Nationalratswahl: Das war das TV-Duell Kern gegen Kurz
Einmal mehr wurde deutlich, dass Kern und Kurz nicht nur politisch, sondern - nach dem zerschlagenen Porzellan der vergangenen Wochen und Monate - auch auf der emotionalen Ebene Welten trennen. Kern war zwar weniger angriffig als zuletzt im Puls 4-Duell, wo er im Stil eines Oppositionsführers auftrat. Er gab sich diesmal staatstragend Kanzler-like und griff den ÖVP-Chef vor allem inhaltlich an. Kurz zeigte sich davon unbeeindruckt.
TV-Konfrontation: Kern (SPÖ) - Kurz (ÖVP)
"Ich möchte ernsthafte Politik machen, nicht Milch und Honig versprechen", meinte Kern gleich mehrmals. Kurz' Wahlprogramme und -versprechen hielten der Realität nicht stand. Die ÖVP stehe vor allem für die Entlastung von Konzernen und Reichen. Der Kanzler bezeichnete Kurz gar als "Konzernversteher". Die SPÖ versuche, ihn in ein Eck zu stellen, wo er nicht hingehöre, konterte Kurz. Sein Ziel sei es, dass den Österreichern wieder mehr zum Leben bleibe. "Sollte ich gewählt werden, ist die erste Steuererleichterung eine Senkung der Lohnsteuer für kleine und mittlere Einkommen und ein Familienbonus", versprach Kurz.
Kern warnt vor Sozialabbau
Kern warnte indes vor Sozialabbau im Falle einer schwarz-blauen Regierung. Er stehe als Kanzler in der Tradition von Bruno Kreisky für soziale Balance. "Wir wollen dafür sorgen, dass es in Österreich gerecht zugeht." Und Kern betonte, dass entweder er selbst oder Kurz der nächste Bundeskanzler sein werde. "Ein Kanzler im Jahr 2017 muss den Mut und den Willen zur Veränderung haben", beschrieb Kurz das Job-Profil des Regierungschefs.
Fast auf einer Linie waren die beiden Spitzenkandidaten beim Thema Migration. Kurz propagierte seine bekannte Position des australischen Modells: Keine illegale Zuwanderung nach Europa. Flüchtlinge müssten an den EU-Außengrenzen gestoppt und zurückgestellt werden. Dem Kanzler warf Kurz vor, seine Meinung in dieser Frage in den vergangenen Monaten immer wieder geändert zu haben. Auch Kern sprach sich für verstärkten Grenzschutz aus und betonte, dass die Zahl der Zuwanderer in seiner Amtszeit rückläufig war.
So gut wie kein Thema waren die jüngsten Dirty Campaigning-Aktionen rund um Tal Silberstein. Der ehemalige SPÖ-Berater wurde überhaupt nur einmal genannt, als Kern den ÖVP-Großspender Stefan Pierer ins Spiel brachte, der laut SPÖ Steuerschlupflöcher nutze. "Tal Silberstein ist im Gefängnis und das Dirty Campaigning hört nicht auf", meinte Kurz da und verteidigte den KTM-Chef. Er kritisierte danach - wie schon auf Puls 4 - Kerns hohe Gage als ÖBB-Manager, was wiederum den Kanzler verärgerte. Er habe von Schwarz-Blau ein kaputtes Unternehmen übernommen und die ÖBB saniert. Als Kurz auf die hohen Staatsausgaben für die ÖBB verwies, meinte Kern nur: "Ich erklär ihnen mal, wie die Gewinn- und Verlust-Rechnung funktioniert, dann verstehen sie vielleicht auch ihr Steuerprogramm besser."
Auch die Parlamentssitzung am Donnerstag mit den möglichen Beschlüssen zur Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten sowie zur Unterhaltsgarantie für Alleinerzieherinnen war Thema der ORF-Debatte. Die ÖVP sei zwar für die Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten, werde einem "Husch-Pfusch-Gesetz" ohne Begutachtung und Gegenfinanzierung aber nicht zustimmen - "weil wir von der Politinszenierung drei Tage vor der Wahl nichts halten", so Kurz. "Wir wollten das 20 Jahre lang. Das ist leicht beschließbar, man muss es nur tun", erwiderte Kern. "Beim Unterhaltsrecht haben wir genau das selbe", so Kern. "Der Unterschied ist, wir wollen nicht, dass wieder wie bei der Familienbeihilfe Hunderte Millionen Euro an Kinder, die im Ausland leben, fließen", so Kurz' Replik.
Der Frage, ob nach der Wahlkampfschlammschlacht der vergangenen Wochen überhaupt noch eine Vertrauensbasis zwischen ihnen möglich sei, wichen die Kandidaten mehr oder weniger aus. "In der Politik geht es nie um Liebesheiraten, sondern um Vernunftehen. Das wird eine Aufarbeitungsphase brauchen", meinte der SPÖ-Chef. Kurz erklärte, dass die ÖVP mit allen Parteien Gespräche führen werde. SPÖ und FPÖ planten aber ohnehin bereits an einer rot-blauen Koalition, so Kurz, der seine These mit einem Foto von Kern und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache beim gemeinsamen Bier nach deren ORF-Duell unterstrich.
Nach knapp 18 Minuten reiner Redezeit beider Kandidaten endete die vorletzte von rund 50 TV-Diskussionen in diesem Wahlkampf. Am Donnerstag findet im ORF schließlich die letzte Elefantenrunde statt.