ORF: Wer wird neuer Chef?
Im August wählt der ORF-Stiftungsrat den neuen Generaldirektor. In dem 35-köpfigen Gremium verfügt die ÖVP über die Mehrheit. Coronabedingt hatten die Türkisen diese zentrale Personalie bisher eher vernachlässigt. Nun scheint Bewegung in die Sache zu kommen. In den vergangenen Wochen wurden türkise Stiftungsräte von Gerald Fleischmann, dem Medienbeauftragten von Kanzler Sebastian Kurz, und von Axel Melchior, Generalsekretär und Mediensprecher der ÖVP, zu vertraulichen Gesprächen empfangen. Darin dürfte es um die Frage gegangen sein, was vom nächsten ORF-Chef erwartet wird, und wer diesen Erwartungen am ehesten entspricht. Der aktuelle Chef Alexander Wrabetz, der eine weitere Amtszeit anstrebt, dürfte momentan aus dem Rennen sein.
Als Favorit für den Posten gilt so Roland Weißmann, derzeit Vize-Finanzdirektor des ORF mit besten Kontakten zur türkisen Riege im Stiftungsrat.
Gerüchteweise könnte auch ein weiterer bürgerlicher ORF-Manager mit einer Kandidatur bei der Chef-Wahl liebäugeln: Thomas Prantner, stellvertretender Direktor für Technik, Online, neue Medien und damit hauptverantwortlich für die TV-Thek.
Als externer Überraschungskandidat wird an der Gerüchtebörse Günther Helm gehandelt. Der Linzer, Jahrgang 1979, war Chef des Diskonters Hofer und leitet seit 2019 die deutsche Drogeriekette Müller in Ulm. Mit den Sitten in staatlichen oder staatsnahen Betrieben dürfte der Top-Manager und Milizoffizier vertraut sein: Er ist stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der - jüngst ins Gerede gekommenen - ÖBAG, die die Staatsanteile an OMV, Telekom Austria, Post, Casinos und Verbund verwaltet. Als solcher verfügt er wohl auch über das Vertrauen des Bundeskanzlers.
Auch der Name eines weiteren Managers kursiert: Thomas Arnoldner. Der 43-jährige gute Bekannte von Kurz und ÖVP-Wien-Chef Gernot Blümel ist CEO der Telekom Austria Group. Wie Helm würde wohl auch Arnoldner im Falle eines Wechsels zum ORF ziemliche Abstriche bei der Gage hinnehmen müssen. Handel und Industrie zahlen ihr Top-Personal noch besser als der öffentlich-rechtliche Rundfunk.
Aus der ÖVP heißt es gegenüber profil, die genannten Namen seien „aus der Luft gegriffen“ und Vorbereitungsgespräche zur Wahl des nächsten ORF-Generaldirektors „reine Spekulation“.
Anmerkung: Es handelt sich um die aktualisierte Version eines früheren Artikels, der um eine Stellungnahme aus der ÖVP erweitert wurde.