Der Sohn von Wolfgang Fellner ist der neue starke Mann in der Mediengruppe "Österreich"
Interview

Niki Fellner: „Wir sehen uns als Medium, das Frauen eine starke Stimme gibt“

Niki Fellner ist der neue starke Mann von „Österreich“. Im Interview verteidigt er seine Mediengruppe gegen Korruptionsverdacht und seinen Vater gegen Sexismus-Vorwürfe.

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„Fellner ist ein Kapitalist. Wer zahlt schafft an. Ich liebe das“, schrieb Thomas Schmid am 1. August 2017 über Ihren Vater Wolfgang. Was kann er damit gemeint haben?
Fellner
Ich glaube, bei Thomas Schmid ist überhaupt die Frage, was er in vielen seiner Chats gemeint hat. Festhalten möchte ich, dass sich von all den strafrechtlichen Vorwürfen, die die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen uns erhoben hat, kein einziger bewahrheitet hat. Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass dieses Verfahren eingestellt gehört. Dieser Chat zeigt wie viele andere, dass Schmid versucht hat, sich wichtig zu machen. Von unserer Seite wurde aber nichts Unrechtmäßiges getan. Es wurden keine Umfragen gefälscht. Umfragen mit identen Ergebnissen sind auch im profil und anderen Medien erschienen. Wir hatten keine Bevorzugung bei Inseratenvergaben durch das Finanzministerium, im Gegenteil: Andere Medien haben sogar mehr Geld bekommen. Die Ausgaben des Finanzministeriums sind bei allen Medien deutlich gestiegen.
Die WKStA vermutet, dass diese Steigerung der Versuch der Verschleierung des „Beinschab-Österreich-Tools“ gewesen sein könnte.
Fellner
Diesen Zusammenhang gibt es aber einfach nicht. Das wird sich alles in Luft auflösen. Ich kann nur noch einmal appellieren, das Verfahren einzustellen, weil an diesen Vorwürfen einfach nichts dran ist.
Im Grunde lautet der Vorwurf, dass man sich bei Ihnen positive Berichterstattung kaufen kann.
Fellner
Das ist aber ein Vorwurf, der nicht stimmt und den ich aufs Schärfste zurückweisen muss. Ich glaube, es gibt kein Medium, das derzeit so regierungskritisch berichtet wie wir. Schauen Sie sich einfach unsere Titelseiten der letzten Monate an. Da kann uns niemand vorwerfen, dass wir Regierungspropaganda betreiben.
Wer nicht bucht, wird attackiert? Die Regierung hat ihre Inserate seit den Hausdurchsuchungen im Herbst 2021 deutlich reduziert.
Fellner
Das hat damit nichts zu tun. Wir schreiben prinzipiell das, von dem wir glauben, dass es die Meinung unserer Leser widerspiegelt. Und ich glaube, die Mehrheit der Österreicher sieht die allgemeine politische Lage derzeit sehr kritisch, Stichwort Teuerung. Wenn wir der Meinung sind, dass etwas Positives passiert, werden wir es auch positiv hervorheben. Aber mit den Inseraten hat das überhaupt nichts zu tun.

Wir lassen uns nicht erpressen – weder von Hans Peter Doskozil, noch von jemand anderem.

Niki Fellner

weist einen Zusammenhang zwischen Inseraten und Berichterstattung scharf zurück.

Aus dem Burgenland heißt es: Seit dem Inseratenstopp Anfang 2021 würde schlechter über Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) berichtet werden.
Fellner
Das ist absoluter Blödsinn. Es war genau umgekehrt: Wir haben kritisch berichtet. Daraufhin hat man aus dem Burgenland keine Inserate mehr geschaltet und versucht, uns scheinbar zu erpressen. Wir lassen uns aber nicht erpressen – weder von Hans Peter Doskozil, noch von jemand anderem. Diese weinerliche Attacke, die er am SPÖ-Parteitag gegen uns geritten hat, ehrt uns zwar. Hätte er die zehn Minuten, die er über uns hergefahren ist, inhaltlichen Punkten gewidmet, hätte er diese Wahl vielleicht gewonnen.
Ihr Vater hat Hans Peter Doskozil nach der Rede live auf Sendung „Sexist“ und „Macho“ genannt. Ist Doskozil auch Ihrer Meinung nach ein Sexist?
Fellner
Das ist nicht meine Wortwahl. Es gab aber immer wieder die Kritik, auch von anderen Medien, dass er sehr viele Männer in seinem Umfeld hat. Nachdem Hans Peter Doskozil keine Rolle mehr in der österreichischen Innenpolitik spielt, ist es, glaube ich, auch egal.
Die Aussage Ihres Vaters hat deshalb einen fahlen Beigeschmack, weil Wolfgang Fellner vorgeworfen wird, Frauen sexuell belästigt zu haben. Warum arbeitet er noch in Ihrem Unternehmen?
Fellner
Warum soll er nicht mehr hier arbeiten? Es ist alles mittlerweile geklärt. Und es gibt – bis auf medienrechtliche Verfahren – keine einzige Verurteilung.

