profil-Morgenpost: Babyelefantenrunde
Wahnsinnszeiten. Kein Opernball, keine Ballsaison, kein Ende der Pandemie in Sicht. Dass die profil-Diskussion mit den Spitzenkandidaten der Wiener Landtags- und Gemeinderatswahl im ausladenden Ballsaal Johann Strauss des Wiener InterContinental Hotels am Mittwochabend (unter strengen Sicherheitsvorkehrungen) stattfinden konnte, grenzt im Frühherbst der Pandemie fast an ein kleines, demokratiepolitisches Wunder. Denn: Auch in außergewöhnlichen Wahlkampfzeiten soll ausführlich und intensiv diskutiert werden – und das am besten nicht nur in virtuellen Videokonferenzen. Über Corona, so will es die Etikette, muss anfangs – und über einen Gutteil des Abends – dennoch gesprochen werden.
Zeit also für viele Fragen von profil-Herausgeber Christian Rainer und Innenpolitikchefin Eva Linsinger, ausführliche Antworten und unzählige Repliken: Wie kommt man nicht nur raus aus der Krise und der orangen Ampelzone, wie bringt man die Wirtschaft in der Bundeshauptstadt wieder in Schwung, wann kommen endlich wieder Touristen in die Großstadt – und warum ist es nicht möglich, zumindest 100 unbegleitete Kinder aus Moria aufzunehmen?
„Politiker sollten nicht glauben, Virologen zu sein“, meint Birgit Hebein zu Beginn des Gesprächs. Die grüne Vizebürgermeisterin will in den kommenden Wochen deutlich mehr Personal für Testungen und Contact Tracing in der Bundeshauptstadt. „Wir haben von Beginn an verhindert, dass wir Hunderte oder sogar Tausende Todesfälle verzeichnen, wie andere Länder oder Großstädte", meint Bürgermeister Ludwig, während Dominik Nepp ein „Schul-Chaos“ verortet und Gernot Blümel die Sperrstunde auch in Wien möglichst schnell vorverlegen will (Ludwig verneinte - vorerst). Christoph Wiederkehr lenkte die Diskussion auf das soeben beschlossene Epidemiegesetz. Was im Parlament beschlossen wurde, sei alles andere als zu loben, so der Neos-Spitzenkandidat: „Grund- und Freiheitsrechte werden mit den Füßen getreten.“
Die Diskussion wurde beim Thema Flüchtlingslager Moria durchaus emotional. „Es braucht nicht nur dort Hilfe, wo der mediale Scheinwerfer hinleuchtet“, erklärt Gernot Blümel die Haltung der ÖVP zur aktuellen Flüchtlingssituation in Griechenland. Birgit Hebein, angesprochen auf die Regierungsbeteiligung der Grünen im Bund: „Ich finde es eine unmenschliche Diskussion, die wir hier überhaupt führen müssen“. Die türkise Partei stehe der Menschlichkeit im Wege. Michael Ludwig gibt zu, dass man mit einer möglichen Aufnahme von 100 Flüchtlingskindern natürlich nicht die Flüchtlingsproblematik löst, aber „man löst die Probleme von 100 Kindern.“ Dominik Nepp sieht die Sache – wenig überraschend - anders.
Die Diskussion von profil-Herausgeber Christian Rainer und Innenpolitikchefin Eva Linsinger (die in Kooperation mit dem Club 20 organisiert wurde) mit dem Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), Vizebürgermeisterin Birgit Hebein (Die Grünen), Gernot Blümel (ÖVP), Dominik Nepp (FPÖ) und Christoph Wiederkehr von den Neos können sie als Podcast nachhören.
Und falls Sie sich fragen: Ja, der Schmäh um die Babyelefantenrunde wurde natürlich gebracht.