ÖVP-nahe Agentur schnappt sich nur Tage nach Gründung Auftrag vom Land
Die ÖVP-nahe Agentur Media Contacta aus Niederösterreich stand in den vergangenen Jahren in der Kritik. Nun gründeten ihre Eigentümer eine zweite Firma – und kamen prompt bei einem öffentlichen Millionenauftrag zum Zug.
Ein runder Geburtstag ist die perfekte Gelegenheit, um sich der eigenen Machtfülle zu vergewissern. Als Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) vergangene Woche zu ihrem 60. Geburtstag ins Stift Klosterneuburg nördlich von Wien lud, standen die Promis Schlange, um der mächtigsten Frau der Volkspartei die Aufwartung zu machen – vom Kanzler abwärts. Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig wartete geduldig mit einem Blumenstrauß, bis Frauenministerin Susanne Raab mit ihren Gratulationen fertig war. Mikl-Leitner wirkte vor einer kreisrunden Tafel mit ihren Initialen („jml“) wie eine Monarchin, die milde, aber tendenziell gelangweilt ihre Präsente entgegennimmt.
Selbst rote und blaue Spitzenpolitiker wie Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) oder Mikl-Leitners früherer Erzfeind und nunmehriger Koalitionspartner Udo Landbauer (FPÖ) ließen sich bei der Fete blicken. Für einen Abend war der aus ÖVP-Sicht schmerzliche Verlust der Absoluten wie weggeblasen, Mikl-Leitner durfte sich wie eine Alleinregentin fühlen.
Zwischen bekannten Gesichtern wie Herbert Prohaska und Jazz Gitti war in der Nähe der Landeshauptfrau auch ein Mann zu sehen, der zwar nur Feinspitzen der blau-gelben Landespolitik ein Begriff sein wird, der aber ein gewichtiger Faktor für Mikl-Leitner ist: ihr Haus- und Hof-Vermarkter Peter Madlberger.
Agentur des Vertrauens
Madlberger ist Co-Geschäftsführer und -Eigentümer der Agentur Media Contacta, die neben Marketing vor allem auf Großevents spezialisiert ist – von pompösen Wahlkampfshows mit Tausenden ÖVP-Funktionären bis zu kleinen Bezirksevents mit Biertischen. Ob Madlberger auch den Partyplaner für Mikl-Leitners 60er gab, ließ er auf profil-Anfrage offen.
Naheliegend wäre es: Denn die Media Contacta ist die Agentur, der die ÖVP fast blind vertraut. Die Agentur erhält seit Jahrzehnten Aufträge der ÖVP Niederösterreich und spätestens seit Sebastian Kurz’ Kanzlerschaft auch von der Bundespartei – und in Millionenhöhe von türkis geführten Ministerien.
Auch wenn das Land Niederösterreich einen Auftrag für PR und Events zu vergeben hat, muss man nicht lange nach der Media Contacta suchen. Bis vor wenigen Jahren war man einander sogar so nahe, dass die Media Contacta ihren Firmensitz im Landhausviertel in St. Pölten hatte – diese optische und politische Unschärfe wurde inzwischen bereinigt (die naheliegende Frage nach der Höhe der damaligen Miete blieb jedoch bis heute unbeantwortet).
In den vergangenen Jahren mehrte sich die Kritik an der Media Contacta, weil – so der Vorwurf – die Grenzen zwischen Land, Partei und Agentur zu stark verschwommen. Warum auch immer: Ende August 2023 haben Madlberger und sein Co-Gesellschafter eine neue, weitere Werbefirma gegründet, die Teamtowork GmbH.
Millionen-Auftrag für ÖVP-nahe Agentur
Auf der Website des jungen Betriebs finden sich wenig überraschend noch keine Referenzen. Dennoch gelang es der Teamtowork-Truppe, bald nach ihrer Gründung einen lukrativen Auftrag an Land zu ziehen. Zwei Tage, nachdem die Teamtowork im August ins Firmenbuch eingetragen worden war, endete die Frist für einen mehrjährigen Rahmendeal des Landes Niederösterreichs: Je 400.000 Euro wurden für Marketing- und Eventdienstleistungen ausgeschrieben – für jedes Kalenderjahr von 2024 bis 2027. In Summe ging es also um 3,2 Millionen Euro.
Pro Rahmenvertrag (Marketing und Events) erhielten vier Unternehmen den Zuschlag, die Teamtowork war das einzige Unternehmen, das in beiden Bereichen zum Zug kam.
Nicht der einzige Landes-Deal in der jungen Betriebsgeschichte: Auch bei „Heurika!“, dem „ersten niederösterreichischen Wissenschaftspodcast direkt beim Heurigen“ mit Agrarlandesrat Stephan Pernkopf (Claim: „Ein Achterl auf die Wissenschaft“) mischt die Teamtowork mit – offenbar beauftragt von der niederösterreichischen Forschungsförderungsgesellschaft, einer 100-Prozent-Tochter des Landes.
Die Ermittlungen gegen die Media Contacta wurden eingestellt, die Kritik bleibt: Denn die Agentur erhält millionenschwere Aufträge von der ÖVP, türkisen Ministerien und dem Land Niederösterreich.
