Oberösterreich bekommt das illegale Glücksspiel nicht in den Griff
Es ist ein Katz-und-Maus-Spiel, das sich die Behörden in Oberösterreich mit der Glücksspielmafia liefern – derzeit hat die Maus das bessere Ende für sich. Denn immer noch stehen im ganzen Bundesland rund 1000 illegale Automaten, wie profil bereits in der Vorwoche berichtete. Die Finanzpolizei leistet Sisyphos-Arbeit: Kaum beschlagnahmt sie Geräte ohne Konzession, bestückt die kriminelle Bande an Ort und Stelle wieder nach.
Wie kann das sein? Ein Rundruf bei Politikern und Polizisten zeigt: Landes- und Bundesgesetze sind im Glücksspielbereich viel zu lasch.
Der Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) kennt das Problem. Angesprochen auf ein Wettcafé mit illegalen Automaten im Linzer Einkaufszentrum "Infra-Center", sagt er: "Mir fehlt da derzeit leider die rechtliche Handhabe." Einer seiner Mitarbeiter beobachtet, dass Wettlokale in Linz "wie Schwammerl aus dem Boden schießen". Die Lokale haben zwar eine Genehmigung für das Anbieten von Wetten – einige der Lokale stellen allerdings auch illegale Automaten auf.
Die Wurzel allen Übels ist, dass wir Kommunen überhaupt keine Möglichkeit haben, den Betrieb von Wettbüros zu untersagen (Linzer Bürgermeister Klaus Luger)
Legale Wettlokale sind damit ein zentrales Einfallstor für illegales Glücksspiel. "Die Wurzel allen Übels ist, dass wir Kommunen überhaupt keine Möglichkeit haben, den Betrieb von Wettbüros zu untersagen – deren Tätigkeit genehmigt ausschließlich das Land", klagt Luger. In Oberösterreich hat sich eine freihändige Vergabe von Wettlizenzen etabliert: Während das Vorarlberger Wettgesetz etwa Schutzzonen rund um Schulen, Kindergärten und Suchttherapie-Zentren vorsieht, kennen die Oberösterreicher keine Einschränkungen. Das geht so weit, dass in Linz vor einigen Monaten ein Wettlokal direkt neben einer psychosozialen Einrichtung eröffnen wollte, in der auch Spielsüchtige betreut werden. Das Land genehmigte den Standort trotzdem, die Sozialeinrichtung erhob Einspruch. Eine Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts steht aus.
Dem Welser Vize-Stadtchef Gerhard Kroiß (FPÖ) geht es ähnlich wie seinen Linzer Kollegen; er kann den illegalen Betreibern nur beim Geschäftemachen zusehen. "Aktuell versuchen wir, eine Verbotszone über die Raumordnung einzurichten – und damit solche Lokale überhaupt zu verunmöglichen."
Gespräche mit Politikern und Beamten führen alle zur selben Erkenntnis: Wirklich wirksam gegen illegale Automaten sind nur Betriebsschließungen. Dafür ist in den Statutarstädten Linz und Wels die Landespolizeidirektion (LPD) zuständig. "Das rechtliche Instrumentarium ist nicht geeignet", sagt Erwin Fuchs, stellvertretender Polizeichef in Oberösterreich. Zwar verhängte die LPD im Jahr 2017 allein in Linz sieben Betriebsschließungen wegen illegaler Automaten. Doch das nützte laut Fuchs wenig: "Bisher kommt nur ein Pickerl auf die Tür, das wird von den Betreibern heruntergerissen, und dann wird weitergespielt. Nachdem dieses Strafsystem nicht greift, müssten wir Zwangsmaßnahmen setzen, um den Zutritt zum Lokal zu verunmöglichen – indem wir das Lokal verbarrikadieren oder die Tür austauschen. Diese Möglichkeit gibt es im Glücksspielgesetz derzeit nicht."
Das ist eine echte Eskalation, die da stattfindet, ohne Rücksicht auf Rechtsstaatlichkeit. (Wilfried Lehner, Chef der Finanzpolizei)
Der Chef der Finanzpolizei, Wilfried Lehner, geht noch weiter. Wegen zunehmender Kontrollen verschärfen auch die illegalen Glücksspielbetreiber ihre Sicherheitsmaßnahmen – und versperren ihre Lokale beim Verdacht einer Polizei-Razzia: "Wir haben es in der Zwischenzeit mit eigenen Magnetschlössern zu tun, die mit Internetsteuerung verschlossen werden. Die sind nur noch durch rohe Gewalt aufzubringen. Das ist eine echte Eskalation, die da stattfindet, ohne Rücksicht auf Rechtsstaatlichkeit. Bis wir drinnen sind, ist alles verschwunden – die Automaten werden vom Netz genommen oder umprogrammiert. Das ist völlig unbefriedigend. Wir müssten daher über eine umgekehrte Beweislast nachdenken. Wenn der Betreiber schon die Kontrollhandlung vereitelt, soll er nachweisen müssen, dass er kein illegales Glücksspiel betrieben hat."
In Oberösterreich ressortieren die Glücksspielagenden beim blauen Landesrat Elmar Podgorschek. Zwar unterschreibt der FPÖ-Politiker die Forderungen an die Bundespolitik, er wünscht sich "effizientere Schließungsmaßnahmen – wie Stromzufuhr abtrennen oder das Lokal unzugänglich machen". Von einem strengeren Wettgesetz und Verbotszonen für Wettlokale wollte der Landesrat allerdings nichts wissen. Das Katz-und-Maus-Spiel geht weiter.