Anmerkung

Wolfgang Fellner wurde zweimal strafrechtlich wegen übler Nachrede verurteilt, da er die Schilderungen seiner Ex-Mitarbeiterinnen Katia Wagner und Raphaela Scharf öffentlich als Lüge bezeichnet hatte.

Ex-Oe24.at-Moderatorin Nora Kahn ist gerade erst vor die Gleichbehandlungskommission gezogen.
Fellner
Gut sechs Jahre nach dem angeblichen Vorfall. Da kann man sich auch fragen: Warum kommt das jetzt? Es ist schon sehr merkwürdig, wenn die Vorwürfe erst Jahre später erhoben werden.

Wir sind immer stolz, dass wir viele weibliche Interviewgäste einladen. Wir sehen uns als Medium, das Frauen eine starke Stimme gibt.

Niki Fellner

verteidigt seine Mediengruppe "Österreich" gegen Sexismus-Vorwürfe.

Wie sehr stören Sie die Gegendarstellungen, die Sie immer wieder in Ihrer Zeitung abdrucken müssen?
Fellner
Die gibt es bei uns wie bei anderen Medien – zum Beispiel beim profil – auch.
Nicht wegen Belästigungsvorwürfen.
Fellner
Auch bei uns ging es um Berichterstattung.
Von außen hat es eher so gewirkt, als würden Sie eine Kampagne gegen die Frauen fahren, die Ihrem Vater sexuelle Übergriffe vorwerfen. Ist das vertrauensbildend gegenüber den Frauen in Ihrem Unternehmen?
Fellner
Verglichen mit anderen Medienunternehmen haben wir deutlich mehr Frauen in Führungspositionen. Alleine aus meiner Familie sind fünf Frauen bei uns in Führungspositionen tätig. Wir haben Daniela Bardel als Chefredakteurin, Isabelle Daniel als Politik-Chefredakteurin, Katharina Latsch als Chief Sales Officer. An ganz vielen Führungspositionen sind Frauen tätig. Wenn Sie mit denen reden, erhalten Sie ein ganz anderes Bild als es von manch einem Medium – vielleicht auch im Lichte des Wettbewerbs – transportiert wird.
Gibt es Ihnen nicht zu denken, dass sich viele Politikerinnen und Politiker nicht mehr zu Ihrem Vater in die Sendung setzen?
Fellner
Ich habe zu den meisten Politikern ein sehr sachliches und der kritischen Distanz durchaus Rechnung tragendes Verhältnis. Im Zuge des Generationenwechsels übernehmen Isabelle Daniel und ich zunehmend die Moderationen. Ich sehe hier kein Problem, was unser Medienhaus betrifft. Im Gegenteil: Wir sind immer stolz, dass wir viele weibliche Interviewgäste einladen. Wir sehen uns als Medium, das Frauen eine starke Stimme gibt.

Die Sendungen, die mein Vater moderiert, haben jedenfalls sehr gute Quoten. Den Sehern dürfte es gefallen.

