Stefan Magnet: Der rechtsextreme Publizist und Werbeunternehmer rief nicht nur zur Teilnahme an Demos gegen die Corona-Maßnahmen auf, sondern marschierte auch selber mit, wie hier in Wien.

Rechtsextremer Corona-Leugner bekam Auftrag von Land Oberösterreich

Die Agentur von Rechtsaußen-Aktivist Stefan Magnet wurde von der OÖ-Landesregierung gebucht – doch wer gab die Anweisung dafür? Alles deutet auf die regierende FPÖ hin.

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Wer über die krude Gedankenwelt der Corona-Leugner staunen möchte, der sollte sich die Social-Media-Kanäle des Rechtsextremen Stefan Magnet ansehen. Bereitwillig breitet Magnet dort seine Thesen aus – und die haben es in sich. Menschen, die sich impfen lassen, bezeichnet Magnet als „Impf-Junkies“, Maskenträger als „Schlafschafe“. Und er bekennt: „Ich lasse mich nicht testen. Ich lasse mich nicht impfen. Ich vertraue dieser Bande einfach keine Sekunde ...!“

Corona bezeichnet er als „Fake“, als „Lüge“, als groß angelegte Verschwörung der „Globalisten“. Im Jänner richtete er gar eine indirekte Drohung gegen den Bundeskanzler: „Wenn Kanzler Kurz das Volk illegal zuhause einsperren möchte, sollten wir ihm mal einen Besuch bei ihm daheim abstatten.“ Nachsatz: „Wir organisieren da gerade etwas.“

Auf seinen Fotos posiert Magnet im Supermarkt und auf der Herrentoilette – ohne „Sklavenmasken“, wie er die Schutzmasken nennt. Und er ruft seine Follower dazu auf, es ihm gleichzutun. Dazu brauche es allerdings eine Portion „Draufgängertum“, glaubt Magnet, der wiederholt zur Teilnahme an Corona-Demos in Österreich und Deutschland aufrief, selbst wenn sie polizeilich untersagt waren – mitmarschiert ist er sowieso (siehe Foto).

Der 37-jährige Oberösterreicher trieb es mit seinen Verschwörungstheorien zu Corona so weit, dass mehrere seiner Clips von der Videoplattform YouTube gelöscht wurden. Und der Zahlungsdienstleister PayPal soll die Konten Magnets gesperrt haben. Die Digitalkonzerne wollen offenbar nichts mit einem Mann zu tun haben, der in seinen Jugendjahren beim Bund freier Jugend (BfJ) aktiv war, einer rechtsextremen Jugendorganisation.

Das Land Oberösterreich dürfte es dagegen nicht so eng sehen. Denn wie profil von der Presseabteilung des Landes erfuhr, wurde Stefan Magnets Werbeagentur, die MS Medienlogistik Werbe GmbH, in den Jahren 2019 und 2020 von der Landesregierung beauftragt. Fragt sich bloß: Von wem? Wofür? Und wie viel Geld erhielt Magnets Unternehmen dafür?

Dazu mauert die Presseabteilung des Landes und verweist auf den „Datenschutz“. Deshalb fragte profil bei allen neun Landesregierungsmitgliedern einzeln nach, wer denn Stefan Magnets Agentur zu öffentlichen Aufträgen verholfen hat. Eine Recherche nach dem Ausschlussprinzip.

Grünen-Landesrat Stefan Kaineder betonte, weder er noch sein Vorgänger Rudolf Anschober hätten je mit Magnet zusammengearbeitet.

Auch die rote Landesrätin Birgit Gerstorfer konnte jedwede Kooperation mit Magnet „ausschließen“.

So wie die ÖVP. „Nein, es gab keine Aufträge!“, antwortete ein Sprecher von Landeshauptmann Thomas Stelzer schlicht. Gleichlautend fielen auch die Rückmeldungen der übrigen drei Regierungsmitglieder der Volkspartei aus.

Bleiben nur mehr die drei Landesräte der FPÖ. Zwei von ihnen, Verkehrslandesrat Günther Steinkellner und Sicherheitslandesrat Wolfgang Klinger, ließen die profil-Anfrage trotz Nachfrage und telefonischer Urgenz gänzlich unbeantwortet. Manfred Haimbuchner, Vize-Landeshauptmann und FPÖ-Chef in Oberösterreich, beteuerte, dass er „keine Aufträge an besagte Werbeagentur vergeben“ habe. Bloß: In der aktuellen Ausgabe des Magazins „Unser Oberösterreich“, das vom Land herausgegeben wird, ist ein Foto von Haimbuchner abgedruckt. Als Urheber des Fotos wird die „Medienlogistik“ angeführt – also das Unternehmen von Corona-Leugner Magnet. Wie Haimbuchner das erklären könne, wollte profil vom Vize-Landeschef wissen. Darauf kam bis Redaktionsschluss jedoch keine Rückmeldung mehr.

