profil-Morgenpost: Alles auf Orange!
Die beiden anstehenden Wahlen – die kleine im orangeglühenden Reisewarnungs- und Hochrisiko-Wien, die große wenig später in den Gespaltenen Staaten von Amerika – versprechen brutal zu werden und neue Dimensionen jenes traditionellen Stilmittels, das wir Untergriff nennen, zu offenbaren. Das könnte alles sehr lustig sein, wenn es nicht so tragisch wäre: VP-Wien-Kandidat Gernot Blümel hat offenbar so große Angst vor polemisch nachfragenden Schriftstellern, dass er in seiner Verzweiflung nicht nur eiligst Postings löscht, sondern sich auch nicht zu blöd ist, sogar die Nazikeule aus dem Sack zu holen, um sie einem jüdischen Künstler überzubraten, dem man mit etwas bösem Willen einiges unterstellen kann, nur Faschismus garantiert nicht. Und Agent Orange, wie der US-Präsident von seinen Feinden relativ lieblos nach einem chemischen Kampfstoff genannt wird, rüstet sich bereits für die Zeit seiner Niederlage, während er sich wieder einmal gegen „totally fake news“ aus der Qualitätspresse (diesmal der „New York Times“) zur Wehr setzen muss. Er habe 2016/17 lediglich 750 Dollar Einkommensteuer bezahlt, wies die Zeitung nach, was bei ein paar Hundert Millionen Einkünften recht wenig ist. Und auch wenn es absurd klingt: Aber etwas an der Idee, sich den rostbraunen Donald Trump als toxisches Entlaubungsmittel vorzustellen, erscheint in solchem Licht doch seltsam stimmig.
Der jüngste der von der profil-Außenpolitik gewohnt kenntnisreich servierten „Super Tuesday Podcasts“ wartet übrigens mit neuen Details zum nordamerikanischen Katholizismus und zu den jüngsten „Wahlbetrugs“-Vorwürfen auf. Robert Treichler und Martin Staudinger, die beiden sympathischen Herren, die Ihnen von dem unter diesem Podcast-Link erscheinenden Foto einigermaßen lakonisch entgegenblicken („no nonsense“ nennt man diesen Zugang in anglophonen Kulturen), haben ihre Hände da gewissermaßen strategisch in den Hosentaschen vergraben: Lässigkeit ist Pflicht, denn erst die lockere Körperhaltung garantiert die Volatilität des Geistes, daher gibt es in den weitläufigen Redaktionsräumen und unaufgeräumten Heimbüros der profil-Belegschaft auch im Jubiläumsjahr grundsätzlich weder Stillstand noch Strammstehen.
Wenn man so will, kann man diese schöne Haltung auch aus der Serie von Videoreportagen herauslesen, die Clemens Neuhold und Patricia Bartos anlässlich des Wien-Wahlkampfs angefertigt haben. Teil zwei, hier zu betrachten, geht der Frage nach, ob die Warnung vor Parallelgesellschaften, die den rechten und rechtsextremen Wahlwerbern so am Herzen liegt, gerechtfertigt sein kann. Au contraire! Embrace the difference! Wien kann seine spezielle kulturelle Abmischung nicht nur bestens vertragen, sondern auch gut brauchen auf dem Weg zu einer halbwegs lebendigen, dem 21. Jahrhundert entsprechenden Mittelgroßstadt.
Einen wählerischen Mittwoch wünscht Ihnen die profil-Redaktion!