Neues Ungemach für Christian Mattura, der den Justizbeamten Christian Pilnacek heimlich auf Band aufgenommen hat: Nach Pilnaceks Tod will dessen Witwe die postmortalen Persönlichkeitsrechte ihres Mannes wahren – und klagt Mattura auf Löschung der Aufnahme.
Wenn heimlich aufgezeichnete Tonband- und Videoaufnahmen ihren Weg an die Öffentlichkeit finden, dann können sich die Staatsanwaltschaften und Gerichte auf jede Menge Arbeit einstellen. Das war beim Ibiza-Video so, das mehrere Megaverfahren zur Folge hatte – und das ist auch bei jenem Tonband nicht anders, das
der Ex-BZÖ-Glücksritter und Unternehmer Christian Mattura an einem Juliabend des Vorjahres beim Wiener Nobelitaliener „Il Cavalluccio“ anfertigte. Sein Gesprächspartner war der mächtige – damals suspendierte – Justizbeamte Christian Pilnacek.
Tape löste Ermittlungen aus
Auf dem Tape belastet Pilnacek mehrere ÖVP-Politiker, darunter den Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka, sie hätten bei clamorosen Justizcausen interveniert. Die Beschuldigten bestreiten das.
Pilnacek pochte in dem Gespräch darauf, diesen Interventionen niemals nachgegeben zu haben. Ob es diese Einflussversuche gab, untersucht derzeit die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Ausgang offen – fest steht lediglich, dass konkret gegen Sobotka keine Ermittlungen eingeleitet wurden. Die WKStA sah keinen entsprechenden Anfangsverdacht.
Die Staatsanwaltschaft Wien wiederum hat den Fallensteller selbst ins Visier genommen. Schließlich kann die Veröffentlichung geheimer Gesprächsmitschnitte strafbar sein. Ermittelt wird gegen einen Mann, vermutlich Mattura – profil berichtete vor drei Wochen exklusiv.
Jetzt klagt die Witwe
Neben den strafrechtlichen Ermittlungen wird sich Mattura in den nächsten Tagen an einer weiteren Front erklären müssen. Er dürfte Post von Pilnaceks Witwe bekommen, die immerhin Präsidentin des Grazer Straflandesgerichts ist. Ihr Anwalt Peter Zöchbauer hat eine zivilrechtliche Klage gegen Mattura eingebracht. Die Klagsschrift liegt profil vor.
Darin fordert die Klägerin Mattura dazu auf, das Tape aus dem „Il Cavalluccio“ „zu vernichten und/oder vernichten zu lassen“. Der Beklagte solle es auch unterlassen, die Aufnahmen „Dritten, für die sie nicht bestimmt sind, zugänglich zu machen und/oder solche Aufnahmen zu veröffentlichen und/oder solche Aufnahmen veröffentlichen zu lassen“.
Der Witwe geht es nicht um Geld, sie sorgt sich um das Andenken ihres Mannes.
Juristische Strategie
Die Klage stützt sich auf das „Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz“, das im Jahr 2021 beschlossen wurde. Damals wurde im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) die Möglichkeit geschaffen, dass Angehörige die postmortalen Rechte ihrer verstorbenen Verwandten wahrnehmen: „Die Persönlichkeitsrechte einer Person wirken nach dem Tod in ihrem Andenken fort. Verletzungen des Andenkens können die mit dem Verstorbenen im ersten Grad Verwandten und der überlebende Ehegatte, eingetragene Partner oder Lebensgefährte Zeit ihres Lebens geltend machen.“
Seit der Novelle können Betroffene nicht mehr bloß auf Unterlassung klagen, sondern auch auf „Beseitigung des widerrechtlichen Zustandes“.
Daraus leitet die Klägerin ihre Forderung nach einer Löschung des Bandes ab – und bezieht sich damit auch auf jene Medien, die das Audiofile im Original veröffentlichten. Exemplarisch wird in der Klage die Website des Online-Mediums „zackzack“ angeführt, auf der das Tonband abrufbar ist. Allerdings richtet sich die Klage nur gegen Mattura und nicht gegen die Medien.
Das Erinnerungsbild Pilnaceks wird beeinträchtigt, etwa weil in der medialen Darstellung zum Teil suggeriert wird, der Verstorbene hätte ein ganz besonderes Naheverhältnis zu einer bestimmten Partei gehabt.
Peter Zöchbauer
Anwalt von Pilnaceks Witwe
Von der Klage unberührt sind auch jene Medien, die bloß aus dem Audiofile zitiert haben – potenziell juristisch problematisch ist nur die Veröffentlichung der Tonspur selbst, wobei es immer auch auf das öffentliche Interesse ankommt.
Bleibt die Frage, inwiefern das Tonband dem Andenken Pilnaceks schadet, wo er sich darin doch selbst nicht belastet? Anwalt Zöchbauer zu profil: „Mit dem Andenken ist das Erinnerungsbild Pilnaceks gemeint. Und das wird beeinträchtigt, etwa weil in der medialen Darstellung zum Teil suggeriert wird, der Verstorbene hätte ein ganz besonderes Naheverhältnis zu einer bestimmten Partei gehabt. Allein die Auslegung des Tapes in der öffentlichen Diskussion zeigt, dass das sehr wohl geeignet ist, das Andenken zu beeinträchtigen.“
Veröffentlichung gerechtfertigt?
Im Falle des Ibiza-Videos bewertete der Oberste Gerichtshof die Herstellung des Clips als „unzulässig“, die Veröffentlichung der Aufnahmen allerdings als „gerechtfertigt“ – da sie der Allgemeinheit ermöglicht hätten, sich ein Bild über die Eignung der FPÖ-Politiker „zur Ausübung politischer Ämter zu machen“.
Zöchbauer dazu: „Im Unterschied zu Heinz-Christian Strache im Ibiza-Video hat sich Christian Pilnacek in dem Tonband nicht selbst belastet. Deshalb besteht das Informationsinteresse in diesem Fall nicht.“ Der Anwalt zeigt sich für das Verfahren „optimistisch, dass die Ansprüche der Witwe zu Recht bestehen“.
Jetzt ist das Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien am Zug. Christian Mattura wollte zur Klage nichts sagen.