profil vor 25 Jahren: Verwelken die Grünen?
Als neuer AUA-Aufsichtsratspräsident hatte Rudolf Streicher alle Hände voll zu tun. Angesichts der "Wettbewerbsstürme" in der internationalen Luftfahrt galt es, rasch eine Zukunftsentscheidung für die österreichische Fluglinie zu treffen - "Menage à quatre" samt Kapitalverflechtung mit Swissair, KLM und SAS oder eine Kooperation mit der Lufthansa - und gleichzeitig die "extrem emotional aufgeladene" Situation im Unternehmen zu beruhigen. Die neue Konstellation in der AUA verspreche "professionellere Entscheidungsprozesse", schrieb profil in der Ausgabe vom 24. Mai 1993. Denn Streichers Credo laute: "Zuerst schuf der liebe Gott den Befund."
Der Befund über den Zustand der Grünen war besorgniserregend: Nach dem dritten Wahldebakel in Folge sei die Partei "in Panik" und streite "wie nie zuvor um Personen und Profile", resümierte profil. Der ein Jahr zuvor als Klubobmann demontierte Johannes Voggenhuber wolle der Partei "seinen Anti-EG-Kurs aufzuzwingen" und fordere die Ablöse des Bundessprechers Peter Pilz "wegen Erfolglosigkeit"."Der Lack ist ab", schrieb die grüne Abgeordnete Monika Langthaler in einem Gastkommentar, und "der Hauptgrund für unseren Misserfolg liegt bei uns selbst". Die Grünen seien "altmodisch geworden", ihre Haltung zur EG entspreche ihrem "Sektierertum". Langthaler warnte: "Wenn wir uns nicht endlich auf den ach so geschmähten Zeitgeist einstellen, der u. a. bedeutet, sich professioneller Methoden zu bedienen, dann werden wir im nächsten Parlament nicht mehr vertreten sein."