Interview

ÖVP-Ministerin Karoline Edtstadler: "Medien brauchen Grenzen"

ÖVP-Europaministerin Karoline Edtstadler will Beschuldigtenrechte stärken, Medien beschränken und Verstöße per Strafgesetz ahnden. Mit ihrem Pendant, der grünen Justizministerin Alma Zadić, ist sie sich vor allem einig, uneinig zu sein.

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Wie oft telefonieren Sie als Justiz-Spiegelressort mit Ministerin Alma Zadić, und wie ist die Stimmung gerade?
Karoline Edtstadler
Wir sehen uns wöchentlich im Ministerrat und pflegen regen Austausch über offene Themen. Mir ist die Stärkung der Beschuldigtenrechte wichtig. Wir haben einen Ministerratsvortrag verabschiedet, wo es darum geht, eine unabhängige Bundesstaatsanwaltschaft einzurichten, Verfahren zu verkürzen und einen Kostenersatz bei Einstellung und Freispruch zu etablieren. Im Budget haben wir dafür 70 Millionen Euro vorgesehen. Jetzt braucht es eine Gesetzesgrundlage, damit die Kostenersätze tatsächlich zugesprochen werden können. Ich hoffe, das geht jetzt schnell.
Dieser Tage wird einerseits der spektakuläre Prozess gegen Ex-ÖVP-Kanzler Kurz abgehandelt. Andererseits wird der tragische Tod von Ex-Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek aufgearbeitet. Beide haben sich die vergangenen Jahre für Beschuldigtenrechte eingesetzt, fühlten sich ungerecht behandelt. Pilnacek marschierte bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Es ist aber schwierig, wenn solche Forderungen gerade aus dem Mund von Beschuldigten kommen.
Karoline Edtstadler
Pilnacek hat mich 2011 ins Justizministerium geholt, und ich durfte wahnsinnig viel von ihm lernen. Alles, was ich legistisch kann, weiß ich von ihm und zehre auch heute sehr davon. Es macht mich persönlich betroffen, auch, weil ich sehe, was das mit Menschen macht. Ich fordere seit Jahren eine Stärkung der Beschuldigtenrechte. Es kann nicht sein, dass Verfahren über Jahrzehnte geführt werden. Man soll ein effektives Recht haben, Einstellungen zu beantragen, ohne dass das einem Einzementieren von Vorwürfen gleichkommt. Es geht aber auch darum, wie wir als Gesellschaft mit glamourösen Verfahren umgehen. Voyeurismus muss eingedämmt werden – und Medien brauchen Grenzen. Wir vergessen, dass hinter jedem Verfahren Menschen stehen. Jeder Mensch, auch ein Beschuldigter, hat das Recht, ordentlich behandelt zu werden. Es kann nicht sein, dass die Unschuldsvermutung, die im Verhandlungssaal von Staatsanwälten und Richtern – die auch darauf trainiert werden – hochgehalten wird, dann in der Öffentlichkeit eine Hülle ihrer selbst bleibt. Dass Menschen vorverurteilt werden und jahrelang durch die Medien gezerrt werden und auch höchst persönliche Dinge breitgetreten werden.
Höre ich da den Wunsch nach einem Aktenzitierungsverbot für Medien heraus? In Deutschland gibt es das – ob das rechtlich hält, wird derzeit geprüft. Davon abgesehen, dass die Kollegen freilich auch so ihre Wege finden, zu berichten.
Karoline Edtstadler
Laut einer Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichts ist das Zitierverbot grundrechtskonform. Es gibt bereits mehr als 120 Entscheidungen. Der Staat hat die Notwendigkeit, Grenzen aufzuziehen – ich sehe in einem Zitierverbot einen gangbaren Weg. Und ja, Möglichkeiten der Umgehung gibt es immer – aber es würde einiges erschweren. Mir stößt es sauer auf, dass Beschuldigtenprotokolle, kurz nachdem sie aufgenommen wurden, in sozialen Medien zur Gänze abrufbar sind. Sonst reden wir von Datenschutz, von Persönlichkeitsschutz – wir halten das zu Recht hoch. Aber in dem Bereich gibt es einfach keine Bremse mehr. Ich sage nicht, dass die Öffentlichkeit nicht informiert werden sollte. Aber ganze Protokolle oder teils persönliche Chats – Wort für Wort und aus dem Zusammenhang gerissen – haben nichts in den sozialen Medien zu suchen.