Dem kometenhaften Aufstieg der Teamtowork haben die jahrzehntealten Kontakte seiner Eigentümer zu Land und Partei sicher nicht geschadet. Madlberger war einst ÖVP-Stadtrat in Korneuburg, der zweite Eigentümer der Media Contacta und der Teamtowork ist mit Gerhard Schlack ein erfahrener Werbefachmann. Auf der Website seines Unternehmens stellt er sich so vor: „#50JahreimDienstfürNÖ“. Das trifft es: Schlack, Jahrgang 1940, war einst für die Heimatwerbung Niederösterreich tätig, ein Plakatunternehmen, das in den 1990er-Jahren der ÖVP-Landespartei gehört haben soll – wie Medien damals berichteten.
Und hier schließt sich der Kreis: Denn die Media Contacta gehörte bis in die frühen 2000er-Jahre zur Heimatwerbung-Gruppe. Später übernahmen Schlack und Madlberger den Betrieb. Demnach wäre die Media Contacta früher indirekt im Eigentum der Volkspartei gestanden.
Das Netz der ÖVP-nahen Vereine und Agenturen
Auf historischen Versionen der Media-Contacta-Website ist zu sehen, dass das Unternehmen die Inserate für ÖVP-Parteizeitungen verkaufte und die Bildungsakademie der Landespartei bewarb.
Belege für die Spekulationen der Opposition, dass Media Contacta und Teamtowork über Treuhandkonstrukte weiterhin der ÖVP zuzurechnen sind, gibt es keine. Die Partei hat das immer bestritten.
Berührungspunkte mit der ÖVP finden sich aber auch so zuhauf: So hat die Teamtowork ihren Firmensitz an der Adresse jenes Tullner Rechtsanwaltes, der auch Finanzreferent der ÖVP Niederösterreich ist: Johannes Sykora. Multifunktionär Sykora ist nebenbei auch Finanzer des Vereins Sicherheitsforum Niederösterreich, das vor allem für die „Aktion Schutzengel – eine Initiative von Johanna Mikl-Leitner“ – bekannt ist. Mit der Initiative appelliert die Landeshauptfrau zu Schulbeginn an die Autofahrer, vorsichtig zu fahren, um die Schüler nicht zu gefährden.
Warum diese Initiative ein ÖVP-naher Verein durchführt und nicht das Land selbst, zählt zu den vielen ungelüfteten Geheimnissen der Landespolitik. Fest steht: Auch die schwarzen Haus-und-Hof-Vermarkter Madlberger und Schlack spielen bei der Aktion Schutzengel eine Rolle: Die Media Contacta hält die Markenrechte für die Kampagne.
Im Vorjahr musste das eingespielte Trio aus Land, Partei und parteinahen Agenturen einen Dämpfer hinnehmen: Die Media Contacta geriet im Zuge des ÖVP-Untersuchungsausschusses in den Fokus der politischen Konkurrenz. Eine Anzeige der SPÖ hatte Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zur Folge. Der Verdacht: wettbewerbsbeschränkende Absprachen.
250 Prozent mehr Geld für PR
Die Ermittlungen wurden vor gut einem Monat eingestellt, wie die WKStA auf profil-Anfrage festhielt. Zum Zeitpunkt der 3,2-Millionen-Ausschreibung des Landes wurde allerdings noch ermittelt. Hatte die Gründung der Teamtowork GmbH nur den Zweck, eine schiefe Optik zu vermeiden – weil sich Aufträge für eine beschuldigte Agentur nicht schicken?
Denn vier Jahre zuvor, als das Land 2020 die letzte Rahmenvereinbarung ausschrieb, war noch die Media Contacta unter den erfolgreichen Betrieben. Damals ging es um vergleichsweise läppische 230.000 Euro. Vier Jahre später wurde der Etat-Rahmen um knapp 250 Prozent angehoben.
Die Auftragsvergabe an die Teamtowork wurde laut Land Niederösterreich von einer Fachjury begleitet. Wer Teil dieser Jury war, wurde auf profil-Anfrage nicht beantwortet.
Die Teamtowork antwortete auf einen ausführlichen Fragenkatalog nur recht allgemein. Das Unternehmen habe sich „im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft gemeinsam mit anderen Agenturen“ für beide Teile des Rahmenvertrags beworben. Bei der europaweiten Ausschreibung habe es ein zweistufiges Auswahlverfahren gegeben.
Die Teamtowork legt Wert auf die Feststellung, „dass unsere Geschäftspraxis in jeder Hinsicht gesetzeskonform und compliant ist“. Das wird von profil nicht bestritten. Anwalt Sykora berief sich per Mail auf seine Verschwiegenheitspflicht.
SPÖ-Kritik an Auftragsvergabe: „Freunderlwirtschaft“
Ende Jänner winkte die Landesregierung die „Rahmenvereinbarung Eventmanagement- und Marketingdienstleistungen 2024 bis 2027“ durch, mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ. Die zwei SPÖ-Landesräte stimmten laut profil-Informationen dagegen.
Begründet wird das von SPÖ-Chef Sven Hergovich auf profil-Anfrage damit, dass „eine der Agenturen kurz vor Ausschreibungsende erst gegründet wurde – just von den Unternehmern, die die ÖVP-Wahlkampfveranstaltungen in Niederösterreich organisiert haben“. Der SPÖ-Chef vermutet „Freunderlwirtschaft“ und ein „Zuschanzen von niederösterreichischem Steuergeld“ an parteinahe Agenturen. Über FPÖ-Chef Udo Landbauer sagt er: „Landbauer wollte der Stachel im Fleisch des Systems ÖVP Niederösterreich sein. Ich erwarte mir, dass er das stoppt.“
Für einen Stachel wirkte Landbauer beim 60. Geburtstag der Landeshauptfrau recht streichelweich.
ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ).