreiviertel Jahr seinen Plan A präsentiert. Viele andere Parteien haben noch kein Programm vorgelegt, der Einzige, bei dem es ständig thematisiert wird, bin ich. Ich hab vor zwei Monaten übernommen, die Wahl ist im Oktober. Es wäre unseriös kein Programm vorzulegen. Es wäre aber auch unseriös jetzt einfach ein paar Mitarbeiter zu beauftragen, das zu schreiben. (...) Ich habe immer gut damit gelebt, mit Experten zu reden, mich mit Dingen auseinanderzusetzen."
Steuersenkungen
"Wir wollen mit einer Steuerreform zwölf bis 14 Milliarden einsparen. Das ist eine Herausforderung. Was mich positiv stimmt ist, dass viele andere Staaten in Europa das auch schaffen."
"Natürlich muss man das gegenfinanzieren. Allein wenn wir unsere Ausgaben nicht rasanter wachsen lassen als die Inflation, bringt das einige Milliarden Euro."
"Ein wichtiger Punkt ist das Wirtschaftswachstum. Wenn wir im selben Ausmaß wachsen wie die Deutschen, bringt das über die Legislaturperiode gerechnet wieder einige Milliarden Euro."
"Es vergeht immer noch kein Tag, an dem ich mir nicht denke, da wird mit Steuergeld anders umgegangen als wenn es privates Geld wäre."
"Generell werden wir die Förderungen in Österreich durchforsten müssen. Teilweise kommen die Gelder auch nicht da an, wo sie ankommen sollten. Da gibt es ein großes Einsparungspotenzial."
Kindergeld
"Das Kindergeld soll einkommensunabhängig bleiben. Das Problem ist: Wir geben hunderte Millionen Euro für Familienbeihilfe aus, die ins Ausland fließt. Davon abgesehen, dass man schwer kontrollieren kann, ob das wirklich die eigenen Kinder sind oder nicht, ist es zutiefst ungerecht. Wenn jemand zum Beispiel aus Rumänien bei uns arbeitet, und ohnehin dadurch schon deutlich mehr als im Heimatland verdient, bekommt man für zwei Kinder noch ein rumänisches Durchschnittseinkommen überwiesen. Wir verzerren damit den Markt."
Bildung
"Im Bildungsbereich muss versucht werden, dass junge Menschen zukünftig in Ausbildungen strömen, wo die Chance groß ist, dass sie dann auch einen Job finden. Bei schnellen Umfragen in Schulen, kann man die jungen Leute, die sich für MINT-Fächer interessieren, meist an einer Hand abzählen. Es geht darum: Wie können wir in jungen Jahren Lust auf diese Fächer machen? Wie schaffen wir möglichst schnell HTLs, die auf IT Jobs vorbereiten? Wenn wir da die Entwicklungen verschlafen, stehen wir sehr schnell sehr schlecht da. Wenn man an den Balkan oder in die baltischen Staaten schaut, da gibt es schon einen Trend, der in diese Richtung geht."
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Für profil.at berichteten Philip Dulle, Florian Ehrgott, Ines Holzmüller und Laura Schrettl.