profil-Morgenpost: Seichte Wasser sind tief
Was einen dieser Tage so beschäftigen könnte, wenn man nicht gerade nach Sternschnuppen sucht: Eine ansonsten herrlich befahrbare Straßenkreuzung beim Wiener Westbahnhof wurde auf Veranlassung der zuständigen Bezirksvorsteher zur Wellnessoase. Das darin aufgebaute Schwimmbad ist pandemiebedingt zwar leider nur mit Vorsicht und Abstand zu genießend, hat es aber trotzdem ganz schön in sich. Denn der sogenannte „Gürtelpool“ erzeugte, offenbar mangels gewichtigerer Aufreger, allerlei Stau, Erhitzungsdebatten, Häme von Rechts sowie linkes Kopfzerbrechen: War die stadtplanerisch womöglich hervorragende Idee vielleicht, also rein timingtechnisch, doch nicht so brillant, nur zwei Monate vor der Gemeinderatswahl?
Anderes Thema, gleiche Debattentemperatur, ähnliches Niveau: Die steirische Kabarettistin und Autorin Lisa Eckhart wurde vom Hamburger Harbourfront-Literaturfestival ausgeladen, weil der Veranstalter Angst vor verärgerten Nachbarn hatte, die einen Auftritt der politisch kokett unkorrekten Künstlerin womöglich nicht goutieren würden. Es folgten grenzenlose Debatten über die angeblichen Grenzen der Kunst- und Debattenfreiheit, Häme von Rechts sowie linkes Kopfzerbrechen: Was muss man, auch wenn es einen nicht in den ideologischen Kram passt, noch tolerieren, was eher nicht? Eckhart plant derweil rechtliche Schritte gegen die rechtsradikale AfD, die aus der Affäre politisches Kleingeld schlagen wollte und veröffentlicht nächste Woche ihren Debütroman „Omama“. Mehr darüber – und über den Wiener Wahlkampf – lesen Sie im kommenden profil, zwei besonders wichtige Erkenntnisse schon vorab, also gleich jetzt und hier:
Erstens: Das Sommerloch ist nicht mehr, was es einmal war. Die Möglichkeiten, die Leute aus der Reserve zu locken, haben sich beträchtlich erweitert. Man weiß kaum noch, was man machen soll, um noch dösiges Desinteresse auszulösen (Wobei: Man macht einfach das, was Christian Deutsch halt so macht.)
Zweitens: Es ist nicht alles tief, was seicht ist. Gilt für Schwimmbäder und politische Witze.
Wir wünschen Ihnen einen lustigen Mittwoch!
Sebastian Hofer
PS: Gibt es etwas, das wir an der „Morgenpost“ verbessern können? Das Sie ärgert? Erfreut? Wenn ja, lassen Sie es uns unter der Adresse [email protected] wissen.