Gericht beantragt Auslieferung von Grünen-Generalsekretärin Voglauer
Erst am Mittwoch hob der Nationalrat die Immunität von FPÖ-Chef Herbert Kickl sowie jene der blauen Abgeordneten Martin Graf, Harald Stefan und Norbert Nemeth auf. Gegen Kickl will die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Falschaussage im U-Ausschuss zum „rot-blauen Machtmissbrauch“ im April ermitteln. In Zusammenhang mit den drei anderen geht es um eine Ermittlung der Staatsanwaltschaft Wien wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das NS-Verbotsgesetz. Beim Begräbnis eines früheren FPÖ-Politikers, an dem die Abgeordneten teilnahmen, war das Treuelied der SS gesungen worden. Allerdings machen die freiheitlichen Mandatare geltend, es sein eine ältere Version von „Wenn alle untreu werden“ angestimmt worden.
Nun bekommt der Immunitätsausschuss des Nationalrats schon wieder etwas zu tun. In einem Schreiben vom 5. Dezember an das Präsidium des Nationalrats begehrt das Landesgericht Klagenfurt die Auslieferung der grünen Abgeordneten Olga Voglauer, die in Kärnten wohnhaft und auch Generalsekretärin der Grünen ist. Grund des Auslieferungsersuchens ist eine Privatanklage des früheren Spitzenfunktionärs der rechtsextremen Identitären Martin Sellner.
Sellners angeblicher Hitlergruß
Die Vorgeschichte: Ende Juli trat Sellner bei einer Veranstaltung im deutschen Saarbrücken auf. Dabei soll er, wie Gegendemonstranten behaupten, den Hitlergruß gezeigt haben. Es wurde Anzeige erstattet, die Polizei in Saarbrücken nahm Ermittlungen gegen Sellner auf. Tatsächlich ließ sich der Vorwurf nicht bestätigen.
Am 2. August setzte Olga Voglauer auf ihrem X-Account (vormals Twitter) einen Kommentar zu dem angeblichen Vorfall ab: „Wird die FPÖ auch weiterhin die Nähe zu einer Organisation suchen, deren bekanntestes Gesicht den Hitlergruß zeigt?“ Sellner ging daraufhin zivilrechtlich gegen Voglauer vor. Das Landesgericht Klagenfurt verurteilte die grüne Generalsekretärin am 10. September zur Unterlassung und zum Widerruf der Behauptung. Am 29. September widerrief Voglauer auf X ihre frühere Aussage, Sellner habe den Hitlergruß gezeigt, als „unwahr“.
Auslieferung oder nicht?
Doch damit gab sich dieser nicht zufrieden. Über seinen oberösterreichischen Anwalt brachte er am 18. Oktober eine strafrechtliche Privatanklage gegen Voglauer wegen übler Nachrede (Paragraf 111 Strafgesetzbuch) ein. Es drohen eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen.
Das Auslieferungsersuchen des Landesgerichts Klagenfurt wird nun dem Immunitätsausschuss des Nationalrats zugewiesen, der die Sache prüft und dann dem Nationalrat Bericht erstattet. Die entscheidende Frage: Stand Voglauers Kommentar auf X in Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Abgeordnete? Falls der Immunitätsausschuss und der Nationalrat diese Frage bejahen, ist sie vor strafrechtlicher Verfolgung geschützt und wird nicht ausgeliefert.
Die Grünen halten auf Anfrage von profil fest: „Martin Sellner versucht in dieser vor allem medienrechtlichen Causa rund um einen Tweet mit allen Mitteln gegen politische Kritik vorzugehen. Die Vorgehensweise spricht für sich. Über das Auslieferungsbegehren hat der Nationalrat zu entscheiden. Aus Respekt davor wollen wir dem inhaltlich nicht vorgreifen und die Erfolgsaussichten daher nicht kommentieren.“