Social Media

Öffentliche Stellen gaben über eine Million für TikTok-Werbung aus

Eine Auswertung zeigt: Die chinesische Video-App wird bei politischen Werbekund:innen immer beliebter. Und das, obwohl TikTok im Verdacht steht, für China zu spionieren. Was sagen Österreichs EU-Kandidat:innen dazu?

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2,1 Millionen Österreicher:innen nutzen TikTok (laut TikTok selbst) zumindest einmal im Monat. Beliebt ist die App vor allem bei Jugendlichen – 68 Prozent swipen regelmäßig durch die Videos. Doch so verbreitet und beliebt TikTok ist, so umstritten ist die App auch. Die Europäische Kommission hat ein Verfahren gegen den chinesischen Konzern eingeleitet. 

Der Grund: TikTok soll Jugend- und Datenschutz nicht besonders ernst nehmen. In der Kritik steht etwa die fehlende Transparenz von Werbung und ein Algorithmus, der süchtig machen soll. Dagegen würde die Plattform nicht genügend tun. Das im Herbst letzten Jahres verabschiedete EU-Gesetz über digitale Dienste (kurz: DSA), verpflichtet Plattformen dazu, streng gegen illegale Inhalte und Hass im Netz vorzugehen – dies passiert laut der Kommission im Falle von TikTok nicht ausreichend.

Österreich und das umgangene TikTok-Verbot auf Beamtenhandys

Und wie sieht es in Österreich aus? Als eines der wenigen europäischen Länder gibt es hierzulande bereits Einschränkungen. Damit gemeint ist das TikTok-Verbot auf Beamt:innenhandys. Grund für das im Mai 2023 eingeführte Verbot waren laut Innenminister Gerhard Karner Sicherheitsbedenken. Der Erlass wird jedoch umgangen – indem Beamt:innen die App auf ihren Privatgeräten oder auf sogenannten „offenen Telefonen“ verwenden, um beispielsweise TikTok-Profile von Ministerien oder Politiker:innen zu bespielen.

Sechsstellige Zahlungen für TikTok-Werbung

Obwohl österreichische Institutionen TikTok offiziell kritisch gegenüberstehen, zahlen sie dennoch gerne für Reichweite auf der Plattform. Laut einer profil-Auswertung von Medientransparenz-Daten der KommAustria investierten Ministerien, Länder und öffentliche Unternehmen zwischen 2020 und 2023 insgesamt über eine Million Euro für Werbung auf TikTok. An der Spitze steht die Österreichische Post, die rund 133.000 Euro investierte, gefolgt vom der Wiener Arbeitnehmer:innen Förderungsfonds mit 108.000 Euro oder dem grünen Klimaministerium  mit 94.000 Euro. 

In den USA steht gar ein komplettes TikTok-Verbot im Raum, weil TikTok teil des chinesischen Unternehmens ByteDance ist, der laut Befürchtungen amerikanischer Sicherheitsexpert:innen Informationen wie User:innendaten nach China verschicken soll – und damit ein Einfallstor für Spionageaktivitäten ist. TikTok hat nun eine Deadline von einem Jahr bekommen – bis dahin haben die Betreiber Zeit, ihre amerikanischen Anteile an eine US-amerikanische Firma weiterzuverkaufen. 

Im derzeit laufenden EU-Wahlkampf sind die europäischen TikTok-Ermittlungen auch Thema. profil fragte alle österreichischen Spitzenkandidat:innen, wie sie zu den derzeitigen Ermittlungen oder gar einem Verbot der Videoplattform stehen.

FPÖ: Absurder Schritt der EU

Ganz klar gegen die Ermittlungen und ein Verbot von TikTok positioniert hat sich der FPÖ-Spitzenkandidat Harald Vilimsky: „Das Verbot einer beliebten App wäre ein absurder Schritt der EU. Wer keine bestimmten Apps möchte, braucht diese ja nicht zu laden. Auch viele andere Apps saugen (leider) Daten, niemand ist verpflichtet, diese zu verwenden.“ 

SPÖ: Es muss Konsequenzen geben

Andreas Schieder von der SPÖ hat hier jedoch eine andere Meinung: „Nachdem die EU-Kommission als Hüterin der EU-Verträge offensichtlich Gründe sieht, ein Verfahren gegen TikTok einzuleiten, ist eine rechtliche Überprüfung natürlich gerechtfertigt. Sollten die Gerichte Verfehlungen beanstanden, muss es Konsequenzen für TikTok geben.“

Neos: Für ein gemeinsames europäisches Vorgehen

Ähnlich wie Schieder sieht das auch Helmut Brandstätter von den Neos: „Es ist die Aufgabe der EU-Kommission, TikTok entsprechend zu sanktionieren. Wir sind jedenfalls gegen nationale Alleingänge und für ein gemeinsames europäisches Vorgehen.“

Grüne begrüßen Verfahren

Gegen ein generelles Verbot einzelner Apps wie TikTok sind die Grünen, sie begrüßen jedoch, dass die europäische Kommission ein Verfahren eingeleitet hat: „Dabei geht es etwa um Fragen des Jugendschutzes, der Transparenz bei Werbung, des Datenzugangs für Forscher sowie des Risikomanagements in Bezug auf süchtig machendes Design und schädliche Inhalte.“

Lopatka: „Stehen für Kampf gegen Desinformation“

Auch der ÖVP-Spitzenkandidat Reinhold Lopatka unterstützt das Agieren der Europäischen Kommission: „Wir als Volkspartei stehen für einen starken Jugendschutz und einen Kampf gegen Desinformation. Wenn im Rahmen der Überprüfung Missstände identifiziert wurden, sollte die Europäische Kommission auch darauf reagieren.“

Natalia Anders

Natalia Anders

ist Teil des Online-Ressorts und für Social Media zuständig.