Ich will das Zitierverbot im Strafgesetz verankern – nach deutschem Vorbild.

Karoline Edtstadler

Will Medien beschneiden, um Beschuldigtenrechte zu stärken

Wie wollen Sie Verstöße ahnden?
Karoline Edtstadler
Ich will das Zitierverbot im Strafgesetz verankern – nach deutschem Vorbild.
Na servas.
Karoline Edtstadler
Noch mal: Es soll und darf ja berichtet werden. Das Zitierverbot soll auch nur für das nichtöffentliche Ermittlungsverfahren gelten, dort gilt es erst einmal zu klären: Ist da überhaupt etwas dran? In dem Moment, wo es eine Gerichtsverhandlung gibt, gilt das freilich nicht mehr, denn diese ist ja auch öffentlich.
Es gibt ein Gesetz, das noch vor dem Sommer repariert werden muss – und weitreichende Folgen für die Pressefreiheit haben könnte. Der Verfassungsgerichtshof ist der Meinung, dass Medien trotz Redaktionsgeheimnis nicht automatisch von der Verpflichtung ausgenommen sind, Daten offenzulegen, wenn betroffene Personen das wünschen. Je nachdem, wie das Gesetz repariert wird, könnte das weitreichende Folgen für unseren Informantenschutz haben – und in dem Atemzug, so vernimmt man aus ÖVP-Kreisen, will man das Aktenzitierungsverbot durchdrücken. Werden Sie die Karte ziehen?
Karoline Edtstadler
Man muss einen Ausgleich schaffen. Der Verfassungsgerichtshof findet, das Medienprivileg ist zu pauschal – und widerspricht damit dem Grundrecht auf Datenschutz. Es ist also notwendig, das zu reparieren. Ich verstehe auch, dass Medien Sorge haben, dass ihr Redaktionsgeheimnis auf dem Prüfstand steht. Es wäre eine Chance: Einerseits soll es Ausnahmen geben, um journalistisches Arbeiten zu ermöglichen. Andererseits gibt es vom Staat aufgezeigte Schranken – das könnte in Form eines Zitierverbots sein.

Die Justiz-Spiegelministerin

Karoline Edtstadler will noch vor dem Ende der Legislaturperiode in der Justiz einige Weichen stellen.

Wo gehört die Pressefreiheit gestärkt?
Karoline Edtstadler
Die Pressefreiheit muss in einem demokratischen Staat hoch gehängt werden. Ich sage auch immer: Es gibt keine zu kritische oder zu böse Frage, die nicht gestellt werden sollte. Die Morde an Journalisten in Europa, etwa in Malta, zeigen, dass die Zeiten für journalistisches Arbeiten gefährlicher geworden sind – es zeigt aber auch die Notwendigkeit von investigativem Journalismus. Das ist keine Frage. Aber es ist nicht investigativ, wenn gesamte Beschuldigtenprotokolle online gestellt werden. Es gibt in den Fällen nämlich schon eine Staatsanwaltschaft, die investigiert. Insofern: Die Balance muss gewahrt werden, ich will beide Seiten aufzeigen.
Abgesehen von den Staatsanwaltschaften gibt es U-Ausschüsse, wo Akten und Handyauswertungen landen – die teils weitreichender sind als das, was Strafverfolgungsbehörden vorliegt. Das landet auch in der Öffentlichkeit.
Karoline Edtstadler
Der U-Ausschuss ist ein wichtiges Instrument des Parlaments. Es müssen viele Informationen dorthin gelangen, damit das Parlament seine Arbeit machen kann, aber auch die U-Ausschüsse und vor allem, wie sie derzeit gehandhabt werden, sind in Verruf geraten. Das ist ein Schaden an der Demokratie. Es ist ein Problem, wenn sich U-Ausschuss und Strafverfolgung um dasselbe Thema bemühen und man die Grenzen nicht mehr erkennt, wer was aufzuklären hat. Wenn plötzlich Abgeordnete glauben, sie seien die schärfsten Staatsanwälte in dem Land. Oder echte Staatsanwälte ihnen Akten auszuwerten und zu liefern haben, als wären sie Hilfsorgane des Parlaments. Und ich weiß, es gibt ein Urteil des Verfassungsgerichtshofs, das dieses Vorgehen legitimiert – aber ich sehe es trotzdem als Problem für die Justiz, dass sie Handyauswertungen auf politische Relevanz zu prüfen hat. Was das Öffentlichwerden betrifft: Wir dürfen nicht vergessen, es geht um Menschen. Das Zitierverbot würde auch hier helfen.
Aber wir sind uns schon darüber einig, dass zu berichten an sich wichtig ist – und das nicht erst mit einem Verhandlungstermin anfangen kann?
Karoline Edtstadler
Selbstverständlich. Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf. Aber nicht auf jede einzelne Aktenseite und jeden einzelnen Chat.

