Fotostation für Abgeordnete im Parlament
Nationalrat

Österreich macht es vor: Stationen-Parcours ins Parlament

Im Service Center des Parlaments werden alle Fragen der Neo-Abgeordneten beantwortet. Eine Reportage aus dem Hohen Haus.

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Karl-Renner-Ring 3, Freitagvormittag, der Tag nach der Konstituierung des Parlaments. Am Vortag wurde hier der neue Nationalratspräsident Walther Rosenkranz (FPÖ) gewählt und die 183 Abgeordneten angelobt. Am 26. Oktober wird der Nationalfeiertag begangen. Es steht ein Ansturm von 10.000 Besuchenden bevor. Am Freitag ist es noch ruhig im Parlament. Und doch werden schon zig Termine im Hohen Haus abgehalten. Nach und nach kommen die frisch angelobten Abgeordneten an ihrem neuen Arbeitsplatz an.

Maske statt U-Ausschuss

Iris Lechner steht hinter der Sicherheitskontrolle beim Eingang ins Parlament. In der Hand hält sie Flyer. Schon über 90 Abgeordnete hat ihr Team in dieser Woche an ihrem – für viele neuen – Arbeitsplatz willkommen geheißen. „Das ist wichtig“, sagt sie, und will ihnen das Gefühl geben, dass sie am richtigen Platz sind. „Viele kennen das so nicht“, wird ihr oft erzählt, weder von Universitäten noch anderen Unternehmen.

Lokal 1, Freitag, 10 Uhr. Ein paar Treppen hinunter. Dort, wo die U-Ausschüsse stattfinden. Noch hat das Café Agora nicht geöffnet, Kaffee und Snacks findet man aber hier. Rechts vor dem Eingang in den Saal liegen Make-Up, Lidschatten und Lippenstifte. Zwei Visagistinnen warten darauf, die nächsten Abgeordneten zu schminken – für die offiziellen Porträts. Die Station, an der diese geschossen werden, befindet sich in der Mitte dieses Raumes. Die Fotos werden später für alle Bürger:innen auf der Parlamentsseite abrufbar sein. 

Wo normalerweise Untersuchungsausschüsse stattfinden, sind Stationen aufgebaut. Hier findet die Sicherheitsbelehrung statt, der Dienstpass wird ausgestellt, Accounts werden eingerichtet. Wie am ersten Arbeitstag eben. Das Service Center im Hohen Haus wurde in dieser Form heuer erstmals eingerichtet – und gilt europaweit als Vorreiter.

Die Abgeordneten müssen sich also nicht selbst schminken. Manche nutzten die Maske auch für die gestrige Sitzung. Praktisch, dass sie erst um 12:30 Uhr begann. Weiter geht es hinten, in einem kleinen Raum. Dort beantworten die Abgeordneten Fragen für ein Videoportrait, das ebenfalls auf der Webseite verfügbar sein wird. Gernot Haidenhofer, ebenfalls für die Organisation verantwortlich, stößt dazu. „Wir sind über die gesamte Gesetzgebungsperiode für Fragen ansprechbar“. Und davon scheint es genug zu geben. Eine eigene Hotline wurde eingerichtet. 

Das Onboarding von Abgeordneten funktioniert in zwei Phasen: administrativ und inhaltlich. Gemeinsam mit Haidenhofer fing Lechner bereits vor einem Jahr an, die ersten Tage der neuen Gesetzesperiode zu planen. Ohne zu wissen, wann diese stattfinden werden. Bei der Idee zu dieser Initiative war nämlich noch nicht entschieden, dass die Nationalratswahlen am 29. September 2024 stattfinden würden. Man wollte „für die Abgeordneten da sein“ – egal, welcher Partei sie angehören. Vom 23. bis 28. Oktober, 8:00 bis 19:30 Uhr.

Welche Laptops Abgeordnete bekommen

Lokal 2, direkt unter dem historischen Bundesversammlungssaal. Wer sein Foto geschossen und das Video gedreht hat, kann weiter ins Lokal 2 im gegenüberliegenden Flügel des Hauses. NEOS-Abgeordnete Henrike Brandstötter beantragt gerade ihren Dienstpass. Mit dem kann sie die Türen im Haus aufsperren und muss nicht jedes Mal durch die Sicherheitskontrolle. SPÖ-Abgeordneter Alois Scholl gibt währenddessen seine biografischen Daten neu ein. Den  Arbeitslaptop soll sein Mitarbeiter aussuchen. Zur Auswahl stehen: Ein Lenovo Thinkpad L15 oder ein Microsoft Surface Pro 7.

Eine Station weiter liegen die Datenschutzregeln zur Unterschrift bereit. Es geht etwa darum, welche Daten sie in parlamentarischen Anfragen preisgeben dürfen. Aber auch, wie sie mit geheimen Dokumenten – etwa in U-Ausschüssen – umgehen sollen. Sie dürfen diese nicht selbst vernichten und logischerweise auch nicht an Dritte weitergeben.

Noch am Montag ist das Service Center in Betrieb. „Aus Überzeugung für eine starke Demokratie“, wiederholt Iris Lechner den „Purpose“.  Früher mussten Abgeordnete quer durch die Innenstadt in die verschiedenen Büros der Abteilungen. Das kostete sie Wochen und viele Kilometer. 

Intern gilt das Service Center bereits als eine Errungenschaft. Seit heuer können Abgeordnete alles Administrative an einem Ort erledigen. Das gibt es in keinem anderen Land in Europa. Nun steht für die Volksvertreter die nächste Phase an: Die inhaltliche Vorbereitung auf die Plenarsitzungen, Beratungen in Budgetfragen und wie sie eigene Führungen durchs Parlament buchten können – eine beliebte Möglichkeit für Politiker:innen, mit Besucher:innen in Kontakt zu bleiben.

Elena Crisan

Elena Crisan

Wenn sie nicht gerade für den Newsletter "Ballhausplatz" mit Politiker:innen chattet, schreibt sie im Online-Ressort über Wirtschaft und Politik.