Rainer Nikowitz

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profil: Vielen Dank, meine Damen und Herren, dass Sie sich mitten in der für Sie einträglichsten Zeit des Jahres zu so einer hochkarätigen Expertenrunde zusammengefunden haben. Meine erste Frage: Was hat Sie bei den bisherigen Duellen am meisten überrascht?
Motivforscher: Nun, diese Frage geht aus meiner Sicht ein wenig am Kern der Sache vorbei, denn mich kann natürlich gar nichts überraschen. Außer vielleicht, dass niemandem außer mir die versteckte Botschaft aufgefallen ist, die H. C. Strache in der Konfrontation mit Frank Stronach ausgesendet hat.

profil: Huh! Die ist mir dann wohl auch entgangen.
Motivforscher: Das ist ja nicht weiter tragisch, Sie haben das schließlich nicht studiert. Es war die Krawatte.
Medientrainerin: Die war blau – also ein Signal an die Kernwählerschaft. Entschuldigung, aber das ist doch eine etwas banale Erkenntnis, Herr Kollege.
Motivforscher: Ich rede doch nicht von der Farbe! Der Knoten! Ein doppelter Palstek! Für Nicht-Experten natürlich nicht zu erkennen. Aber ein ganz eindeutiger Zuruf an alle Hobbysegler: Ich bin einer von euch. Das ist doch bemerkenswert, zumal diese Gruppe bisher von den anderen Parteien geradezu sträflich vernachlässigt wurde.
Kommunikations-Profiler: Mir ist der Knoten selbstverständlich auch aufgefallen. Aber ich denke, dass diese Interpretation zu kurz greift: Tatsächlich wollte Strache damit an die Zeiten der Kriegsmarine erinnern, als Österreich noch ein wesentlich größerer Player in Europa war. Somit ging es ihm also eindeutig um eine nationalistische Geste, auch und vor allem gegenüber der EU.

profil: Mir fällt es gerade wie Schuppen von den Augen!
Kommunikations-Profiler: Mein Gott, na! Für jedes Mal, wo ich das schon gehört habe, hätte ich gern einen Euro!
Politikberaterin: Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang noch lebhaft daran, was Wolfgang Schüssel damals nach dem legendären Duell mit Alfred Gusenbauer zu mir gesagt hat.

profil: Was denn?
Politikberaterin: Für mich bitte mit viel Milch und zwei Stück Zucker.
Medientrainerin: Daran kann man auch sehr schön den Paradigmenwechsel erkennen, der seither stattgefunden hat: Ein doch nur mit einem relativ schwachen Kanzlerbonus ausgestatteter Werner Faymann würde so etwas nie sagen.

profil: Nicht?
Medientrainerin: Niemals! Er trinkt ihn schwarz.

profil: Wer, glauben Sie, war denn bisher in diesen Konfrontationen am überzeugendsten?
Politikberaterin: Also, ich habe ehrlich gesagt mich ziemlich gut gefunden.
Motivforscher: Ich nicht.
Politikberaterin: Versuchen wir doch bitte, wissenschaftlich zu bleiben, Herr Kollege! Und außer mir muss man natürlich noch Eva Glawischnig nennen, die es in dieser späten Phase des Wahlkampfes geschafft hat, ein absolutes Alleinstellungsmerkmal zu entwickeln.

profil: Sowas ist natürlich immer gut. Welches denn?
Politikberaterin: Sie ist eine Frau! Und als solche hebt sie sich schon ziemlich deutlich ab. Zum Beispiel von einem Mann.

profil: Ah! Ein extrem kluger Schachzug.
Motivforscher: Und ist Ihnen eigentlich aufgefallen, dass es zwischen Glawischnig und Frank Stronach praktisch überhaupt keine Übereinstimmungen gegeben hat?

profil: Nun ja … Das könnte nicht zuletzt daran liegen, dass die beiden noch gar nicht miteinander diskutiert haben.
Motivforscher: Auf so eine schwach unterfütterte Erklärung können vielleicht Sie sich als Journalist zurückziehen. In meinem Job kann ich mir das nicht leisten.
Kommunikations-Profiler: Ich wiederum habe es taktisch sehr geschickt gefunden, was Michael Spindelegger über die Probleme alleinerziehender Transgender-Migranten gesagt hat.

profil: Was hat er denn gesagt?
Kommunikations-Profiler: Na, nichts! Und das ist schon ziemlich clever, weil das interessiert schließlich keine Sau.

profil: Aber hat es nicht Bundeskanzler Faymann genauso gemacht?
Kommunikations-Profiler: Und schon stehen wir vor der hochinteressanten Frage, ob ihm das nicht zum Nachteil gereichen wird. Denn die Wähler könnten sich überlegen: Wem war das eigentlich zuerst wurscht? Gehe ich jetzt zum Schmiedl – oder doch gleich zum Schmied?

profil: Jetzt, wo Sie es sagen, liegt das natürlich auf der Hand. Und nicht zuletzt im Lichte dessen habe ich jetzt nur noch eine Frage – nämlich die alles entscheidende: Wer gewinnt denn nun die Wahl?
Medientrainerin: Ganz klar: Wir!

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