Es ist ein Problem, wenn plötzlich Abgeordnete glauben, sie seien die schärfsten Staatsanwälte in dem Land.

Karoline Edtstadler

über U-Ausschüsse

Was wäre dann zum Beispiel beim Fall Kurz, wo es um Falschaussage geht und man nicht zitieren darf? Es geht ja gerade um Wortklauberei.
Karoline Edtstadler
Ja, aber das ist eine Arbeit, die der Richter und Staatsanwälte zu leisten haben.
Der Verfassungsgerichtshof ist derzeit bei Vorverhandlungen, wenn es um Handyabnahmen geht, die derzeit ohne richterliche Genehmigung passieren dürfen. Die Strafprozessordnung, die das regelt, ist aus dem Jahr 2008. Damals war WhatsApp noch kein Thema. Soll das so bleiben?
Karoline Edtstadler
Derzeit braucht es nur eine Anordnung der Staatsanwaltschaft. Gernot Kanduth, Präsident der Richtervereinigung, sagt: „Jeder Grundrechtseingriff sollte einen Richtervorbehalt haben.“ Bei einer Hausdurchsuchung brauche ich das. Wenn ich eine bestimmte Zeit, aufgrund eines konkreten Verdachts, jemanden abhöre, brauche ich einen Richter. Aber ein Handy kann ich einfach beschlagnahmen? Das geht auf ein Gesetz aus einer Zeit zurück, wo man am Handy Snake gespielt hat, 10 SMS und 20 Kontakte gespeichert waren. Heute ist am Handy ein ganzes Leben abgebildet, darum braucht es zeitgemäße Regelungen. Ich sehe hier ein Rechtsstaatlichkeitsproblem.
Dafür müsste man die Strafprozessordnung reformieren, das hängt an der Einführung des Bundesstaatsanwalts und wie der bestellt werden soll – da knirscht es in der Koalition.
Karoline Edtstadler
Ich sage es offen: We agree to disagree. Justizministerin Alma Zadić will ein Dreiergremium als Spitze, ich hingegen trete für eine Einzelperson ein, weil ich der Meinung bin, es braucht einen Letztverantwortlichen, der gegenüber dem Parlament Rede und Antwort zu stehen hat. Und das Parlament soll diese Person mitbestimmen.
Warum soll die Politik überhaupt bei der Besetzung mitbestimmen? Der Bundesstaatsanwalt wäre doch Teil der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Warum wird er oder sie nicht aus den Reihen der Justiz gewählt?
Karoline Edtstadler
Der Justizminister, die derzeitige Weisungsspitze, ist auch dem Parlament verantwortlich – es geht um Checks und Balances. Staatsanwalt heißt Anwalt des Staates, sohin Anwalt des Volkes, das auch das Parlament wählt.

