NEOS-Abgeordnete Krisper: „Justizministerin muss handeln“
Vor zwei Jahren zog die Justiz Karl Mahringer, damals einziger Afghanistan-Gutachter im Asylverfahren, aus dem Verkehr. Nun taucht der Name, der 2019 von der Sachverständigenliste verschwand, in einer neuen Rolle wieder auf – als Experte für schwules Leben im Irak.
Laut profil-Recherchen betraute ein Richter des Bundesverwaltungsgerichts – im Asylverfahren die zweite Instanz – Mahringer damit zu erkunden, wo sich Homosexuelle in Bagdad und Basra treffen, wíe sie Kontakte anbahnen und ihre sexuelle Orientierung ausleben. Mahringer hatte von 2017 an mit einem General-Gutachten zur Versorgungslage in Afghanistan die Judikatur mitgeprägt. Dutzende Richterinnen und Richter zogen seine Expertise heran, ungeachtet heftiger Kritik, dass er weder formale Standards einhalte noch Unhcr-Befunde oder EU-Asylagenturberichte zur Kenntnis nehme.
Erst unter medialem Druck bröckelte sein Deutungsmonopol. Dass er nun als Irak-Experte in Asylverfahren von Homosexuellen aus dem Irak herangezogen wird, hält Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper für einen „doppelten Skandal“. Sie bringt eine parlamentarische Anfrage zum 39-seitigen Recherchebericht ein, der zu einem erheblichen Teil aus Google-Maps-Screenshots besteht. Dass Mahringers Arbeit „weder wissenschaftlich noch vertrauenswürdig ist, wurde gerichtlich durch den Entzug seiner Zulassung längst bestätigt“, sagt Krisper. Und: „Die Justizministerin muss handeln.“ Gewaltakte gegen Angehörige sexueller Minderheiten – von körperlichen Übergriffen über Entführungen bis zu Tötungen – bleiben im Irak so gut wie immer ungesühnt. Die Dunkelziffer gilt als enorm.
Täter sind Staatsdiener ebenso wie Miliz-Vertreter oder Familienangehörige. Marty Huber und Ralph Guth von Queerbase, einer NGO, die sich um die verletzliche Gruppe von Flüchtlingen kümmert, die sexuellen Minderheiten angehören, erklären gegenüber „profil“: „Wer glaubhaft queer ist, bekommt Asyl. Uns ist kein einziger Bescheid bekannt, wo das anders gewesen wäre.“ Für sie steht jetzt „als entscheidende Frage im Raum, ob dieser Richter bei Homosexuellen aus dem Irak befangen ist.“ Das Bundesverwaltungsgericht verweist auf „profil-Anfrage“ auf die freie, richterliche Beweiswürdigung. Aus dem Justizministerium heißt es, man gehe der Causa nach.
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