„Was wollen Sie mit diesem Blödsinn ­beweisen?“

Reaktionen auf die Gender-Ausgabe: „Was wollen Sie mit diesem Blödsinn ­beweisen?“

Gender-Debatte. Irritiert, begeistert, gehässig: die Reaktionen auf das profil-Experiment

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Von Eva Linsinger und Stephan Wabl

„Pseudo-emanzipatorischer Unfug“, „Genderunterwerfung“, „Schwachsinn“. Schrieben die einen.

„Erfrischender Beitrag“, „Augenöffner“, „kluge Intervention in die engstirnige ­Debatte“. Schrieben die anderen.

„Wir verweiblichen die Texte konsequent. Dass wir damit Irrita­tionen auslösen werden, nehmen wir nicht nur in Kauf – wir hoffen es sogar.“ Das hatten wir im profil-Editorial geschrieben, als wir vergangene Woche das Experiment unternahmen, einen speziellen Beitrag zur Gender-Debatte zu leisten, und Texte konsequent „verweiblichten“.

Der Irritationspegel war beachtlich, und seine statistische Auswertung ist durchaus aufschlussreich: Mehr als die Hälfte, exakt 55 Prozent, der klassischen Leserzuschriften entfiel auf Männer; zwei Drittel davon wiederum fanden das Experiment überaus missglückt, was sich teils in aggressiver Tonalität niederschlug. „Was wollen Sie mit dieser Dummheit, diesem Blödsinn mit dem Gendering, beweisen?“, schrieb etwa einer und unterzeichnete mit dem DDr.-Titel. Andere wählten den Weg ins Witzchen und forderten, dass profil,­ wenn schon, doch gleich auch über „Brüderinnen“ und „Deutschinnen“ schreiben sollte statt über „Brüder“ und „Deutsche“. Dieser Weg ins Groteske allerdings war nie geplant, wir wollten nur einmal Männer mitmeinen, wenn etwa von „Politikerinnen“, „Ärztinnen“ oder „Lohnempfängerinnen“ die Rede war.

Aber wo, fragten sich viele Leser, bleiben die „Kinderschänderinnen“ und „Rassistinnen“? Damit wurde insinuiert, wir hätten uns ausschließlich positiv besetzte Begriffe herausgepickt: „Welche Heilandin hat über Nacht die Menschheit erlöst, dass ich in 90 Seiten profil von einer Welt lesen darf, in der es keine Kinderschänderinnen und Bankräuberinnen gibt?“ Ein Hinweis zur Güte: In den 84 profil-Ausgaben seit 1. Jänner 2013 wurden insgesamt auch nur sechs Mal „Bankräuber“ und fünf Mal „Kinderschänder“ erwähnt.
Bei den Leserbriefschreiberinnen hielten sich Lob und Kritik genau umgekehrt die Waage: 72 Prozent der Reaktionen waren positiv; die Leserinnen gratulierten zum „aktionistischen Experiment“ und verwiesen darauf, dass „Sprache Wirklichkeit schafft“.

Die Reaktionen in den sozialen Medien, allen voran Facebook, fielen geschlechtsneutraler aus. 58 Prozent derer, die auf der Facebook-Seite von profil den „Like“-Button betätigten, waren Frauen. Von den über 100 Postings, die mehrheitlich von Männern abgegeben wurden, standen indes rund 60 Prozent dem Experiment kritisch gegenüber. Ein „Shitstorm“ blieb jedoch aus; die Tonalität der Kommentare war in Anbetracht des heiklen Themas überraschend sachlich, auch wenn mitunter von einer ­reinen „Hetzkampagne für einige Feministinnen“ zu lesen war. Was allerdings auffiel: 64 Prozent der positiven Kommentare kamen von Frauen, 76 Prozent der negativen von Männern.

Das Alter hingegen spielt offenbar keine Rolle. Ein Mann aus der Generation 70 plus schreibt: „Die weibliche Form ist für mich ungewohnt. Ich könnte mich aber daran gewöhnen.

