Medizin

Privatärztin zu Hackers Teilzeit-Verbot: „Bashing“

Stadtrat Hacker will ab 2025 verbieten, dass Ärzt:innen nur wenige Stunden im Spital und den Rest in einer Privatordination arbeiten. profil sprach mit einer Wahlärztin darüber.

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Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) plant, Wahlärzt:innen zu verbieten, weniger als zwanzig Stunden in einem öffentlichen Spital zu arbeiten. Die Ankündigung soll Ende des Jahres umgesetzt werden und ist umstritten. Besonders die Ärztekammer kritisiert Hackers Vorhaben und bezeichnet es als reine Showpolitik auf dem Rücken der Patient:innen und Gefährdung der Wiener Gesundheitsversorgung”. 

„Bashing“ gegen Wahlmediziner:innen

Die Gynäkologin Tanaz Modarressy-Onghaie arbeitet selbst 15 Stunden wöchentlich als Wahlärztin in ihrer Ordination in Währing und 20 Stunden in einem öffentlichen Wiener Krankenhaus. Ich verstehe dieses Wahlärzt:innen-Bashing nicht, weil der Gesundheitsstadtrat die ganze Problematik einzig und allein auf die Wahlärzt:innen schiebt.Die ganze Problematik: Für öffentliche Kassenstellen und Spitalsjobs finden sich immer seltener Mediziner:innen, gleichzeitig explodiert der private Wahlärztinnensektor. Warum arbeitet Modarressy-Onghaie nicht Vollzeit im Spital? Weil ich mir die Zeit, die ich im Spital nicht habe, in der Wahlarzt-Ordi nehmen kann, argumentiert sie im Gespräch mit profil.

Bei einigen Wahlärzt:innen werden auch monetäre Gründe dafür sprechen: Anders als Kassenärzt:innen können sie ihre Honorare selbst festlegen.

Ob Hackers Vorhaben ein paar Teilzeit-Wahlärzt:innen zum Wechsel ins Spital motiviert?

Die Ärztekammer glaubt das nicht. Laut der Interessensvertretung würden nur 44 Wahlärzt:innen im Wiener Gesundheitssystem weniger als zehn Stunden wöchentlich im Spital arbeiten. Der Wiener Gesundheitsverbund kontert: Diese Zahl stimme nicht. Wie viele Mediziner:innen es genau sind, weiß der städtische Spitalsbetreiber aber selber nicht. Unter der Hand werden Schätzungen ventiliert: Wienweit soll eine drei- bis vierstellige Zahl von Teilzeit-Spitalsärzt:innen nebenbei eine Wahlarztordination betreiben.

Immer mehr Teilzeit-Ärzt:innen

Mit einem Personalnotstand in Wiens öffentlichen Spitälern hätte der Vorschlag nichts zu tun, beschwichtigt man im Büro des Stadtrats.

Von dem Verbot der Teilzeit-Wahlärzt:innen erhoffe man sich stattdessen mehr Fairness im Spital. Medizinische Vollzeitkräfte müssten aufgrund der hohen Teilzeitquote öfter unbeliebte Dienste schieben, vor allem die in der Nacht oder an Wochenenden und Feiertagen. Eine höhere Vollzeitquote würde dem Problem entgegenwirken, erhofft man sich im Büro Hacker. Außerdem würden Mediziner:innen in Ausbildung davon profitieren, wenn ihre Vorgesetzten öfter im Spital wären.

Und: In Wien sehen wir ja, dass der niedergelassene kassenärztliche Bereich in den letzten zehn Jahren drastisch geschrumpft ist, während sich die Zahl der Wahlärzt:innen im selben Zeitraum nahezu verdreifacht hat, sagt ein Sprecher von Hacker zu profil.

Wenn Wahlärzt:innen in den Kassenbereich wechseln würden, könnte das die Spitäler entlasten, weil Patient:innenströme besser gesteuert würden. Soweit die Theorie im Büro des Stadtrates.

Während die Österreichische Gesundheitskasse und der Wiener Patientenanwalt Gerhard Jelinek Hackers Einschränkungen im Wahlarztsystem begrüßen, äußert die Ärztekammer gegenüber profil die Sorge, dass viele Kolleg:innen aus den Spitälern in andere Bundesländer oder ins Ausland abwandern oder ihre Karriere im Spital gänzlich beenden. 

Diese Sorge kann man in Hackers Büro allerdings nicht nachvollziehen: Wenn jemand zehn Stunden im Spital arbeitet, 30 Stunden privat ordiniert und den Wiener Gesundheitsverbund verlässt, dann geht es hier um einen Dienst pro Woche, der kompensiert werden muss.

Ob mit Jahresende mehr Wahlärzt:innen ihre Praxen zusperren und stattdessen in den öffentlichen Dienst wechseln? 

Die Gynäkologin Modarressy-Onghaie weiß bereits jetzt, wie sie sich entscheiden würde: Wir werden alle in die Ordi gehen.Das sei keine Befindlichkeitssache oder Trotzreaktion“. Viele hätten ihre Ordinationen und die Geräte gekauft, hätten laufende Kredite. Wir können ja gar nicht anders,“ sagt Modarressy-Onghaie.

Ob das alle betroffenen Spitalsärzte so sehen? 2025 wird es zeigen.

Natalia Anders

Natalia Anders

ist Teil des Online-Ressorts und für Social Media zuständig.