Die Ministerin im Interview

mit Chefredakteurin Anna Thalhammer

Wir haben im Verfassungsgerichtshof Richter sitzen, die auch als Anwälte arbeiten. Sehen Sie darin keinen Interessenskonflikt? In Deutschland gilt ein Nebenbeschäftigungsverbot.
Karoline Edtstadler
Wir haben in Österreich ein System, das sich aus allen Berufsgruppen – Richterschaft, Anwaltschaft, Wissenschaft – speist. Ich weiß, dass es kaum ein Land gibt, das diese Nebenbeschäftigungen noch erlaubt. Ich bin hier gesprächsbereit.
Sie sind als Ministerin auch als Verhandlungspartnerin für das Verbotsgesetz zuständig. Gerade wenn man sich anschaut, was die vergangenen Tage auf Österreichs Straßen wegen des Nahostkonflikts los ist: Gibt es da Ambitionen, noch was zu ändern?
Karoline Edtstadler
Wir sind in Vorbereitung einer Regierungsvorlage. Ganz wesentlich: Es geht darum, eine inländische Gerichtsbarkeit zu schaffen, wenn es um Vorfälle im Internet geht. In der Corona-Zeit sind die antisemitischen Vorfälle hochgeschnellt, und wir hatten nur wenig Anhaltspunkte, wer das dann wie verfolgen soll. Wir sehen heute wieder, dass es dringenden Handlungsbedarf gibt.

Ministerin Edtstadler

weiß noch nicht, ob sie nach den nächsten Wahlen in Brüssel leben wird.

Anders gefragt: Ist so ein Zeichenverbotsgesetz überhaupt sinnvoll? Es ist sehr eng zugeschnitten und ändert meistens an der Ideologie Radikalisierter gar nichts. Bräuchte es nicht andere Hebel?
Karoline Edtstadler
Das ist alles notwendig, um der Geschichte Rechnung zu tragen. Es geht um eine generalpräventive Wirkung, die andere abschrecken soll. Wir haben ja leider genug Verurteilungen. Es gibt aber andere, jüngst novellierte Paragrafen, die immer mehr zum Einsatz kommen – wie der Verhetzungsparagraf. Da wird es mehr Verfahren geben.
Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner hat davon gesprochen, dass das Existenzrecht Israels österreichische Staatsräson sein sollte. Was heißt das in der Praxis?
Karoline Edtstadler
Das ist aus einer historischen Verantwortung kommend wesentlich. Der Staat Israel ist gerade 75 Jahre alt geworden und sieht sich heute mehr denn je existenzieller Bedrohung in Form von Terrorattacken ausgesetzt und dem größten Mord an Juden seit seiner Gründung. Es erinnert an dunkelste Kapitel auch unserer Geschichte. Ich sage in aller Deutlichkeit: Israel hat dieses Existenzrecht, ist ein anerkannter Staat und hat natürlich auch das Recht, sich zu verteidigen – selbstverständlich im Rahmen des Völkerrechts. Aber es ist schon bezeichnend, dass bei Israel ständig wiederholt wird, dass das nur im Rahmen des Völkerrechts möglich ist, anders als etwa bei der Ukraine. Israel ist ein demokratischer Staat. Und zwar der einzige in dieser Region – es ist ein Land, umgeben von Feinden, die den ganzen Tag nichts anderes wollen, als es von der Landkarte zu löschen. Und deshalb ist es unsere Staatsräson, auch zu diesem Land zu stehen.
Sie haben noch einiges auf der To-do-Liste. Wie viel wird da noch weitergehen? Es fühlt sich insgesamt schon sehr nach Wahlkampf an.
Karoline Edtstadler
Haben Sie das Gefühl? Ich habe das Gefühl, wir haben noch irrsinnig viel zu tun. Ich bin froh, dass das Informationsfreiheitsgesetz an das Parlament übermittelt werden konnte. Es ist gerade das Budget verabschiedet worden, mit großen Zielen für die Ressorts. Und so einen langen Wahlkampf würde ohnehin niemand aushalten.
Koalitionsmüde sind Sie also nicht.
Karoline Edtstadler
Ich bin nach wie vor mit Feuereifer dabei, das umzusetzen, was wir uns vorgenommen haben.

