profil vor 25 Jahren: Tanz um Haider
Schauplatz war Kärnten, doch die Folgen "eines der groteskesten Kapitel der österreichischen Nachkriegsgeschichte" erschütterten auch die Große Koalition in Wien. FPÖ-Chef Jörg Haider sei es gelungen, die von SPÖ-Kanzler Franz Vranitzky und ÖVP-Vizekanzler Erhard Busek über die Freiheitlichen verhängte "politische Quarantäne" zu durchbrechen, berichtete profil: Er habe mit VP-Landeschef Christof Zernatto ausgehandelt, ihn zum Landeshauptmann zu wählen, dafür aber die Kontrolle über 21 der 31 Ressorts der Landesregierung verlangt.
Dass zeitnah der "aus Wien abkommandierte SPÖ-Retter" Michael Ausserwinkler in Klagenfurt mit Haider eine "rot-blaue Brunello-Runde" veranstaltet habe, wovon es Fernsehbilder "beschwingter Politiker inmitten leerer Rotweinflaschen" gab, war auch nicht dazu angetan, die Lage zu beruhigen. "Ich habe nur sehen wollen, wie weit sie kriechen, wenn sie mich brauchen", feixte Haider vor Journalisten.
"Im Landeshauptmann-Poker blamierten sich SPÖ und ÖVP bis auf die Knochen", resümierte profil, und daran habe auch Zernattos kurze Zeit später erfolgte Absage des Deals nichts geändert. Haider habe zwar eine Niederlage erlitten, vor allem aber sei die Glaubwürdigkeit der Großen Koalition in Wien angekratzt. "Jetzt herrscht der Eindruck vor, Politik ist gleich Postenschacher", ärgerte sich der ÖVP-Abgeordnete Günter Stummvoll. Die Koalition betreibe "Selbstverstümmelung", schrieb Hubertus Czernin im Leitartikel.