Koalitionsverhandlungen

Rechtswalzer: Die neue blau-schwarze Elite des Landes

FPÖ-Chef Herbert Kickl will „das System“ überwinden und alte Eliten durch neue ablösen – im Pas de deux mit der Volkspartei. Wer jetzt in die höchsten Staatsämter kommt.

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Im Vergleich zu Herbert Kickl ist Donald Trump in einer komfortablen Situation. Bereits am zweiten Tag seiner Amtszeit kündigte der US-Präsident die Entlassung von 1000 Beamten an. Ein österreichischer Kanzler verfügt nicht über solche Durchgriffsrechte. Hierzulande vollzieht sich ein Machtwechsel mit Ausnahme der neuen Ministerriege schleichend.

Die Fülle neuer Spitzenjobs, die es zu besetzen gilt, ist beachtlich. Das „System“, wie Kickl es nennt, wird umgefärbt. Bundeskanzleramt plus sechs bis sieben Ministerien in blauer Hand bedeuten 60 bis 90 neue Mitarbeiter in den Kabinetten. 

Auf der Ebene darunter können Hunderte Beamtenstellen durch den Umbau der bestehenden Ministerien politisch neu besetzt werden. Dazu kommen Personalwechsel in Gerichten und staatsnahen Betrieben.

Um die Jobs zu besetzen, müssten auch Personen aus der Deckung gehen, die ihre Nähe zur FPÖ bisher verschwiegen haben, aus Angst vor sozialer Ächtung. Gleichzeitig erleben frühere Politiker aus der Ära Jörg Haiders ihren zweiten Frühling. Gefragt sind nun auch wieder deutschnationale Burschenschafter, die traditionell das akademische Rückgrat der Partei bilden.

Im Unterschied zu früher pflegt die FPÖ unter Kickl keinerlei Distanz zu Gruppen wie den Identitären („NGO von rechts“ nennt sie der FPÖ-Chef). Das könnte einen Zulauf aus diesen rechtsextremen Kreisen ins Machtzentrum auslösen. Mit Kickl im Kanzleramt treten auch FPÖ-nahe Medien wie AUF1 samt ihren Moderatoren und Medienmachern verstärkt ins Rampenlicht.

Clemens   Neuhold

Clemens Neuhold

Seit 2015 Allrounder in der profil-Innenpolitik. Davor Wiener Zeitung, Migrantenmagazin biber, Kurier-Wirtschaft. Leidenschaftliches Interesse am Einwanderungsland Österreich.

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist seit 1998 Innenpolitik-Redakteur im profil und Co-Autor der ersten unautorisierten Biografie von FPÖ-Obmann Herbert Kickl. Sein journalistisches Motto: Mitwissen statt Herrschaftswissen.