Öffentliche Aufträge für Wahlkampfagentur von Kurz

Eine parteinahe Werbeagentur aus Niederösterreich erhält öffentliche Aufträge von der Landesregierung und ÖVP-geführten Ministerien. In Wahlkämpfen vertraut Sebastian Kurz auf die Vermarkter.

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Die Auftragsvergabe lief – wie vieles in Niederösterreich – streng geheim. „Für den Zeitraum 2020 bis 2024 wurde eine Rahmenvereinbarung über die Erbringung von Eventmanagementleistungen mit vier Unternehmen abgeschlossen“, steht im Sitzungsprotokoll der niederösterreichischen Landesregierung vom 18. Februar 2020. Mehr nicht.

Die Auftragssumme und, besonders relevant, welche Agenturen den Zuschlag erhielten, das geht die Öffentlichkeit nichts an.

Ein profil vorliegendes Regierungsdokument beantwortet nun beide Fragen: Um jährlich bis zu 230.000 Euro sollen vier Agenturen „festliche Empfänge, Eröffnungen von Landesgebäuden, Pressekonferenzen, Roadshows“ und andere Events für das Land ausrichten. Gesamtvolumen für fünf Jahre: 1,15 Millionen Euro. Mehrere Gesellschaften im Eigentum des Landes – etwa die Landeskliniken oder die Wirtschaftsagentur – können auf das Rahmenbudget zugreifen.

Den Zuschlag erhielten laut dem Dokument die Inszenierte Kommunikation Marketing GmbH, die GPK Event- und Kommunikationsmanagement GmbH, die That’s the Way Eventmanagement GmbH und die Media Contacta GmbH.

Insbesondere die letztgenannte Agentur empört die NEOS – denn einer der Eigentümer der Media Contacta war einst ÖVP-Stadtrat in Korneuburg. Die Agentur war immer wieder für die ÖVP im Wahlkampf engagiert, auch im Bund für Sebastian Kurz.

„Die ÖVP missbraucht in Niederösterreich ihre absolute Mehrheit dazu, um Steuergeld an Parteifreunde zu verteilen“, sagt Indra Collini, Chefin der niederösterreichischen NEOS. Und: „Verlierer dieser systemischen Freunderlwirtschaft sind Unternehmen, die keine engen Verbindungen zur ÖVP haben.“

Das Land Niederösterreich erklärte auf profil-Anfrage: „Die Ausschreibung wurde europaweit nach dem Bestbieterprinzip durchgeführt. Sieben Unternehmen haben Angebote abgegeben.“ Der Zuschlag für die vier Agenturen fiel durch einen Jury-Entscheid, wobei der Preis mit 30 Prozent und die Qualität des Angebots mit 70 Prozent gewichtet wurde. Zur Frage, wer der Jury angehörte, blieb das Land vage: „Die Mitglieder setzten sich zusammen aus der Fachabteilung sowie aus externen Personen, die regelmäßig mit der Durchführung von Veranstaltungen befasst sind.“ Politische Entscheidungsträger hätten an der Auswahl der Fachjury jedenfalls nicht mitgewirkt. Offene Fragen wie diese wollen die NEOS nun durch eine Anfrage an die Landeshauptfrau klären.

Fest steht: Die Media Contacta ist im Wahlkampf oft zur Stelle, um Scheinwerfer auf Sebastian Kurz zu richten: Ob bei Bundesländertouren, Pressekonferenzen oder dem Wahlkampfauftakt im Jahr 2017, zu dem tausende türkise Parteigänger in die Wiener Stadthalle gelotst wurden. Das ist nicht ungewöhnlich, auch andere Parteien setzen auf professionelle Hilfe aus der Werbebranche.

Bemerkenswert ist allerdings, wo die Media Contacta ihren Firmensitz angemeldet hat: In einem Gebäude der niederösterreichischen Landesregierung. Dafür zahle die Agentur eine „marktübliche“ Miete, erklärte das Land Niederösterreich in der Vergangenheit wiederholt. Details bleiben auch hier – geheim. Bemerkenswert ist auch, für wen die Agentur in Nicht-Wahlkampfzeiten arbeitet: Für ÖVP-geführte Ministerien und das Land Niederösterreich.

Das Landwirtschaftsministerium buchte die Agentur im Jahr 2019 etwa für das Familienfest im Schlosspark Schönbrunn, bei dem auch Sebastian Kurz auftrat – und das für viel Kritik sorgte, weil es mehr einem Parteievent glich. Auftragswert: Über 200.000 Euro.

Auch den Danube Day, der Kindern Infos zur Donau vermitteln soll, koordinierte die Agentur 2019 und 2020 für das Ressort. Gesamtpreis: 16.600 Euro. Außerdem unterstützte die Media Contacta die Ministerin im Vorjahr bei zwei Pressekonferenzen – und verrechnete dafür 12.900 Euro.

Deutlich teurer geriet mit 21.600 Euro die Pressekonferenz von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck, die 2019 das Digitale Amt präsentierte, eine Online-Applikation, die Behördenwege erleichtern soll.

Dennoch lief es für die Media Contacta schon einmal besser. Für die Eventagentur gab es im Corona-Jahr weniger zu holen. Daran ändert auch der Rahmenvertrag aus Niederösterreich nichts. „Da es aufgrund der Corona-Pandemie keine Veranstaltungen gibt, wurden seit dem Abschluss der Rahmenvereinbarung keine Leistungen abgerufen“, erklärte ein Sprecher des Landes.

Jakob   Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef bei profil und leitet den Faktencheck faktiv.