Die Menschheit vertrottelt mir unter der Hand!
Wolfgang Schifter via E-Mail

Liebe Proflilerinnen, Lieber Profiler, RedakteurInnen, Redakteure. Ist das jetzt korrekt??? Meine Güte, Feminismus hin oder her, Manfreda Deixin hätte seinen, ihren Spaß daran.
Hermine-Nina Moser via Facebook

Was für ein erfrischender Beitrag für die leidige Gender Debatte! Höchst an der Zeit, dass auch mal die Männer mitgemeint werden. Vielleicht auch ein Augenöffner für Menschen, die meinen, sprachliche Gleichberechtigung sei nicht notwendig.
Elisabeth Binder via E-Mail

Es geht nur darum endlich aufzuzeigen wohin sich die deutsche Sprache entwickelt hat. Die andauernde maskuline Form und das „mitmeinen der Frau“ – An die Männer: Lest euch die Ausgabe durch und fühlt euch doch bitte „mitgemeint“.
Raphael Niederhauser via Facebook

Vorweg die gute Nachricht: profil hat einen reaktionären Leser weniger. Über die auf mich einprasselnden Artikel über die allgegenwärtige Not der Frau (die meinige liegt gerade am Balkon) oder die Artikel der bemitleidenswerten Frau Hammerl, die mitunter in einer Warteschlange beim Meinl am Graben der allgegenwärtigen Gefahr sexueller Belästigung ausgesetzt ist, kann man noch hinwegsehen. Ich mag allerdings die deutsche Sprache, so wie sie ist.
Manfred Guzy, via E-Mail

Gender-Ausgabe des profil: Allen männlichen Leserinnen sei ein ausgeprägtes Aha-Erlebnis gewünscht!
Andrea Stangl via Twitter

Danke, danke, danke für das beharrliche, widerständige Anschreiben gegen Tendenzen, die der unsägliche Aufruf gegen Genderwahn so entlarvend an die Oberfläche spült. Nein, nicht nur der Stammtisch, auch hoch gebildete Leute mit intellektuellen Meriten bis hinauf zur universitären Ebene bevorzugen die Polemik, wenn doch eigentlich der Diskurs gefragt wäre.
Irene Zöllner via E-Mail

Ich bin seit 1978 treuer Leser Ihrer Zeitschrift. Was sich allerdings jetzt mit diesem Genderwahnsinn in Ihrem Blatt abspielt ist unzumutbar! werde mein Abo mit Sicherheit kündigen, da ich befürchte, dass auch ein weiblicher „Herausgeber“ nächstens ansteht.
Harald Leitner via E-Mail

Das männerfeindliche und schwer feministische profil will mal wieder mit feministischem Aktionismus punkten. Bravo! Diese Zeitschrift ist was die Genderfragen betrifft total in den Händen der linken Radikalfeministinnen. So etwas wie Feminismuskritik kommt fast nicht vor.
Armin Pillhofer via profil.at

Zum Glück verstehen sich die meisten Männer und Frauen sehr wohl, weil ihnen #Feminismus und #gender egal sind.
Christine Bauer Jelinek via Twitter

Die Ausgabe gefällt mir besonders gut! Mit dieser Art zu gendern könnt’ ich mich anfreunden. Auf jeden Fall viel, viel eher als mit dem Binnen-I.
Angelika Stur via E-Mail

Diese ganze gendersprech Debatte ist ein so sinnloser Nebenschauplatz, an dem das ganze Pulver verschossen wird, während anderswo Feuer am Dach und die Hütte schon halb niedergebrannt ist.
Alice Wolf via Facebook

Als 70+ bin ich die männliche Form als geschlechtsneutral gewohnt. Die weibliche Form ist für mich daher ungewohnt, gefällt mir aber wesentlich besser als das Binnen-I und andere Konstrukte. Ich könnte mich daran gewöhnen, dabei ebenfalls geschlechtsneutral zu denken.
Ernst Kunnert via E-Mail

Netter Versuch, sich bei Minderheiten anzubiedern.
Markus Rieglhofer via Facebook

Witzig! All die Herren, die es für ausreichend finden wenn wir Frauen in der männlichen Form eh mitgemeint sind … die kündigen gleich ihr Abo weil es einmal, nur ein einziges Mal umgekehrt ist. Sehr zart besaitet.
„So it is“ via derstandard.at

das generische femininum im profil find ich ja gut, aber der titel suggeriert erst wieder dass männer & frauen jeweils homogene gruppen sind.
Sigi Maurer, Nationalratsabgeordnete, via Twitter

