Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) haben sich gegen eine Unterzeichnung entschieden.

Österreich zieht sich aus globalem UNO-Migrationspakt zurück

Österreich wird sich aus dem globalen Migrationspakt der UNO zurückziehen. Das rechtlich nicht bindende Abkommen soll Grundsätze für den Umgang mit Flüchtlingen und Migranten festlegen und am 10. und 11. Dezember bei einer UNO-Konferenz in Marrakesch in Marokko angenommen werden.

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Österreich wird das Dokument wegen erheblicher inhaltlicher Bedenken aber nicht unterzeichnen und auch keinen offiziellen Vertreter nach Marrakesch entsenden, erklärten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) im Vorfeld der heutigen Ministerratssitzung. Man erachte den Migrationspakt nicht für geeignet, um Migrationsfragen zu regeln, befürchte den Verlust österreichischer Souveränität in der Migrationspolitik und eine Verwässerung zwischen legaler und illegaler Migration.

Insbesondere stehe die Bundesregierung auf dem Standpunkt, dass durch diesen Pakt kein Menschenrecht auf Migration besteht und entstehen kann, sei es durch Völkergewohnheitsrecht, Soft Law oder internationale Rechtsprechung, so Kurz und Strache. Österreich werde dem Migrationspakt daher nicht beitreten, sich in der UNO-Generalversammlung im September 2019 der Stimme enthalten und eine Erklärung bei den Vereinten Nationen abgeben und registrieren lassen, in der die Position der Bundesregierung deutlich dargelegt wird.

Die 193 UNO-Mitgliedstaaten hatten sich im September 2016 darauf geeinigt, den Migrationspakt zu schließen. Das 34 Seiten lange Dokument soll helfen, Flüchtlingsströme besser zu organisieren und Rechte der Betroffenen zu stärken. Betont wird in dem Papier auch, dass die Souveränität der Nationalstaaten und ihr Recht auf eine selbstständige Gestaltung ihrer Migrationspolitik durch den Pakt nicht angetastet werden soll und keine völkerrechtliche Bindung bestehe.

Bei der Einigung auf einen Entwurf im Juli war Österreich auf technischer Ebene noch mit an Bord. In den vergangenen Wochen hatten vor allem FPÖ und rechte Plattformen gegen das Abkommen mobil gemacht. Vor Österreich ist bereits Ungarn unter Viktor Orban auch dem Abkommen ausgestiegen. Die USA nahmen auf Geheiß von Präsident Donald Trump an den Verhandlungen zum UNO-Migrationspakt gar nicht erst teil.

In einer Votumserklärung an die Vereinten Nationen begründet Österreich seinen Schritt und listet insbesondere 17 Punkte auf, die zur Ablehnung des Abkommens führten. Nachfolgend eine Dokumentation der Erklärung:

Österreichische Votumserklärung Die Republik Österreich ist ein Rechtsstaat mit einer funktionierenden Gerichtsbarkeit. Alle gerichtlichen und verwaltungsrechtlichen Entscheidungen der Republik erfolgen unter Einhaltung der in innerstaatlichen Gesetzen und völkerrechtlichen Verträgen festgehaltenen Menschenrechte. Die Republik entscheidet souverän über die Zulassung von Migration nach Österreich. Ein Menschenrecht auf Migration ist der österreichischen Rechtsordnung fremd. Die Schaffung der nicht existenten völkerrechtlichen Kategorie des "Migranten" ist zurückzuweisen.

Österreich unterscheidet klar zwischen legaler und illegaler Migration. Eine Verwässerung dieser Unterscheidung, wie sie der Globale Pakt für sichere, geregelte und planmäßige Migration (VN-Migrationspakt) vornimmt, wird abgelehnt.

Die Zulassung zum österreichischen Arbeitsmarkt und die Gewährung von Sozial- und Gesundheitsleistungen dürfen in Österreich nur aufgrund nationaler gesetzlicher Vorschriften gewährt werden. Der VN-Migrationspakt darf in diese gesetzlichen Vorschriften keinesfalls eingreifen, jegliche in diese Richtung zielende Absichten werden strikt zurückgewiesen. Das gilt auch für die Schaffung neuer Ansprüche und Rechte für Migranten im Wege des VN-Migrationspaktes. Insbesondere lehnt Österreich folgende Punkte des VN-Migrationspaktes ab, soweit sie über die geltende österreichische Rechtslage hinausgehen:

• Erleichterung des Statuswechsels regulärer-irregulärer Migrant

• Familienzusammenführung soll erleichtert werden

• Verbesserte Inklusion in den Arbeitsmarkt

• Schaffung einer Übertragung von Ansprüchen in die Sozialversicherung

• Zurverfügungstellung einer Grundversorgung

• Zurverfügungstellung von Schulressourcen

• Zugang zu höherer Bildung

• Anerkennung von formal nicht erworbenen Qualifikationen

• Erleichterung von Unternehmensgründungen

• Zugang zum Gesundheitssystem

• Ansiedlungsoptionen für Klimaflüchtlinge

• Übernahme von Best-practices in der Integration

• Verfolgung von Hassverbrechen

• Aufklärung über rechtliche Verfolgungsmöglichkeiten zugunsten der Opfer von Hassverbrechen (Anzeigen, Schadenersatz)

• Verhinderung von Täterprofilerstellungen aufgrund der Rasse, Ethnie oder Religion

• Motivierung zur Aufdeckung von Intoleranz

• Verhinderung von Internierungen und das Verbot von Sammelabschiebungen

Österreich verwehrt sich dagegen, dass der VN-Migrationspakt ein Österreich bindendes Völkergewohnheitsrecht begründet oder im Wege von soft law in irgendeiner Weise rechtliche Wirkung für Österreich entfalten könnte. Die Heranziehung des Paktes zur Konkretisierung von Rechtsvorschriften durch nationale oder internationale Gerichte wird abgelehnt. Auch kann dieser Pakt keine Kompetenzverschiebungen innerhalb der Europäischen Union bewirken.

Die Republik Österreich, vertreten durch die österreichische Bundesregierung nimmt daher den VN-Migrationspakt nicht an, hat dies schriftlich gegenüber den Vereinten Nationen erklärt und bringt diesen österreichischen "Nicht-Beitritt" durch ihre Stimmenthaltung zum Ausdruck. Dazu hält sie fest:

Österreich erklärt ausdrücklich den VN-Migrationspakt als völkerrechtlich nicht verbindlich.

• Der VN-Migrationspakt soll weder für Rechtsüberzeugung noch für Staatenpraxis zur Entstehung von Völkergewohnheitsrecht, noch zur Ableitung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes gedeutet werden; Österreich wäre in diesem Fall als "persistent objector" anzusehen.

• Im Falle, dass eine Norm auf der Grundlage des VN-Migrationspaktes entstehen oder angenommen werden sollte, beansprucht Österreich, an eine solche Norm völkerrechtlich nicht gebunden zu sein.