Ermittlungen gegen Wöginger: Er wollte doch nur helfen!
In letzter Zeit beginnt der Tag nicht selten mit neuen Korruptionsvorwürfen gegen die ÖVP. Diesmal ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen August Wöginger. Der Klubchef der ÖVP steht in Verdacht, bei der Besetzung des Finanzamts für Braunau, Ried und Schärding in Oberösterreich im Sinne eines Parteifreundes interveniert zu haben – und zwar beim damaligen Generalsekretär und Kabinettchef im Finanzressort Thomas Schmid.
Wöginger, das zeigen die Chats auf Schmids Handy, hat sich ziemlich über die Bestellung des damaligen Bürgermeisters einer kleinen Gemeinde zum Vorstand des Finanzamts gefreut. „Wir haben es geschafft :-)) Der Bürgermeister schuldet dir was!“, schrieb Schmid Anfang 2017 an Wöginger. „echt super!! bin total happy“, antwortete der. Für Schmid war das offenbar nicht der Rede wert: „Kein Thema – freue mich auch, dass das geklappt hat“.
Der Beschuldigte als bürgernaher Helfer
Das Handy von Thomas Schmid ist eine unerschöpfliche Quelle von Hinweisen auf fragwürdige Deals und Postenschacherei im ÖVP-Umfeld. Erschreckend ist nicht nur, wie einfach es in diesem Land mitunter scheint, Jobs nach parteipolitischen Vorlieben zu besetzen. Als dreist können auch die Erklärungsversuche der Beschuldigten und ihnen nahestehender Personen bezeichnet werden.
Wöginger selbst streitet alles ab und gibt an, keinen Einfluss auf die unabhängige Kommission genommen zu haben, die über die Bestellung entschieden hat.
Die beste Antwort in der Causa kam aber vom Parlamentsexperten und ehemaligen ÖVP-Klubdirektor Werner Zögernitz: Wöginger hätte sich als Abgeordneter lediglich für einen Mitbürger eingesetzt. Das sei schließlich die Aufgabe von Politikern.
Ich frage mich manchmal, wie solche Aussagen zustande kommen. Handelt es sich um eine spontane Eingebung oder wird das im Vorfeld besprochen? Ich stelle mir vor, wie Zögernitz sich darüber berät, wie man die Geschichte noch drehen kann. Der Beschuldigte als bürgernaher Politiker, der sich um die Nöte und Sorgen der Parteifreunde kümmert? So etwas muss einem erst einmal einfallen.
Wird Wöginger „ausgeliefert“?
Vielleicht ist die Argumentationslinie aber auch Kalkül, denn: Ohne Zustimmung im Nationalrat dürfen strafrechtliche Handlungen von Abgeordneten nur verfolgt werden, wenn sie nicht in Zusammenhang mit der politischen Arbeit der Beschuldigten stehen. Dass es hier durchaus einen Zusammenhang gibt, hält auch die WKStA für möglich. Immerhin handelt es sich mutmaßlich um eine politische Intervention. Der Nationalrat muss also zustimmen – und Zögernitz ist, wie könnte es anders sein, gegen eine „Auslieferung“ Wögingers.
Darüber entschieden werden könnte bereits am 23. Februar. Die Opposition wird wohl für eine Aufhebung der Immunität Wögingers stimmen, unklar ist, wie sich die Abgeordneten der ÖVP und vor allem jene der Grünen verhalten. Es ist durchaus möglich, dass die Causa gar keine Folgen für August Wöginger hat.
Eine Entwarnung für die ÖVP käme aber zu früh. Mit Ex-Kanzler Sebastian Kurz und Ex-Finanzminister Gernot Blümel wird gegen zwei prominente ehemalige ÖVP-Politiker ermittelt (auch sie bestreiten sämtliche Vorwürfe). Und die nächsten Chats kommen bestimmt.
Siobhán Geets
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