Niki Fellner

sieht keinen Grund, seinen Vater von der Bildfläche verschwinden zu lassen

Es gibt also keine Pläne, Wolfgang Fellner von der Bildfläche verschwinden zu lassen?
Fellner
Nein, die gibt es nicht. Ich sehe auch keinen Grund dafür. Wenn mein Vater das in seiner Lebensplanung irgendwann so sieht, wird er das entscheiden. Die Sendungen, die er moderiert, haben jedenfalls sehr gute Quoten. Den Sehern dürfte es gefallen.
Wir haben uns ein paar Ihrer Zeitungsbeilagen angeschaut. Dabei fällt auf: Es gibt Inserate und Berichterstattung von bzw. über die gleichen Unternehmen in derselben Beilage. Die redaktionellen Artikel ähneln den Werbebeiträgen. Sind das Werbekooperationen?
Fellner
Das sind Sonderthemen, die bei uns wie bei den meisten anderen Medien auch erscheinen. Hier werden gewisse Themenumfelder geschaffen, die in unserer normalen Zeitung nicht vorkommen. Diese Sonderthemen bieten auch einen Mehrwert für unsere Leser, da sie sich mit Themen beschäftigen, die in der klassischen Berichterstattung sonst nicht vorkommen. 
Sind alle Inhalte darin Werbung?
Fellner
Nein. Das sind Sonderthemen und Beilagen. Die Berichterstattung für die Beilagen wird nicht von der Redaktion gemacht, sondern von einem eigenen Team. Dazu werden themenaffin Inserate gebucht.
Der Presserat hat Sie genau für solche „redaktionellen Beiträge“, bei denen laut Urteil die journalistische Distanz fehlte, verurteilt. Zum Beispiel im Falle eines Artikels über zwei Bauprojekte der SIGNA-Holding: Der Presserat nennt diese beiden Beiträge „verdeckte Werbung“.
Fellner
Das war aber ebenfalls keine Werbung. Wir haben uns das angeschaut. Ich kann diese Entscheidung nicht nachvollziehen.
Anfang des Jahres hat sich Ihr Vater Wolfgang Fellner operativ aus der Geschäftsführung der Mediengruppe zurückgezogen. Was soll sich unter Ihrer Führung ändern?
Fellner
Das wesentlichste Ziel ist die digitale Transformation. Ich möchte den digitalen Umsatz bis Ende nächsten Jahres verdoppeln und digitaler Marktführer werden. Die Schritte, die wir in den ersten sechs Monaten gesetzt haben, sind vielversprechend. Wir sind derzeit das am stärksten wachsende Onlinemedium – im Juni mit einem Plus von mehr als 40 Prozent zum Vorjahr. Das liegt auch daran, dass wir den stärksten Fokus darauf legen. Es werden in der Redaktion künftig nur noch Artikel für Digital geschrieben, nur noch digital gearbeitet und das Printprodukt wird aus dem Digitalen gestaltet.
Ende 2021 stand die Mediengruppe gerüchteweise kurz vor dem Zusperren, Ende 2022 kam es zum großen Schuldenschnitt. Wie viel Zeit haben Sie für den Umbruch?
Fellner
Wir sind jetzt in der glücklichen Lage, dass wir die Aufgaben gemacht haben, die vielen anderen Printmedien bevorstehen. Wir haben letztes Jahr viele einschneidende Maßnahmen gesetzt: Wir haben unsere Sonntags-Printzeitung gegen eine Digitalausgabe ersetzt, unsere Druckerei geschlossen und rund 15 Prozent der Stellen gekürzt. Dadurch haben wir das Unternehmen so aufgestellt, dass es jetzt auf ganz soliden Beinen steht. Insofern haben wir, glaube ich, mehr Zeit als viele andere. Das heißt aber nicht, dass wir uns mehr Zeit nehmen werden. Im Gegenteil: Ich möchte der Schnellste sein bei der digitalen Transformation.
Wann werden die Printzeitungen eingestellt?
Fellner
Auf absehbare Zeit wird es die Printzeitungen bei uns weitergeben. Da reden wir von fünf Jahren oder mehr. Print hat in Österreich nach wie vor einen höheren Stellenwert als in anderen Ländern. In Zukunft wird das Printprodukt allerdings bei uns – aber auch bei anderen Medien – eine untergeordnete Rolle gegenüber den digitalen Produkten spielen.
Print bringt Geld. Eine Auswertung des Medienhauses Wien zeigt: In Ihren beiden Zeitungen wird pro Leser von der Regierung auch am meisten inseriert. Was macht Ihre Werbeleistung so teuer?
Fellner
Diese Studie ist leider völlig irreführend. Die Mediaanalyse als einzig wesentlichen Faktor heranzuziehen, ist grob wettbewerbsverzerrend. Dort liegt der Standard bei einem Mitlesefaktor von über acht Personen pro Ausgabe. Zum Vergleich: „Die Presse“ liegt bei 3,3. Wenn man die verbreitete Auflage betrachtet, ergibt sich ein anderes Bild. Dann sind der „Standard“ und die „Vorarlberger Nachrichten“ diejenigen, die bei Weitem das meiste Geld pro Exemplar erhalten. Weit vor „Österreich“, „Krone“ oder „Heute“.
Ihre Auflage ergibt sich zu großen Teilen aber aus kostenlosen Ausgaben.
Fellner
Das stimmt. Aber was ist der Unterschied? Ein Werbekunde will Kontakte erreichen. Ob die Zeitung gekauft wurde oder kostenlos war, ist dem Werbekunden relativ egal. Auch bei Inseraten der Privatwirtschaft liegen wir nahezu gleichauf mit der „Kronen Zeitung“. Unsere Medien funktionieren offensichtlich, sonst würde die Privatwirtschaft nicht inserieren. Ich sehe hier nur den Versuch, immer wieder mit der gleichen Keule vorzugehen.

Zur Person

Nikolaus Niki Fellner führt seit letztem Jahr die Mediengruppe Österreich. Nach seinem Studium der Betriebswirtschaft in St. Gallen begann der Sohn von Wolfgang und Ursula Uschi Fellner als Journalist in den familieneigenen Unternehmen. Seit 2018 leitet der heute 38-Jährige die redaktionellen Kanäle der Mediengruppe, daneben tritt er als Moderator und Chefredakteur von Oe24.at auf.

Korrektur

In einer vorangegangenen Version dieses Artikels war von einer Steigerung von oe24.at im Onlinebereich um 40 Prozentpunkte die Rede. Tatsächlich waren es 40 Prozent.

Lucas Ammann

Lucas Ammann

Max Miller

Max Miller

ist seit Mai 2023 Innenpolitik-Redakteur bei profil. Schaut aufs große Ganze, kritzelt gerne und chattet für den Newsletter Ballhausplatz. War zuvor bei der „Kleinen Zeitung“.