Reportage

Neues Hallenbad in Krems: Herr Rudi trauert um sein Restaurant

Einige Kremser jubeln über den Neubau des örtlichen Bads, andere bedauern eine Lärche, ein Gasthaus und die Härte der Welt.

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Im Kremser Hallenbad geht die Uhr nicht richtig. Es ist schon fast Mittag, doch die Uhrzeiger stehen auf 10.30 Uhr. Die Zeitumstellung allein kann nicht schuld sein, zu groß ist der Unterschied zur tatsächlichen Uhrzeit. Wenige Minuten nach Mittag steigt der Bademeister auf eine Holzleiter, nimmt die Uhr von der Wand über dem Sportbecken und will den Fehler beheben. Doch weil sich die Zeiger nicht manuell verstellen lassen, sondern wie bei jeder Funkuhr per Knopfdruck synchronisiert werden, ist das nicht so einfach. „Das kann dauern“, sagt der Bademeister zu einem Gast. „Dafür brauchen wir ein Signal von draußen.“

Das Hallenbad in Krems – mit 25.000 Einwohnern die fünftgrößte Stadt Niederösterreichs – ist ziemlich aus der Zeit gefallen. Das merkt man nicht nur an der Uhr. Die Gestelle der meisten Liegen sind angerostet, die Schlüsselbänder vieler Garderobenkästchen haben Löcher, und das Braun der Bodenfliesen ist seit ungefähr 30 Jahren nicht mehr in Mode. Bald wird das Bad verschwunden sein.

Draußen haben die Bauarbeiten schon begonnen. Bis Mai 2026 soll Krems ein neues Hallenbad bekommen. Es soll alle Stücke spielen. In den Plänen sind ein Wellnessbereich, ein Panoramapool mit Blick auf die benachbarte Donau und eine lange Rutsche vorgesehen. Ziemlich sicher werden auch die Liegen und die Umkleidekästchen ausgetauscht. „Endlich!“, könnte man sagen. Doch nicht alle Kremser sind über den Neubau erfreut. Die Causa hat Züge einer Kleinstadtposse, trägt aber auch große Fragen nach dem gesellschaftlichen Zusammenhalt in sich.

Moritz Ablinger

Moritz Ablinger

war bis April 2024 Redakteur im Österreich-Ressort. Schreibt gerne über Abgründe, spielt gerne Schach und schaut gerne Fußball. Davor beim ballesterer.