Gute Idee, macht vielleicht ein paar Frauen Freude. Ich denke, das wäre ein guter Fortschritt und würde auf das Wesentliche zielen und nicht dieses verblödete Gendergefusel.
Wolfgang Zehenter via E-Mail

endlich traut sich wer. #gendern #feminism“
lisa breit via Twitter

ja, auch wenn ich frustriert bin – stichwort „gabalier“ erhellt ihr versuch einer gegenprovokation mein gemüt ein stück weit.
simon glock via E-Mail

Gendern ist nicht nur dem Lesefluss wenig zuträglich, es bewirkt auch vollständig unlogische Konstruktionen. Wir jungen und gebildeten Frauen haben niemals darum gebeten, dass Feministinnen die Stimme für uns erheben.
Cornelia Berger via E-Mail

Zu der Manie, alle Texte sowohl für Frauen als auch Männer anzupassen, kann ich nur hoffen, dass die Beschreibungen auf Tamponpackungen männergetreu gemacht werden.
Mag. Bibiana Berger via E-Mail

Wenn das meine einzigen sorgen wären, hätte ich keine. Wenn ich für mein selbstbewusstsein die „innen“ bräuchte, dann ist in meinem leben etwas falsch gelaufen.
Andrea Lang via Facebook

Ihr aktionistisches Experiment mit den „verweiblichten“ Texten und ihren mitgemeinten Männern ist wunderbar erfrischend und daher besonders geeignet, während der heißen Phase des Binnen-I-Kampfes fortgesetzt zu werden.
Dr. Madeleine Wolensky via E-Mail

Seit Wochen verfolge ich die Gender-Debatte, mittlerweile könnte ich mich übergeben. Was nützt es, wenn wir sprachlich etwas aufoktrouyiert bekommen, das ein Großteil der Bevölkerung nicht lebt? Gleichberechtigung beginnt im Herzen, nicht auf dem Papier.
Mag. Renate Löffelmann via E-Mail

Nein, das ist nicht Gendern sondern einfach nur das generische Femininum … Aber trotzdem eine sehr gute Idee!!
Roland Giersig via Facebook

Sprache war und ist einem permanenten Wandel unterzogen. Meist still und selbstverständlich. profil geht mit mutigem Schritt voran. Um der Selbstverständlichkeit Willen.
Sabine Promberger, Abgeordnete zum oö Landtag, via E-Mail

mich nervt dieses „Leserinnen & Leser“ und „Abonnentin & Abonnent“ viel mehr, weil es einfach hässlich ist, find ich u den lesefluss stört – also von mir alles weiblich – kein problem.
Christoph Konlechner via Facebook

Gratulation für die Idee – ganz großartig – endlich kann sowohl JEDERMANN als auch jede Frau beim Lesen der einzelnen Publikationen erkennen, welch übertriebene und völlig unsinnige Diskussion diese „Genderei“ gebracht hat.
Monika Nestler via E-Mail

profil hat mich wieder!!! Sie sollten das immer so machen.
Sa Nja via Facebook

Welche Heilandin hat über Nacht die Menschheit erlöst, so dass ich in 90 Seiten profil von einer Welt lesen darf, in der es keine Alkoholikerinnen, Attentäterinnen, Autoraserinnen, Bankräuberinnen, Kinderschänderinnen, Mörderinnen, Rassistinnen, Rauschgiftdealerinnen, Steuerhinterzieherinnen, Terroristinnen und Umweltverschmutzerinnen gibt?
Mag. Erich Wallner via E-Mail

Guter Anfang. Aber erst wenn profil das jede zweite Woche so macht, fühle ich mich mitgemeint.
Klaus Werner-Lobo, Kultursprecher der Wiener Grünen, via Twitter

Wie kann man das Problem des Genderns mit solcher Ernsthaftigkeit missverstehen?
Kurt Wischin via Facebook

Und im übrigen bin ich der Meinung, dass künftig profil selbstverständlich gegendert erscheint, einmal pro Monat in der Umstellphase – damit sich auch Ältere daran gewöhnen, ab nächsten Jahr jede Ausgabe, auch als Ausgleich und Wiedergutmachung der ersten 45 Jahre ihres Journals.
Mag a. Traude Ebermann via E-Mail