Europaministerin Edtstadler

ist noch nicht koalitionsmüde

Alle wollen es wissen: Werden wir Sie in irgendeiner Form nach den nächsten Wahlen in einer Funktion in Brüssel sehen?
Karoline Edtstadler
Das kann ich nicht beantworten. Ich kann aber sagen, dass ich mich nicht für das Europäische Parlament bewerben werde.
Kommissarin?
Karoline Edtstadler
Ich bin jemand, der mit Leib und Seele für die Europapolitik und das Multilaterale eintritt – mir macht das große Freude. Ich kann aber nicht über die Zukunft meiner Person entscheiden, das liegt in anderen Händen. Fragen wir Gerda Rogers, die kann das wohl eher sagen.
Die EU-Wahlen stehen an – und man sieht jetzt schon, dass große Desinformationskampagnen in der Pipeline sind. Was hat man hierzulande vor, dagegen zu tun?
Karoline Edtstadler
Mit dem barbarischen Überfall auf die israelische Zivilbevölkerung brechen derzeit alle Dämme. Es gibt überbordende Desinformation, Missinformation und Fake News. Ich bin Teil einer internationalen Arbeitsgruppe auf UNO-Ebene, die sich damit beschäftigt – und einiges haben wir schon auf den Weg gebracht. Wesentlich ist, dass die europäische Zusammenarbeit gestärkt wird. Es ist aber ein schwieriges Feld – wenn ich die Lösung hätte, wie man dem beikommt, ohne Innovation zu bremsen, ich würde es Ihnen sagen. Derzeit versuchen wir das mit sinnvollen Regularien einzudämmen.
Die Wahlbeteiligung bei EU-Wahlen ist historisch niedrig. Warum interessieren sich die Menschen nicht für die Europäische Union – oder anders gefragt: War nicht auch Ihre Partei immer wieder daran beteiligt, den Schwarzen Peter auf Brüssel zu schieben?
Karoline Edtstadler
Der Standort bestimmt den Standpunkt. Nicht alle Lösungen, die in Brüssel beschlossen werden, sind für alle Länder gleich gut oder sind dort gleich beliebt. Ich glaube, das kann man zugestehen, ohne dass man als antieuropäisch gilt. Ich bin der Meinung, wenn es die Europäische Union nicht schon geben würde, müsste man sie erfinden. Das ist kein Zitat von mir, sondern von Wolfgang Schüssel. Ich stimme ihm absolut zu. Wir könnten die Krisen allein nicht bewältigen. Insofern ist es gut, wenn wir uns bei den großen Themen hinter den Kulissen zusammenraufen und dann geeint hinausgehen.

 

Edtstadler glaubt ...

... dass die Wahlen erst im Herbst stattfinden.

Die EU kippt nach rechts – sind Sie eigentlich froh, dass die konservative PIS die Wahlen in Polen verloren hat?
Karoline Edtstadler
Es ist für Donald Tusk ein wirklicher Erfolg, dass er es mit seinem Bündnis geschafft hat – er hat immer eine Politik der Mitte verfolgt, und ich glaube, das wird Polen auch guttun.
Österreich fährt immer wieder gern auf Kuschelkurs mit einem Viktor Orbán. Was hat er für die EU jemals getan?
Karoline Edtstadler
Wir sind nicht auf Kuschelkurs, wir sehen die Realitäten. Ungarn ist ein Nachbar, mit dem wir zusammenarbeiten müssen – etwa im Kampf gegen illegale Migration. Natürlich kritisieren wir Ungarn auch, ich habe das immer wieder getan – aber nicht immer medienöffentlich, sondern im direkten Austausch. Man sollte nicht alles, was Orbán sagt, auf die europapolitische Waagschale legen. Vieles davon ist für Ungarinnen und Ungarn gedacht und seine innenpolitische Sichtweise. Auf europäischer Ebene hat er sich dann letztlich trotz Getöse solidarisch gezeigt: Denken Sie an die Sanktionspakete.
Wie kann die EU ihren guten Ruf zurückbekommen?
Karoline Edtstadler
Indem wir kommunizieren, was die EU leistet, was sie kann – und wo wir doch darauf angewiesen sind, dass die Mitgliedstaaten umsetzen. Diese Kommunikation beginnt in jeder Gemeinde, damit man das in der Ferne versteht.
Und wie die ÖVP?
Karoline Edtstadler
Indem wir nicht müde werden, den Menschen zu vermitteln, was wir in den krisenhaften Jahren gemacht und geschafft haben. Und da hoffe ich, dass wir medial auch die Chance bekommen, das zu kommunizieren.
Wann wählen wir?
Karoline Edtstadler
Wir wählen sicher am 9. Juni das Europäische Parlament und im Herbst nächsten Jahres den Nationalrat.

 

Fotos: Alexandra Unger

Anna  Thalhammer

Anna Thalhammer

ist seit März 2023 Chefredakteurin des profil. Davor war sie Chefreporterin bei der Tageszeitung „Die Presse“.