Gesundheit

Regierung versprach 100 neue Kassenärzte: Erst drei im Dienst

Im Sommer 2023 versprachen Kanzler Nehammer und Gesundheitsminister Rauch 100 neue niedergelassene Ärzte. Ein Jahr später fällt die Zwischenbilanz „ernüchternd” aus.

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Die Bevölkerung wächst, doch die Zahl der Kassenärztinnen und Kassenärzte stagniert seit Jahren. Immer öfter finden sich für freie Stellen keine Bewerberinnen und Bewerber. Für die Patienten bedeutet das: Längere Wartezeiten und Frustrationen.

Mit einem Startbonus von 100.000 Euro wollte die Bundesregierung insgesamt 100 zusätzliche Kassenarztstellen außerhalb des Stellenplans für die Fächer Allgemeinmedizin, Kinder- und Jugendheilkunde und Gynäkologie schaffen. In diesen Feldern ist der Bedarf am drängendsten.

Für die Rekrutierung der neuen Ärztinnen und Ärzte ist die Sozialversicherung zuständig, die dafür jährlich 300 Millionen Euro aus dem Bundesbudget bekommt. 

Doch das Projekt „100 Plus” will nicht so recht in Fahrt kommen. „Es ist ernüchternd, dass die ersten 100, von der Regierung zusätzlich finanzierten Kassenstellen trotz der vielen Bewerbungen noch immer nicht besetzt sind”, kritisiert die Ärztekammer auf profil-Anfrage. 

Dabei hatten Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) und Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) eine Umsetzung des Projekts bis Jahresende 2023 in Aussicht gestellt. Warum sind die meisten Stellen Mitte 2024 noch immer nicht besetzt?

Wie viele Bewerbungen hat die Initiative Plus 100?

Die ÖGK selbst erklärte profil in einer Stellungnahmedass bisher 67 der 100 Stellen ausgeschrieben wurden. Interesse an der Aktion „100 Plus” hätten zwar insgesamt rund 670 Ärztinnen und Ärzte bekundet, für die konkreten 67 Stellen hätten sich laut Krankenkasse aber nur mehr Bewerberinnen und Bewerber für 60 Stellen gemeldet. 

Wie werden die Stellen auf die Bundesländer verteilt?

Die Stellen werden nach einem Bevölkerungsschlüssel auf die Bundesländer verteilt. Der Verteilungsschlüssel laut ÖGK: Wien 22, Niederösterreich 19, Oberösterreich 17, Steiermark 14, Tirol 9, Salzburg 6, Kärnten 6, Vorarlberg 4, Burgenland 3.

Wie viele Kassenpraxen wurden bisher eröffnet? 

Die Antwort der ÖGK-Pressestelle fällt ernüchternd aus. Von den hundert versprochenen Stellen haben erst drei ihren Betrieb aufgenommen. Konkret wurden eine Dermatologie in Bludenz (Vorarlberg), eine Praxis für Allgemeinmedizin in Eugendorf (Salzburg) und eine Praxis für Augenheilkunde in Gänserndorf (Niederösterreich) eröffnet.

Wann kommen die restlichen Stellen?

Neben den drei bereits eröffneten Praxen haben die ÖGK-Gremien grünes Licht für den Vertrag mit 24 weiteren Ärztinnen und Ärzten erteilt. Für rund 20 weitere Praxen könnten die Beschlüsse laut ÖGK demnächst erfolgen. Zwischen dem Beschluss und der tatsächlichen Eröffnung wird aber - je nach Umbaumaßnahmen - noch einiges an Zeit vergehen. Im Herbst werden also höchstens 47 der versprochenen 100 Kassenstellen besetzt sein.

Wie vergibt die ÖAK die restlichen Stellen?

Interessentinnen und Interessenten melden sich für geplante oder geeignete Stellen, danach werden diese ausgeschrieben. Je nach Bedarf und Sinnhaftigkeit können die Ausschreibungen neuer Stellen innerhalb der Bundesländer auf andere Bezirke oder Fachrichtungen erweitert werden. Die ÖAK sagt: „Sollten durch dieses Vorgehen noch nicht alle 100 Stellen erfolgversprechend ausgeschrieben werden können, dann werden im Herbst weitere Möglichkeiten diskutiert.” Die tatsächliche Inbetriebnahme hängt von Vorbereitungen wie Praxisausstattung, Personalbeschaffung und Adaption einer Immobilie ab.

Was passiert mit den Kassenstellen, die schon bisher unbesetzt waren?

Österreichweit sind derzeit mehr als 250 Kassenstellen unbesetzt - das war bereits vor der Initiative „Plus 100” so. Bewerber für diese Stellen können aber nicht mit dem Bonus von 100.000 Euro kalkulieren. Die Stellen will die ÖGK mit anderen Maßnahmen besetzen. Dazu gehören 48 Stipendien für Medizinstudierende und mehr Unterstützung im letzten Studienjahr.