Wer also hat Magnet nun beauftragt? Fix ist: Es gab Aufträge aus der Landesregierung Oberösterreich. Alles deutet darauf hin, dass die FPÖ-Landesräte Magnet engagierten, schließlich produzierte die Medienlogistik bereits im Jahr 2013 für das Land Oberösterreich Naturschutz-Werbespots – Naturschutzlandesrat war damals ein gewisser Manfred Haimbuchner.

Offiziell will aber nicht einmal die FPÖ etwas mit Magnet zu tun haben. Das könnte mit den nahenden Landtagswahlen am 26. September zu tun haben, bei denen die FPÖ Oberösterreich ihren zweiten Platz verteidigen will – das dürfte aktuellen Umfragen zufolge gelingen, wenn auch mit Verlusten. Haimbuchner pflegt bekanntlich sein Image als moderater Blauer, der im Tonfall gemäßigter auftritt als FPÖ-Chef Herbert Kickl. Ein Rechtsextremer als Auftragsnehmer, Fotograf und Videoproducer würde da nicht wirklich ins Bild passen.

„Magnet ist ein relevanter Kopf der extremen Rechten.“

 

Bernhard Weidinger, DÖW

Und rechtsextrem ist Magnet allemal. Das sagt zumindest einer der profundesten Kenner der rechten Szene in Österreich, Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW): „Magnet ist ein relevanter Kopf der extremen Rechten, zumal er an der Schnittstelle mehrerer Spektren sitzt: vom organisierten Neonazismus, mit dem ihn zumindest seine Biographie verbindet, über die sogenannten „Alternativmedien“, die er regelmäßig bespielt, bis hin zur FPÖ. Zudem hat er durch das Aufspringen auf die Corona-Protestwelle seine Bekanntheit über die rechtsextreme Publizistik und Organisationenlandschaft hinaus erweitern können.“

Magnet erzielt inzwischen durchaus ernstzunehmende Reichweiten: Er publiziert im Rechtsaußen-Medium „Wochenblick“, im rechtsextremen Magazin „Info-Direkt“ und produziert neuerdings Videos für seinen neuen Online-Fernsehsender AUF1, auf dem vor allem Corona-Verschwörungstheorien verbreitet werden. Der Propagandist bemüht sich gar nicht erst, seine Ideologie zu verstecken: „Ich bin weißer Europäer und ich möchte als solcher überleben“, sagte er etwa in einem Interview mit „Info-Direkt“, in dem er die „Lage für die Völker Europas“ als „so bedrohlich wie noch nie in ihrer mehrtausendjährigen Existenz“ beschreibt. Rassentheorie, Übertreibung, Verdrehung – das ist Magnet.

Einst nahm er an einer Veranstaltung mit Neonazi Gottfried Küssel teil, heute warnt er vor einer „global-kommunistischen Diktatur“. Und natürlich hat er, wie jeder gute Rechte, den Salzburger Untersberg bestiegen. Im Inneren des Berges soll, so besagt es eine in der Szene beliebte Sage, der deutsche Kaiser Friedrich Barbarossa ruhen. Magnet spielt in einem Instagram-Posting darauf an: „Bis zu dem Tag, an dem das Vaterland in größter Not ist. Dann bricht er (Barbarossa, Anm.) mit seinen Getreuen empor und kämpft die letzte große Schlacht um Deutschland.“ Und weiter: „Bin gestern Nachmittag hinauf gelaufen und hab nachgesehen. Noch ist alles ruhig. Noch!“ Es ist nicht die einzige deutschnationale Anspielung des Werbeunternehmers.

Zwischenzeitlich betrieb der Oberösterreicher auch ein eigenes Modelabel, die Heimatmode, die Frauenshirts mit rassistischen Aufdrucken wie „I schmus nur mit an Unsrigen“ vertrieb. Derlei einschlägige Bekleidung fand offenbar zu wenige Anhänger, die Website der Heimatmode ist inzwischen offline.

Ein zweifelhaften, aber prominenten Anhänger hat Magnet aber jedenfalls: Martin Sellner, Österreichs bekanntester Rechtsextremer und Gründer der Identitären Bewegung, nannte Magnet kürzlich ein „Medienmultitalent“.

Wie so ein Mann an öffentliche Aufträge eines Bundeslandes gelangen kann? Das wird nicht zuletzt der oberösterreichische Landeshauptmann Stelzer beantworten müssen. Er übersteht der Presse- und Kommunikationsabteilung des Landes. Und die half bisher kräftig dabei mit, die genauen Hintergründe der Beauftragung Magnets zu verheimlichen.

Und so endet dieser Artikel mit jener Frage, die der Landespressedienst bereits mehrmals unbeantwortet ließ: „Von wem, für welchen Zweck und um welche Summen ist die MS Medienlogistik Werbe GmbH beauftragt worden?“

Jakob   Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef bei profil und leitet den Faktencheck faktiv.