„Koalitionstrottel“, „Dreckschleuder“, „miese Kreatur“: Wenn Politiker schimpfen
Es ist das Polit-Zitat der Woche, auch wenn es eigentlich aus dem Frühjahr 2016 stammt: „Rote bleiben Gsindl – Schönen Schitag!“. Das via "Standard" bekannt gewordene SMS von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner an Michael Kloibmüller, ihren damaligen Kabinettschef im Innenministerium, sorgt für Empörung bis Belustigung im ganzen Land. Mikl-Leitner, die passenderweise gerade auf Schiurlaub in Osttirol verweilt, entschuldigte sich für die damals verfassten, deftigen Chatinhalte. Die „Roten“ konnte das Bedauern bislang nicht besänftigen, vielmehr nutzt die SPÖ den Sager bereits eifrig zu Marketingzwecken: Franz Schnabl, niederösterreichischer SPÖ-Chef, ließ sogar bereits T-Shirts mit dem Aufdruck „Rotes Gsindl“ drucken und sich damit ablichten.
Schimpfkreationen aus dem Parlament
Solche geleakten Chats (Stichwort „Hure der Reichen“ oder „Pöbel“) mögen zwar jedes Mal ein Gaudium sein und alle gängigen Klischees bestätigen, wirklich verwundern können Kraftausdrücke in der heimischen Innenpolitik aber nicht. Vor allem wenn man sich ansieht, welche Wortwahl bisher schon ganz offiziell und öffentlich innerhalb der Parlamentsmauern gebraucht wurde. In Erinnerung bleibt etwa der sonst so besonnene Altbundespräsident Heinz Fischer, der 1980 im Nationalrat dem ÖVP-Abgeordneten Heribert Steinbauer ein wütendes „Sie Schwein, Sie!“ entgegenrief, als es wegen einer Debatte rund um das Wiener AKH heiß herging. Oder der grüne Nationalrat Andreas Wabl, von dem 1998 ein „Arschloch“-Sager gegenüber ÖVP-Politiker Helmut Kukacka im Parlamentsprotokoll verewigt wurde.
Der frühere BZÖ-Abgeordnete Gerald Grosz erntete im Hohen Haus schon die Titel „miese Kreatur“ (Copyright: ÖVP-Mandatar Karlheinz Kopf) und „kleiner Abgezwickter“ (Zitat: SPÖ-Politiker Erwin Spindelberger), teilte zwischen 2008 und 2011 mit 14 Ordnungsrufen aber gleichzeitig auch am meisten aus. Eine unvollständige Auswahl weiterer Schimpfkreationen vergangener Parlamentsperioden: „Dreckschleuder“, „Blutsauger“, „Koalitionstrottel“, „Gauner“, „Bauernflaschn“, „Kettenhund“, „Betonschädeln“.
Das soll die Schreibe der Landeshauptfrau nicht entschuldigen, aber den Blick auf das Wesentliche schärfen. Denn die Chats von Mikl-Leitner wurden in einem Kontext publik, der wesentlich schwerer wiegt als schlechte Kinderstube: Einmal mehr gibt es Vorwürfe von Postenschacher und politischen Interventionen rund um ÖVP-geführte Ministerien. Wer sich im derzeitigen Skandalwirrwarr nicht mehr auskennt, dem sei der aktuelle profil-Politik-Podcast ans Herz gelegt: Chefredakteur Christian Rainer und Investigativchef Michael Nikbakhsh sprechen über die Vorwürfe gegen ÖVP-Klubobmann August Wöginger und wie profil mit geleakten Chats umgeht.
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende und ärgern Sie sich nicht zuviel!
Thomas Hoisl